Wie Söder und Merz im Sauerland

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Fünf Wochen vor der Bundestagswahl tritt der Kanzlerkandidat der Union in seiner Heimatstadt Brilon im Sauerland auf. Dazu bringt Friedrich Merz nicht nur den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder mit, sondern auch die bayerische Spezialität schlechthin: die Weißwurst.

Es ist die einzige gemeinsame Wahlkampfveranstaltung von Söder und Merz außerhalb Bayerns. Die beiden Unionspolitiker laufen am Sonntag zum Bayerischen Defiliermarsch ein, und Redner erinnern immer wieder an einen Besuch von Franz Josef Strauß in ebenjener Schützenhalle, in der jetzt Merz und Söder gemeinsam die Hände nach oben reißen. Vor den mehr als 1000 Gästen wollen sie vor allem die Geschlossenheit der Union zeigen.

Einen Kulturschock scheint der Weißwurst-Frühschoppen bei den Sauerländern nicht auszulösen. „Die Weißwurst ist kein Leibgericht der Sauerländer“, sagt ein Mann aus Brilon an einem der Biertische. Ihre robusten Mägen hielten aber einiges aus. Die Stimmung in der dicht gefüllten Schützenhalle St. Hubertus ist ausgelassen. Es dauert nicht lange, bis die ersten Weizengläser auf den Tischen stehen. Die Weißwürste folgen wenig später. Die meisten Gäste verzichten auf den Einsatz von Messer und Gabel und pellen die Wurst pragmatisch mit der Hand.

Weißwurst-Frühschoppen in der Schützenhalle am Sonntag in Brilon
Weißwurst-Frühschoppen in der Schützenhalle am Sonntag in Brilondpa

Ein älteres Ehepaar aus Soest muss noch auf die Würste warten. Ihr Bruder sei mit Merz zur Schule gegangen, sagt die Rentnerin. Heute sei sie vor allem wegen Markus Söder hier, um ihn einmal „live“ zu erleben. Sie habe Sympathien für den bayerischen Ministerpräsidenten. Aktuell blicke sie aber skeptisch auf ihn, „weil er immer so zündelt“, wie sie sagt.

Bis auf harmlose Sticheleien gibt sich Söder in seiner Rede zahm. „Ich will, dass Friedrich Merz der nächste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wird“, sagt er und erntet tosenden Applaus. Die Lage sei ernst. Um zu verhindern, dass die Volksparteien zum „Steigbügelhalter der Radikalen“ werden, brauche es einen politischen Richtungswechsel. Merz sei hierfür der Richtige. „Wenn der Wohlstand wackelt, wackelt irgendwann die Demokratie.“

Ein grundsätzliches Problem mit den Grünen

Söder wettert gegen die zerbrochene Ampelkoalition, einen „woken“ Ernährungswahn und das Gendern. Beim Publikum kommt das gut an. Vor allem arbeitet Söder sich an den Grünen ab. Auch in Brilon spricht er sich entschieden gegen eine Koalition mit ihnen aus und kritisiert ihre Wirtschafts- und Mi­grationspolitik. „Ich möchte unter keinen Umständen mehr einen Wirtschaftsminister Robert Habeck“, sagt er. Mit den Grünen habe er ein „grundsätzliches Problem“. Sie hätten einen großen Anteil an der aktuellen wirtschaftlichen Lage Deutschlands. „Wenn es nur irgendwie geht, sollen die Grünen in die Opposition.“

Die Halle in Brilon ist am Sonntag gut besucht.
Die Halle in Brilon ist am Sonntag gut besucht.AFP

Nach Söder tritt Merz ans Mikrofon, der auf diese Koalitionsfrage nicht weiter eingeht. Eine deutliche Absage erteilt er nur der AfD. „Unter meiner Führung wird es eine Zusammenarbeit mit dieser Partei nicht geben“, sagt er. Eine Partei, die Deutschland aus der EU und dem Euro herausführen wolle, sei keine Alternative, sondern der „Abstieg Deutschlands“.

Mit Blick auf die sich bildende FPÖ-geführte Regierung in Österreich sagt Merz: Es sei fatal zu glauben, man könne Rechtspopulisten zur Räson bringen. Dies habe sich in der deutschen Geschichte schon einmal als Irrtum erwiesen. Ziel der Union sei, ein Wahlergebnis zu erzielen, wodurch sich die anderen Parteien nach ihr richten müssten. „Dann sagen wir klipp und klar, wohin der Kurs des Landes geht.“ Ein möglicher Koalitionspartner müsse, so Merz, die Speicherung von IP-Adressen für den Kampf gegen Kinderpornographie mittragen.

Neben Wirtschaft und Migration widmet Merz einen großen Teil seiner Rede der Außenpolitik. Die Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten stelle Deutschland vor neue Herausforderungen. „Richten wir uns darauf ein, dass unsere Welt morgen Abend eine andere sein wird.“ Die Antwort auf „America First“ müsse lauten, dass die EU-Staaten gemeinsam auf Augenhöhe mit den USA verhandelten. Hierzu müsse Deutschland zu neuer Stärke finden.

Nach den Reden gibt es für Söder einen Korb mit Spezialitäten aus dem Sauerland. Von einem Podest im hinteren Teil der Halle versucht die Frau aus Soest mit ihrem Mann noch einen Blick auf Merz und Söder zu erhaschen. Doch die beiden sind schon durch einen Seitenausgang verschwunden. Trotzdem lobt die Frau die Redner. Merz habe sich am Ende noch mal gesteigert, aber nach Söder zu sprechen sei schwierig. „Der hat die Bierzelterfahrung.“