Sechs Windräder jeden Tag genehmigt

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Eigentlich war die Windkraftlobby am Mittwoch angetreten, Jubelmeldungen zu verbreiten. Doch die jüngsten Aussagen von AfD-Parteichefin Alice Weidel über angebliche „Windmühlen der Schande“ konnte sie dann doch nicht auf sich sitzen lassen. „Jede Abkehr von der Windkraft – sowohl ein verringerter Ausbau oder sogar ein Rückbau – führt in eine Sackgasse“, sagte Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer des Verbandes VDMA Power Systems, in dem Hersteller und Zulieferer organisiert sind. Sie trage „entscheidend dazu bei, dass unser Stromsystem resilienter und unabhängiger von importierten Energieträgern wird. Außerdem führt Windenergie zu sinkenden Strompreisen und hilft, CO2-Emissionen im Stromsektor zu vermeiden und somit die Klimaziele zu erreichen.“

Weidel hatte am Wochenende auf dem Parteitag in Riesa erklärt, alle Windräder in Deutschland abreißen zu wollen. Später ruderte sie in Teilen zurück und erklärte, nur Windräder in einem Wald in Hessen gemeint zu haben. Doch auch CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte Windräder schon als „hässlich“ und „Übergangstechnologie“ bezeichnet.

Diese Kritik wies die Chefin des Bundesverbands Windenergie, Bärbel Heidebroek, am Mittwoch mit deutlichen Worten zurück. Der Anspruch, dass Windräder „schön“ sein sollten, sei „absurd“, denn dies verlange auch niemand von einem Atomkraftwerk, einem Tagebau oder einem Kohlekraftwerk.

Mehr Tempo ist nötig, um die Klimaziele zu erreichen

Dabei geht es gerade nach vielen holprigen Jahren endlich voran mit der Windkraft an Land: Im vergangenen Jahr wurden gut 2400 Windräder mit einer Leistung von mehr als 14 Gigawatt genehmigt, so viel wie noch nie. Gleichzeitig ist die durchschnittliche Dauer vom ersten Antrag bis zur Genehmigung von 26 Monaten im Vorjahr auf 23 Monate zurückgegangen. Die Verbände führen das auch darauf zurück, dass die rot-grün-gelbe Bundesregierung den Ausbau erneuerbarer Energien im Sommer 2022 zum „überragenden öffentlichen Interesse“ erklärt hat. Insgesamt seien die Genehmigungsverfahren deutlich kürzer, digitaler und effizienter geworden.

Ein Erfolg, den die neue, vermutlich von Windkraft-Skeptiker Merz angeführte Bundesregierung aus Sicht der Verbände bloß nicht gefährden soll. Denn mehr Tempo beim Ausbau ist dringend nötig, sollen die ehrgeizigen politischen Ziele von 115 Gigawatt im Jahr 2030 und 160 Gigawatt im Jahr 2040 erreicht werden. Ende 2024 waren in Deutschland erst Windräder mit einer Leistung von 63,5 Gigawatt in Betrieb. Der Bruttozubau neuer Anlagen lag im vergangenen Jahr sogar leicht unter dem Vorjahreswert: Insgesamt wurden an Land 635 neue Windräder mit einer Leistung von 3,2 Gigawatt in Betrieb genommen.

Dabei gibt es zwischen den Bundesländern zum Teil gravierende Unterschiede: Besonders viele Windräder wurden in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Brandenburg gebaut, besonders wenige in Bayern, Sachsen, Thüringen und im Saarland. Den bislang ausbleibenden Hochlauf beim Ausbau erklären die Verbände mit geringeren Ausschreibungs- und Zuschlagsvolumina vor zwei Jahren. Außerdem hätten sich Projekte verzögert, weil die Windräder nicht schnell genug an das Stromnetz angeschlossen werden konnten, und sich die Groß- und Schwerlasttransporte sehr aufwendig gestalteten.

Erreicht werden soll der weitere Zubau an Leistung auch, indem alte Windräder durch modernere, größere und leistungsfähigere Anlagen ersetzt werden (Repowering). Denn mehr als die Hälfte des Bestands ist seit mindestens 15 Jahren in Betrieb, nähert sich also ihrem Lebensende. Im Durchschnitt werden Windräder nach knapp 23 Betriebsjahren stillgelegt beziehungsweise ersetzt.

Die verbauten Generatoren verfügen heutzutage im Schnitt über mehr als fünf Megawatt Leistung – gut 90 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Dieser Trend werde sich in den kommenden Jahren fortsetzen, so die Verbände. Auch sind die Windräder und ihre Rotorblätter in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Für Rendschmidt von VDMA Power Systems ein Beweis für die Innovationskraft deutscher beziehungsweise europäischer Hersteller.

Außerdem könnten durch leistungsfähigere Windräder knappe Flächen effizienter genutzt werden, woraus der Verbandschef ein „enormes Potential sowohl für die Konjunktur als auch für den Erhalt von Wissen und Wertschöpfung in Deutschland“ ableitete. Allein in Deutschland arbeiten seinen Angaben zufolge 120.000 Menschen in der Windindustrie.