Der britische Energiekonzern Shell wird vorerst keine neuen Windparks auf See initiieren, hat das Unternehmen mitgeteilt. Damit vollzieht Shell unter Vorstandschef Wael Sawan eine Abkehr von früheren Plänen zum Ausbau erneuerbarer Energien. Hohe Kosten haben Offshore-Windparks weniger rentabel gemacht, wie besonders Marktführer Ørsted erfahren hat. Zudem gibt es in den USA politische Risiken.
Wie Shell erklärte, wird das Unternehmen seine Offshore-Windparks in den Niederlanden behalten und schon begonnene Offshore-Projekte in Europa, den USA und Großbritannien fortführen. Doch seien keine neuen Entwicklungsprojekte mehr beabsichtigt. „Wir werden uns auf die Maximierung des Wertes unserer existierenden Plattformen für Erneuerbare konzentrieren“, teilte das Unternehmen mit.
Allianz mit Equinor für Öl- und Gasförderung in der Nordsee
Shell sieht aber offenbar mehr Chancen für Öl und Gas. Am Donnerstag gab Shell eine Kooperation mit dem norwegischen Öl- und Gaskonzern Equinor bekannt, um in der britischen Nordsee der größte Öl- und Gasförderer zu werden.
Im Oktober hat Shell-Vorstandschef Sawan gegenüber Analysten gesagt, dass Shell sich zwar weiter zur Energiewende bekenne, aber „tatsächlich in manchen Bereichen der Erneuerbaren sich zurückziehe“. Shell besitze keine Vorteile für eine renditeträchtige Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien.
Windkraftgeschäft steht unter Druck
Wie sehr das Windkraftgeschäft unter Druck ist, erlebt der dänische Konzern Ørsted . Seit dem Höhepunkt des Börsenwertes im Jahr 2021 hat Ørsteds Aktienkurs etwa 70 Prozent eingebüßt. Stark gestiegene Material- und Baukosten für die Windanlagen haben die Profitabilität gedrückt. Ørsted hat seine Ziele für den Ausbau bis 2030 von 50 Gigawatt auf 35 bis 38 Gigawatt reduziert. Derweil hat Equinor die Gelegenheit der günstigen Kurse genutzt und eine Beteiligung von zehn Prozent an Ørsted aufgebaut.
Die Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten war für die Windkraftbranche ein weiterer Schlag. Er hat angekündigt, wichtige Subventionen der Biden-Ära für „grüne Projekte“ abzuschaffen. Trump drohte sogar, er werde „am ersten Tag“ einige Offshore-Windprojekte streichen. Das könnte auch den deutschen Energieversorger RWE betreffen. Vorstandschef Markus Krebber sagte, wegen ausstehender Genehmigungen könne sich das geplante Offshore-Windprojekt von RWE vor der amerikanischen Ostküste verzögern.
Shell hat unterdessen weiter große Pläne mit Öl und Gas und wird seine Nordsee-Förderaktivitäten mit Equinor UK bündeln. Das Joint Venture mit Sitz in Aberdeen soll der größte unabhängige Produzent in der britischen Nordsee sein. Das Gemeinschaftsunternehmen werde Equinors Beteiligungen an den Feldern Mariner, Rosebank und Buzzard sowie Shells Beteiligungen an Shearwater, Penguins, Gannet, Nelson, Pierce, Jackdaw, Victory, Clair und Schiehallion umfassen. Equinor produziert bislang etwa 38.000 Barrel Öläquivalent am Tag, Shell mehr als 100.000. Das neue Unternehmen soll mehr als 140.000 Barrel Öläquivalent am Tag produzieren.