Kostbare Relikte der Raumfahrt sollen geschützt werden

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Seitdem die Menschheit in die Tiefen des Weltraums aufgebrochen ist, hat sie auch sichtbare Spuren hinterlassen. So zeugen zahlreiche abgestürzte und defekte Raumsonden und Landemodule, Rover, Fallschirme und sogar ein Hubschrauber von 16 erfolgreichen und gescheiterten Missionen der vergangenen fünf Jahrzehnte zum Mars. Summa summarum handelt es sich hier um fast zehntausend Tonnen irdischen Materials.

Auf dem Mond sind mittlerweile schätzungsweise 200 Tonnen zusammengekommen, darunter drei Mondautos und zwei paar Moonboots, die Neil Armstrong und Buzz Aldrin nach ihrem legendären Weltraumspaziergang 1969 zurücklassen mussten. Auf der Venus, dem Saturn und sogar auf einem Kometen finden sich ebenfalls menschengemachte Hinterlassenschaften. Doch was für die einen nicht viel mehr ist als Weltraumschrott, das sind für andere Kostbarkeiten, die es unbedingt zu erhalten und zu schützen gilt.

Die menschengemachten Relikte als archäologische Funde und Teil des kulturellen Erbes der Menschheit zu betrachten, das fordert jetzt eine interdisziplinäre Gruppe amerikanischer Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Astronomy“. Ihr Argument: Die archäologischen Eintragungen etwa auf dem Mars seien ein Beweis für die erste Erforschung eines anderen Planeten durch unsere Spezies. Weltraumarchäologisch wichtige Orte auf einem anderen Himmelskörper seien beispielsweise der Einschlagkrater der gescheiteren sowjetischen Luna-2-Mission auf dem Mond und das Landungsgebiet der Apollo-11-Mission, in dessen Umgebung die Armstrong und Aldrin die ersten menschlichen Fußabdrücke auf unserem Trabanten hinterließen.

Karte der Marsoberfläche: Eingezeichnet sind die Landestellen von 14 Missionen.
Karte der Marsoberfläche: Eingezeichnet sind die Landestellen von 14 Missionen.J. Holcomb et al.

All diese Stätten, Artefakte und Merkmale stellten – finden die Forscher – eine Art Weltkulturerbe dar, die untrennbar mit der Migrationsgeschichte unserer Art verbunden sei. Die Ausbreitung des Homo sapiens habe in Afrika begonnen, dann andere Kontinente erreicht und gehe nun auch außerhalb der Erde weiter, bekräftig Hauptautor Justin Holcomb von der University of Kansas seinen Standpunkt.

Doch dieses Weltraumerbe sei gefährdet, etwa durch Verwitterung, Meteoriteneinschläge, Abstürze oder zu nahe Landungen neuer Raumfahrtmissionen. Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA sieht angesichts der vielen geplanten Mondmissionen anderer Raumfahrtnationen und privater Unternehmen ihre Zeugnisse der bemannten Mondfahrt schon seit längerem bedroht und fordert alle auf, die einen Fuß auf die Oberfläche des Trabanten setzen, gebührenden Abstand von den sechs Apollo-Landestellen zu halten. Roboter sollten die Orte weiträumig umfahren, da sie Gegenstände beschädigen, über Fußabdrücke rollen oder Staub aufwirbeln könnten.

Zwar hat jede irdische Hinterlassenschaft auf einem Himmelskörper ihren rechtmäßigen Eigentümer, aber der Grund und Boden gehört, gemäß dem Weltraumrecht von 1967 niemanden, also im Prinzip allen Raumfahrtnationen gleichermaßen. Doch bekanntlich nimmt für etwas, das allen gehört, keiner so gerne die Verantwortung.

Das zeigt sich deutlich in der Erdumlaufbahn, in der unzählige defekte Satelliten und Raketenstufen führerlos umhervagabundieren und gelegentlich – ohne in der Atmosphäre zu verglühen – auf die Erde stürzen, was jüngst die Bewohner eines kenianischen Dorfes hautnah miterleben durften. Noch weiß man nichts darüber, von welcher ausgebrannten Trägerrakete der 500 Kilogramm schwere und zweieinhalb Meter große Trennring eigentlich stammt. Es ist eine Mahnung, endlich auch im Weltraum aufzuräumen.