Autobranche in der Krise: Neue Wachstumsmotoren gesucht

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Eine starke Wirtschaftspolitik ist die beste Antwort auf die neue amerikanische Regierung“, sagt die Präsidentin des Verbandes der deutschen Autoindustrie (VDA), Hildegard Müller, mit Blick auf die europäischen Ängste vor Strafzöllen des neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Zu dieser Frage sei noch nichts entschieden, und daher gelte es, auf zwei Tatsachen hinzuweisen: „Auch die USA sind eine Exportnation, und Zölle erzeugen Gegenzölle.“ Am Ende verschlechtere sich die wirtschaftliche Lage für alle. Zweitens beschäftige allein die deutsche Autoindustrie in den USA rund 140.000 Mitarbeiter. Von einer Jahresproduktion von 900.000 Autos in den USA sei von dort aus die Hälfte exportiert worden, während das Land aus deutscher Produktion 400.000 Autos importiert habe.

Das Streben, wieder mehr Respekt vor Deutschlands Wirtschaftsmacht und geopolitischen Einfluss zu gewinnen und zugleich in Deutschland Arbeitsplätze zu erhalten, sind für die VDA-Präsidentin zwei Ziele der immer gleichen wirtschaftspolitischen Strategie: „Da braucht es jetzt zwangsläufig eine wirtschaftliche Trendwende: Eine Agenda für Innovation, Wachstum und Arbeitsplätze. Keine kleinen Schritte, sondern der große Wurf ist notwendig.“ Das entspricht aus der Sicht von Müller auch den derzeitigen Erwartungen der Deutschen: „Wenn man kein Zukunftsbild zeichnet und dabei auch die unvermeidbaren Handlungen anspricht, den Menschen Ehrlichkeit zumutet, dann macht das viele noch enttäuschter, noch wütender.“

Das Jahr 2025 biete mit einer neuen Regierung in Deutschland, einer neuen EU-Kommission und einem neuen Präsidenten in den USA nicht nur die Chance, über den Atlantik wieder neu ins Gespräch zu kommen. Mit Blick in Richtung Berlin und Brüssel sagte die VDA-Präsidentin auf der Jahrespressekonferenz ihres Verbandes auch: „2025 muss ein Jahr des Neustarts sein, um das Jahr der Trendwende zu werden, das Jahr, das den Beginn eines zwingend notwendigen Mentalitätswandels und Politikwechsels markiert. Das ist nicht nur der Wunsch der Wirtschaft, sondern auch der Menschen in diesem Land.“

Aus der Sicht des VDA bedeutet dies, dass sich die nächste deutsche Regierung zuallererst darum bemühen müsse, den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen, mit Blick auf Energiepreise, Digitalisierung, bürokratische Auflagen sowie Steuern und Sozialabgaben. Künftig sollten außerdem europäische Richtlinien unverändert in nationales Recht umgesetzt werden. Nationale Zusätze, wie sie bisher in den Gesetzen zur Übernahme europäischer Regeln üblich sind, lehne der VDA ab.

Düstere Aussichten im Autoland

Die Aussichten für den deutschen Automarkt und die Autoproduktion im Land sind vorerst eher trüb. Für den deutschen Automarkt, dessen Zahlen an Neuzulassungen noch immer um ein Viertel unter dem Niveau der Vor-Covid-Zeit liegen, erwartet VDA-Chefvolkswirt Manuel Kallweit für 2025 ein Plus der Neuzulassungen von einem Prozent auf 2,84 Millionen, nach einem Minus von einem Prozent auf 2,82 Millionen im Jahr 2024. Für den EU-Markt werde ein Plus von zwei Prozent auf 13,2 Millionen prognostiziert, für die USA eine Zunahme um zwei Prozent auf 16,2 Millionen. Der 2024 mit einem Plus von sechs Prozent auf 23 Millionen Neuzulassungen gewachsene chinesische Automarkt wird nach der VDA-Prognose 2025 nur um ein Prozent wachsen.

Für die deutsche Autoproduktion, die zu drei Vierteln exportiert wird, erwartet Kallweit 2025 ein schwaches Wachstum von einem Prozent auf 4,2 Millionen – 2019 lag sie noch bei 4,7 Millionen. Die Produktion deutscher Autokonzerne im Ausland soll ein wenig kräftiger wachsen, um zwei Prozent auf 9,7 Millionen. Der Vergleichswert der Autoproduktion deutscher Konzerne im Ausland von 2019 liegt bei 11,4 Millionen.

Die größte Herausforderung der deutschen und europäischen Autohersteller ist indessen die Einführung strengerer Flottengrenzwerte der EU für dieses Jahr. Daher wird angenommen, dass für die Einhaltung der Regeln die Neuzulassungen von batterieelektrischen Autos (BEV) in Deutschland kräftig wachsen müssen. Diese waren von 524.000 im Jahr 2023 auf 381.000 im Jahr 2024 geschrumpft. Nun sollen sie nach der Prognose des VDA 2025 um 75 Prozent auf 666.000 wachsen.

Hoffnung auf die Batteriewende

Auch für die EU ist ein kräftiges Wachstum der Neuzulassungen an BEV vorgesehen, von 1,59 Millionen im Jahr 2024 auf 2,65 Millionen für 2025. Das würde einem Wachstum von 67 Prozent entsprechen. Wie realistisch diese Prognosen sind, wurde auf der VDA-Jahrespressekonferenz nicht im Einzelnen analysiert. Die VDA-Präsidentin Müller forderte allerdings baldige Gespräche über die europäischen Vorgaben und eine Flexibilisierung der Grenzwerte.

Zugleich zeigt sich der VDA aber auch stolz darüber, dass Deutschland seine Position als zweitgrößter Produzent der Welt von batterieelektrischen Autos behaupten könne. Angenommen wird, dass die deutsche Produktion an BEV 2025 mit einer Steigerung von 30 Prozent den Wert von 1,39 Millionen erreichen werde. Die Produktion von Plug-in-Hybriden solle um zwei Prozent auf 330.000 zunehmen. Mit der Produktion von 1,4 Millionen BEV und Plug-ins sei Deutschland nach 2024 – nach China – mit 12,5 Millionen Autos mit Elektroantrieb international auf dem zweiten Platz, vor den USA mit einer Million, Südkorea und Japan mit je 400.000. Blickt man auf die gesamte Autoproduktion, ist Deutschland jedoch nun mit seinen 4,1 Millionen auf den fünften Platz der Welt zurückgefallen, nach China mit 26,7 Millionen, den USA mit 10,7 Millionen, Japan mit 7,1 Millionen und Indien mit 4,8 Millionen.