Unmittelbar nach seinem Amtsantritt hat Donald Trump angekündigt, aus dem Pariser Klimaschutzvertrag auszusteigen. Damit verlässt der zweitgrößte Verschmutzer der Welt abermals das wichtigste internationale Abkommen zur Begrenzung der Erderwärmung. Für die internationale Klimadiplomatie ist das ein herber Schlag. Klimawissenschaftler üben sich trotzdem in Zweckoptimismus. Die Ankündigung sei „natürlich eine Schwächung des globalen Klimaregimes“, sagt Carl-Friedrich Schleussner, Klimaforscher an der Humboldt-Universität zu Berlin. „In Zeiten der fortlaufenden eskalierenden Klimafolgen und -kosten stehlen sich die USA aus der Verantwortung.“
Dabei hatte der bisherige amerikanische Präsident Joe Biden noch im Dezember einen verschärften nationalen Klimaschutzbeitrag (NDC) vorgelegt, wie im Pariser Vertrag vorgesehen. So sollen die Vereinigten Staaten ihre Emissionen bis zum Jahr 2035 um 61 bis 66 Prozent gegenüber 2005 verringern. Bislang gab es nur ein Reduktionsziel für das Jahr 2030 – nämlich minus 50 bis 52 Prozent. Schon heute erscheint das Erreichen dieser Ziele wenig wahrscheinlich. Mit der Trump-Administration dürften sie vollends zur Makulatur werden. Anders als beim ersten Ausstieg im Jahr 2017, der erst nach drei Jahren vollzogen werden konnte, wird die Kündigung diesmal schon nach einem Jahr wirksam.
Dabei tragen die Vereinigten Staaten einen großen Teil zur Erderwärmung bei: 2023 waren sie für elf Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Zum Vergleich: Im Falle Chinas sind es 30 Prozent, Indien steht für acht Prozent, die Europäische Union für sechs Prozent. Der Pro-Kopf-Ausstoß ist in den USA mit 17,6 Tonnen CO2-Äquivalenten jedes Jahr mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland.
China macht weiter mit
Entscheidend wird nun sein, wie die anderen 194 Vertragsstaaten auf Trumps Ankündigung reagieren. Findet er Nachahmer, die das Pariser Abkommen ebenfalls verlassen oder ihre Klimaschutzbemühungen verschleppen? „Eine Ausstiegswelle zeichnet sich derzeit nicht ab, alle anderen Länder stehen zum Pariser Klimaschutzabkommen“, sagt der Klimaforscher und Gründer des New Climate Institutes, Niklas Höhne. Inwieweit Länder ihre Klimaschutzbemühungen nun verlangsamten, sei unklar. Dass sie es überhaupt tun, sei aber eher unwahrscheinlich, da erneuerbare Energien und Batterien inzwischen „konkurrenzlos günstig“ geworden seien. Andere Klimawissenschaftler sind sich da nicht ganz so sicher.
International müsse jetzt daran gearbeitet werden, bis zum nächsten Klimagipfel im November in der brasilianischen Stadt Belém möglichst ambitionierte NDCs einzureichen, fordert Ole Adolphsen von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Besonderes Augenmerk liege auf dem chinesischen Beitrag. Der stellvertretende Ministerpräsident Ding Xuexiang hatte sich in dieser Woche in Davos noch einmal zum Pariser Abkommen bekannt.
Es deutet sich an, dass sich die Kräfteverhältnisse auf den internationalen Klimakonferenzen weiter verschieben werden. Nicht nur Chinas Einfluss werde wachsen, sagt Adolphsen. „Auch mittlere Mächte wie Indien, Brasilien und Südafrika werden einflussreicher, insbesondere wenn sie sich erfolgreich koordinieren.“ Die Europäische Union hingegen werde es ohne die Vereinigten Staaten als Partner schwerer haben, progressive Koalitionen aufzubauen. „Fossile Staaten können in dieser Konstellation weiterhin die Verhandlungen blockieren, wie auf der vergangenen Klimakonferenz in Baku zu sehen war. In der Folge könnte Klimaminderung zunehmend hinter Finanzierung und Anpassung zurücktreten.“
Für die internationale Klimafinanzierung sei der Wegfall der US-Mittel, die sich unter Biden zuletzt immerhin auf elf Milliarden Dollar – etwa zehn Prozent der jährlichen Finanzierung – beliefen, ein „herber Verlust“, sagt der SWP-Forscher. Das kürzlich auf der Klimakonferenz in Baku beschlossene neue Finanzierungsziel – 300 Milliarden Dollar vom Jahr 2035 an – sei nicht unmittelbar gefährdet, da der Ausstieg der USA in den Verhandlungen einkalkuliert war. „Sollte die Trump-Administration aber Druck auf die multilateralen Entwicklungsbanken ausüben, ihre Klimafinanzierung zurückzufahren, stände auch dieses Ziel infrage“, sagt Adolphsen.
Dafür will nun der Milliardär und frühere New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg zumindest für einen Teil der fehlenden Gelder in die Bresche springen. Seine Stiftung Bloomberg Philantropies werde zusammen mit anderen amerikanischen Geldgebern dafür sorgen, dass die Vereinigten Staaten ihren Verpflichtungen in der Klimakrise nachkämen, teilte der Zweiundachtzigjährige am Donnerstag mit. Dazu gehöre unter anderem, die von Trump hinterlassene Lücke bei der Finanzierung des UN-Klimasekretariats (UNFCCC) zu schließen.
Was machen die US-Bundesstaaten?
Wie die meisten anderen Industriestaaten wollen die USA eigentlich bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein. Dieses Ziel scheint zwar in weiter Ferne. Niklas Höhne vom New Climate Institute gibt sich dennoch optimistisch. „In den USA werden die Emissionen weiter sinken, auch Trump kann die Revolution der erneuerbaren Energien nicht aufhalten“, sagt er. Die Reduktion werde etwas langsamer erfolgen als unter der Vorgängerregierung von Joe Biden und Kamala Harris, aber dennoch weitergehen. Höhnes Institut hat ausgerechnet, dass die geplanten Veränderungen in den Vereinigten Staaten die Temperaturschätzung bis zum Jahr 2100 um 0,04 Grad erhöhen werden.
Der Wissenschaftler weist darauf hin, dass sich viele Bundesstaaten, darunter das demokratisch regierte wirtschaftsstarke Kalifornien, weiterhin ökologisch ausrichteten. Sie hielten an den im Dezember von Joe Biden verschärften NDCs fest. „Etwa die Hälfte der Bundesstaaten ist für ambitionierten Klimaschutz und wird das Biden-NDC als Richtschnur nehmen“, sagt Höhne. „Dieses Klimaschutzziel hat also weiterhin eine Bedeutung.“
Kein Geld mehr für Ladeinfrastruktur
Besonders schwer wiegt Trumps Abkehr von jeglichen Fördermaßnahmen, welche die Umstellung des Verkehrs auf Elektroantriebe beschleunigen sollen. Die Aufkündigung des sogenannten Elektroautomandats befreit die Hersteller von der Pflicht, die CO2-Emissionen ihrer Modelle von Jahr zu Jahr zu reduzieren. Diese Politik hatte das Ziel, den Verbrennerantrieb nach und nach durch den Elektromotor zu verdrängen. Gleichzeitig hat Trump die Ausnahmeregelungen – die Kalifornien erlauben, eigene, strengere Emissionsregeln zu erlassen – außer Kraft gesetzt. Ob er das darf, müssen vermutlich Gerichte entscheiden.
Das kalifornische Umweltamt (CARB) ist ein Kind des Smogs über Los Angeles. Es hatte deshalb immer eine juristische Sonderstellung in den USA, die es zum Hoffnungsträger der Umwelt- und Klimaschützer macht. Die Behörde beansprucht das Recht, die Industrie mit schärferen Emissionsauflagen zu belegen. Neben Kalifornien folgen fast die Hälfte der Bundesstaaten oft diesen Auflagen. Dem will der Präsident endgültig einen Riegel vorschieben.
Trump stoppt überdies die Auszahlung von 7,5 Milliarden Dollar, die im von beiden Parteien verabschiedeten Infrastrukturgesetz für den Ausbau der Ladeinfrastruktur vorgesehen waren. Solche Zahlungsmoratorien sind nicht unüblich, wenn neue Präsidenten ins Amt kommen. Weil Trump aber gegen eine Vorzugsbehandlung von Elektroautos ist, darf bezweifelt werden, dass die Zahlungen wieder aufgenommen werden. Der Auszahlungsstopp betrifft auch Fördermittel für Fabriken, die Elektrofahrzeuge und Batterien herstellen. Das stellt bereits begonnene Projekte in Frage. Experten befürchten gestrandete Investitionen. Vorerst sicher ist immerhin die Steuergutschrift für den Erwerb von Elektroautos, die bisher allerdings nur bei wenigen Modellen ausgezahlt wird. Um diese abzuschaffen, müsste Trump eine Entscheidung des Kongresses herbeiführen.
Kernkraft erlebt ihr Comeback
Gemischt sieht das Bild im Energiesektor aus. Trump will die Förderung fossiler Energieträger dramatisch forcieren und gleichzeitig alle Fördermaßnahmen für den Bau von Offshore-Windkraftanlagen stoppen. Biden hatte gewaltige Pläne für Windräder im Meer, doch viele Projekte waren bereits auf Eis gelegt worden, weil sie zu teuer wurden.Gleichzeitig schreitet der Ausbau von Solar- und Windkraft auf dem Lande dank lokaler und regionaler Regelungen wacker voran. Außerdem ist in den vergangenen Monaten die Erkenntnis gereift, dass speziell für den Ausbau der Infrastruktur für Künstliche Intelligenz der Energiehunger deutlich steigen wird. Deshalb bekommt die klimafreundliche Atomkraft Rückenwind. Laufzeiten werden verlängert, eingemottete Reaktoren sollen reanimiert werden, eine neue Generation von kleinen Reaktoren wird für viele Rechenzentrumsstandorte geprüft. Allerdings bedeutet der Nachfrageboom auch, dass alten Kohle- und Gaskraftwerken, die eigentlich vom Netz sollten, noch ein paar Jahre geschenkt werden. Die Streichung vieler Umweltauflagen begünstigt deren Laufzeitverlängerungen.
In Trumps erster Amtszeit waren die CO2-Emissionen deutlich gesunken, vor allem, weil sauberere Gaskraftwerke alte Kohlekraftwerke aus dem Markt drängten. Neue Kohlekraftwerke werden auch nicht mehr gebaut. „Kohle rechnet sich einfach nicht mehr“, sagt Höhne dazu. „Jetzt, acht Jahre später, sind die erneuerbaren Energien noch viel günstiger als damals. Es wird nicht gelingen, sich dagegen zu stemmen.“