Meine persönliche Meinung zählt nicht. Für uns ist wichtig, dass der Bau überhaupt wieder in den Fokus genommen wird. Wir stehen für zwölf Prozent der Wirtschaftsleistung, wir beschäftigen mehr als eine Million Menschen. Jeder in den Bau investierte Euro erzeugt 2,50 Euro an Wertschöpfung. Es ist wesentlich, dass sich das in der neuen Regierung abbildet und wir dieses Mal ein wirklich schlagkräftiges Ministerium bekommen.
War das alte denn nicht schlagkräftig? Immerhin hatte die Ampel erstmals seit Jahren wieder ein eigenständiges Bauministerium eingerichtet.
Nein. Das lag aber nicht am Ministerium oder an der Ministerin, sondern am Zuschnitt und den Zuständigkeiten. Vieles von dem, was wir mit Ministerin Geywitz besprochen hatten, wurde später vom Klimaschutzministerium unter Herrn Habeck wieder konterkariert. Das müsste eine neue Regierung dringend ändern. Wir brauchen Bauen und Klimaschutz unter einem Dach.
Haben die Absprachen mit dem Bauministerium nicht genügt?
Nein, wir mussten am Ende immer mit zwei Ministerien diskutieren. Wir haben gesehen, wie schwierig Wohnungsbau und auch die Gebäudesanierung ist, wenn das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium später noch mal einsteigt. Das hat zum Teil zu dem Wohnungsbaudesaster beigetragen, jedenfalls aber keine Verbesserung mit sich gebracht.
Nehmen Sie die nachgeschobenen Klimaauflagen für die Förderprogramme der KfW. Selbst für uns als Fachleute ist vieles einfach nicht mehr nachvollziehbar. Klimaschutz nach dem geplanten Effizienzhausstandard 40 wäre einfach nur Geldverschwendung. Den gleichen Erfolg können Sie mit EH 55 erreichen, wenn Sie neben der Außenhülle intelligente Gebäudetechnik einbauen und mit regenerativen Energien heizen. Die geplante Fördervorgabe war rein dogmatisch und hat viele Bauherren verunsichert.
Es ist zu befürchten, dass die Leute abwarten. Jeder geht davon aus, dass die Programme besser und übersichtlicher werden. Vor allem, dass sie verlässlich sind, länger gelten und die Fördertöpfe nicht wieder so schnell leer werden.
Wäre Ihnen in der neuen Regierung also weniger Grün lieber? Besser schwarz-rot als schwarz-grün?
Ich erwarte, dass wir nicht wieder so ein Durcheinander wie in der Ampelregierung bekommen. Das heißt klare Prioritäten und keine irrwitzige Spreizung der Regierungsparteien. Nur den Fokus auf Klimaschutz zu richten wäre genauso falsch wie nur auf den Sozialstaat. Wir brauchen schlicht wieder vernünftige Politik.
Das würde jeder unterschreiben. Die Frage ist, was man unter vernünftiger Politik versteht.
Der Sozialstaat ist jedenfalls nicht Grundlage unseres Wohlstandes. Nur durch eine starke Wirtschaft finanzieren wir nötige Sozialsysteme. Dafür müssen wir Menschen auch fordern und motivieren. Klar, wer Hilfe braucht, den muss die Gesellschaft stützen. Aber insgesamt täte uns weniger Wehleidigkeit und mehr Anpacker-Mentalität gut. Wir müssen auch wieder Politik für die Mehrheit machen, für Arbeitende und Mittelständler, indem Leistung wertgeschätzt wird und Sozialbeiträge nicht immer weiter steigen. Nur so entsteht wieder Lust auf Aufschwung.
Welcher Partei trauen Sie das am ehesten zu?
Während Trump 500 Milliarden für KI ankündigt, haben wir beim Wachstumschancengesetz über Freibeträge für Betriebsfeiern diskutiert. Das ist doch ein Witz. Und auch im Wahlkampf fehlt mir der Biss, eine echte Wirtschaftswende zu erreichen – wohlgemerkt für Wohlstandserhalt und soziale Absicherung. Das geht nur durch echte, hohe Abschreibungen auf Standortinvestitionen oder im Wohnungsbau, durch eine deutliche Steuerreform und eine radikale Verwaltungsdigitalisierung ohne Wenn und Aber, damit die Bürokratie sinkt.
Statt immer neuer Subventionen brauchen wir aber massive Investitionsprogramme für Forschung und Infrastruktur. Ja, das kostet Milliarden. Aber die müssen wir in die Hand nehmen, damit wir unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Wie sollen wir das finanzieren, über mehr Schulden?
Das ist die Fünfhundert-Milliarden-Euro-Frage. Am Ende ist es ein Mix aus mehr Nutzerfinanzierung im Verkehr sowie privates Kapital für Forschung und Technologie. Und mal ehrlich: Kommt eine neue Regierung um eine Reform der Schuldenbremse herum? Sie startet mit einem strukturellen Milliardendefizit. Wichtig ist, dass sie nicht maßlos konsumiert, sondern dass Mittel richtig investiert werden.
Nein. Insolvenzen sind noch kein großes Thema, und wir gehen auch nicht davon aus, dass sie eines werden. Betroffen sind bislang maßgeblich Projektentwickler, die wegen steigender Finanzierungskosten und höherer Baupreise in Not geraten sind, Bauunternehmen eher nicht. Aber: Wenn Politik weiterhin mit Trippelschritten und chirurgischem Skalpell versucht, den Laden wieder in Schwung zu bringen, geht das schief.
Wie sieht es denn aktuell aus mit der Nachfrage?
Der Wohnungsbau hat natürlich sehr gelitten, aber wenn wir als Bauindustrie den Gewerbebau und die öffentlichen Bauinvestitionen mit berücksichtigen, sind wir eigentlich noch ganz gut durchgekommen.
Noch liegen keine endgültigen Zahlen vor, aber wir gehen davon aus, dass der Gesamtumsatz im Bau im Vorjahr um 3,6 Prozent gefallen ist, im Wohnungsbau voraussichtlich um 13 Prozent. Das heißt Umsatzrückgang im vierten Jahr in Folge.
Der Umsatz dürfte weiter fallen, vielleicht weniger als im Vorjahr. Das hängt auch davon ab, wie schnell sich eine neue Bundesregierung konstituiert und die Trendwende einleitet. Wir rechnen mit einem Minus von 1,4 Prozent für 2025.
Nein. Im vergangenen Jahr wurden nur noch 250.000 Wohnungen gebaut, und die Zahl wird weiter zurückgehen. Das sehen wir schon an den Baugenehmigungen.
Wird Bauen für Private jetzt wieder billiger?
Nein, aber auch nicht mehr teurer. Wir werden Preissteigerungen vermutlich nur noch im Rahmen der normalen Inflation erleben.
Was bedeutet das für die Beschäftigung?
In der Bauwirtschaft haben sich die Unternehmen ohnehin nicht an dem Neubauziel von 400.000 Wohnungen der Bundesregierung orientiert. Wir wissen, dass es weiter nach unten geht. Diese Vorsicht spiegelte sich auch im Umgang mit der Belegschaft wider. Auch 2024 haben die Unternehmen gerade mal ein Prozent der Belegschaft abgebaut. Wir gehen nicht davon aus, dass sich das dramatisch ändert. Und das trotz der wirtschaftlichen Lage, gerade im Wohnungsbau. Die Unternehmen haben meine höchste Anerkennung, dass sie so gut durchhalten. Echtes Unternehmertum halt. Viele größere Unternehmen und Mittelständler leben zudem von der Infrastruktur, und dort ist es nicht schlecht gelaufen. Großaufträge für den Bau der Stromtrassen in den Süden oder die Sanierung der Bahnstrecken haben die Schwäche im Wirtschaftsbau ausgleichen können.
Die öffentlichen Kassen sind angespannt. Wie soll die künftige Bundesregierung den Bau der Infrastruktur finanzieren?
Für uns ist wichtig, dass wir eine verlässliche Investitionsplanung bekommen. Deshalb haben wir einen Wechsel gefordert, weg von Haushaltsfinanzierung hin zur Nutzfinanzierung. Straße für Straße, Schiene für Schiene. Eine Pkw-Maut wie in Österreich wäre ein erster Schritt, mit Kompensation etwa bei der Mineralölsteuer. Aber die Maut hat es natürlich in kein Wahlprogramm geschafft.
Es gibt doch bereits die Lkw-Maut.
Ja, aber sehen Sie, was dort passiert. Der CO2-Aufschlag wurde zum großen Teil für die Bahnfinanzierung genommen. Das ist nicht in Ordnung und stellt das Prinzip auf den Kopf. Die Bahn braucht ohne Frage Geld, aber nicht so.
Vergibt der Bund denn aktuell noch neue Straßen- und Infrastrukturprojekte?
Nein, neue werden nicht ausgeschrieben, die alten sind aber finanziell abgesichert. Trotzdem herrscht so etwas wie Stillstand, wegen der vorläufigen Haushaltsführung.
Das Ampel-Aus hat die geplante Änderung im Vergaberecht zunichtegemacht, das Vergabetransformationsgesetz ist doch nicht gekommen. Wie geht es jetzt weiter?
Ja, das war keine gute Nachricht fürs schnelle und effiziente Bauen. Wir plädieren weiterhin dafür, dass die öffentlichen Verwaltungen nicht mehr jedes Bauvorhaben strikt in einzelnen Fach- und Teillosen vergeben müssen. Natürlich wird dies immer wieder als Frontalangriff auf das Handwerk gesehen, ist es aber nicht. Es geht nur um etwas mehr Flexibilität. Dies fordern übrigens auch viele Kommunen, die mit ihren unterbesetzten Bauverwaltungen enorm was leisten müssen. Generalunternehmer würden das Bauen in manchen Situationen dramatisch beschleunigen, und das würde auch anders als gemutmaßt nicht nur den großen Firmen Vorteile bringen. Der Mittelstand kann das, wieso ihn also kleinhalten? Nehmen Sie ein Beispiel hier aus Köln. Weil die Stadt alles in Teillosen vergeben hat, dauert der Bau einer Ladesäule mit zwei Stellplätzen ein Dreivierteljahr, das kann doch nicht wahr sein. Wir brauchen auch keine expliziten kleinteiligen Vorgaben, wie wir eine Brücke zu bauen haben. Das wissen Bauunternehmen am besten. Mit mehr Freiheiten könnten die Baukosten um 20 bis 30 Prozent sinken. Und am Ende werden alle genug zu tun haben, da braucht keiner Angst haben.
Im Wahlkampf spielt Migration eine entscheidende Rolle. Die Bauwirtschaft hängt vermutlich wie keine andere Branche an ausländischen oder eingewanderten Arbeitskräften. Wie groß ist denn die Bedeutung von Migration am Bau, und wie sehen Sie diese Debatte?
Jeder vierte Beschäftigte im Bauhauptgewerbe besitzt einen ausländischen Pass, Tendenz steigend. Wir sollten im politischen Diskurs deshalb über illegale Migration sprechen, nicht über Migration. Denn ohne diese kommen wir gar nicht mehr hin. In der Strabag arbeiten 91 Nationen, wir brauchen Menschen, die fähig und willens sind, sich hier zu integrieren. Am Bau werden in den nächsten Jahren mehr als 150.000 Stellen neu besetzt werden müssen, das müssen wir künftig großzügiger und schneller tun als jetzt.
Die Frage spaltet die Gesellschaft. Viele wollen das offenbar nicht.
Wer straffällig geworden ist und seinen Aufenthaltsstatus verloren hat, muss zurück in sein Heimatland, das ist doch gar keine Frage. Aber wir brauchen Migration. Flüchtlingen das Arbeiten zu verbieten – geht’s noch? Bevor jemand staatliche Leistungen bekommt, sollte man versuchen, ihn in Arbeit zu bringen. Ich bin überzeugt: Sichere Jobs sind Grundlage jeder Integration.