Zieht der hochdefizitäre Solarmodulhersteller Meyer Burger doch noch den Kopf aus der Schlinge? Glaubt man dem Verwaltungsratspräsidenten Franz Richter, der seit dem Abgang von Gunter Erfurt auch den Vorstand des Schweizer Unternehmens anführt, dann liegen die Überlebenschancen der Firma bei „deutlich über 50 Prozent“. Ausgangspunkt dieser Zuversicht, die Richter am Freitag im Gespräch mit Journalisten verbreitete, ist die Bereitschaft einer Gruppe von Anleihegläubigern, neues Geld einzuschießen und damit die Liquidität im Wege einer Brückenfinanzierung vorerst zu sichern. Dies sei Teil einer wochenlangen intensiven Verhandlungsrunde gewesen mit dem Ziel, Meyer Burger zu stabilisieren.
Die Anleihegläubiger haben bei Meyer Burger 360 Millionen Dollar im Feuer. Im Falle einer Insolvenz der Firma wäre dieser Einsatz endgültig verloren. Daher ist nun ein Teil der Gläubiger bereit, nochmals frisches Geld nachzuschießen. In einem ersten Schritt geht es um knapp 40 Millionen Dollar, wovon die Hälfte sofort fließen soll. Dank dieser Zusage, die an das Erreichen bestimmter Meilensteine geknüpft sind, ist der Großkunde Desri offenbar bereit, die vor wenigen Wochen eingereichte Kündigung eines Rahmenvertrags zur Abnahme von Solarmodulen zurückzunehmen.
Desri steht für D.E. Shaw Renewable Investments, eine auf erneuerbare Energien spezialisierte Firma aus Amerika. Meyer Burger sieht sein Heil in den USA und baut in Arizona ein Solarmodulwerk mit einer jährlichen Kapazität von 1,4 Gigawatt auf. Desri soll rund 70 Prozent der Module abnehmen, die dort bis 2029 produziert werden.
Rückzug hat nichts mit Trump zu tun
Zu den Gründen dafür, warum Desri diesen für Meyer Bürger überlebenswichtigen Vertrag kündigen wollte, hüllten sich bisher beide Seiten in Schweigen. Es wurde spekuliert, dass es mit der Wahl Donalds Trumps zu tun haben könnte. Der künftige US-Präsident ist ein großer Freund fossiler Energieträger und könnte den üppigen Subventionsfluss für den Ausbau erneuerbarer Energien abklemmen.
Richter indes beteuerte, dass der angekündigte Rückzug von Desri nichts mit dem Regierungswechsel zu tun habe. Vielmehr bräuchten die Abnehmer in Amerika nun erst recht lokal gefertigte Module, weil die chinesischen Konkurrenzprodukte mit hohen Zöllen belegt würden. Laut Richter befürchtete Desri, dass Meyer Burger in die Pleite rutschen und damit die bei solchen Aufbauprojekten üblichen eigenen Vorauszahlungen verloren gehen könnten.
Die Amerikaner pochen also auf eine veränderte Finanzierungsstruktur, die Richter durch die Zusagen der Anleihegläubiger nun zumindest in einem ersten Schritt erreicht sieht: Man befinde sich in fortgeschrittenen Gesprächen mit Desri über eine neue Abnahmeregelung zu aktualisierten Bedingungen. Richter will diese Gespräche bis zum Ende dieses Monats abschließen. Bis dahin muss er über die kurzfristige Liquiditätssicherung hinaus auch die mittelfristige Finanzierung absichern. Den gesamten Finanzierungsbedarf bezifferte der Vorstand auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Die noch bestehende, beträchtliche Lücke will er offenbar auch mit Hilfe der Anleihegläubiger schließen.
Aktionäre zumindest für den Moment euphorisch
Von den Aktionären ist indes wohl nichts zu erwarten, auch wenn der Aktienkurs von Meyer Burger im Verlauf des Freitags um mehr als 200 Prozent auf 1,65 Franken nach oben geschossen ist. Im Vergleich zum Anfang dieses Jahres liegt das Papier freilich immer noch fast 97 Prozent im Minus.
Für den Fall, dass in Arizona alle Produktionslinien wie geplant hochgefahren werden können, rechnet Meyer Burger von 2026 an mit einem jährlichen Umsatz von 350 bis 400 Millionen Franken und einem Betriebsergebnis (Ebitda) von rund 70 Millionen Franken. Im ersten Halbjahr 2024 war der Umsatz um die Hälfte auf knapp 49 Millionen Franken eingebrochen. Der Umzug in die USA und die dortigen Aufbauarbeiten trieben die Kosten hoch. So kam es insgesamt zu einem Betriebsverlust von 123,5 Millionen Franken.