NDR gibt Verantwortung für den ESC ab: Endlich!

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Nach 30 Jahren gibt der Norddeutsche Rundfunk die Verantwortung für den Eurovision Song Contest ab. Das wurde auch höchste Zeit.

Irgendwann ist jede Ära zu Ende, und mag sie noch so schön gewesen sein. So auch die Ära des Norddeutschen Rundfunks (NDR) beim Eurovision Song Contest (ESC) – allerdings war diese Ära schon seit mindestens zehn Jahren nicht mehr schön. Im Gegenteil.

Ab dem kommenden Jahr übernimmt der Südwestrundfunk (SWR) die Verantwortung für die größte Musikshow auf dem europäischen Kontinent. Endlich. Millionen deutscher ESC-Fans hoffen nun auf einen Ausweg aus der festgefahrenen Serie an Misserfolgen, die der NDR regelmäßig einfuhr.

Seit 2015 landeten die deutschen Vertreter in nahezu jedem Jahr auf dem letzten oder vorletzten Platz – einzige Ausnahmen: Michael Schultes vierter Platz im Jahr 2018 und Isaaks zwölfter im vergangenen Jahr. Das Vertrauen ist seit Langem dahin.

Denn obwohl man in Hamburg stets betonte, den Wettbewerb in den vergangenen Jahren mit viel Freude mitorganisiert zu haben – viel zu spüren war davon nicht. Songs wie die von den deutschen Vertretern wie Malik Harris, Jendrik, Levina oder Jamie-Lee mögen zwar im Radio gespielt und so zu nationalen Hits geworden sein, den positiv verrückten Vibe des ESC konnten sie nicht verkörpern. Kein Wunder. Die vom NDR verantworteten Wettbewerbe wie “Unser Lied für …” (je nachdem, in welcher deutschen Stadt der ESC gerade stattfindet) wirkten angesichts dessen, was andere Länder auf die Beine stellen, angestaubt, wie aus dem letzten Jahrtausend.

Neidisch schauten deutsche Fans etwa zum pompösen, schwedischen Vorentscheid “Melodifestivalen”, bei dem der schwedische ESC-Kandidat in fünf Vorläufen und einem großen Finale gekürt wird – 3,4 Millionen Menschen verfolgten die Entscheidung 2024 live. Mehr als ein Drittel aller Einwohner des Landes. Die Schweden lieben ihr “Melodifestivalen”, es ist eine Institution im Unterhaltungskalender des Landes.

Oder das bombastische “Sanremo”-Festival in Italien. Das ist nicht nur der älteste Popwettbewerb Europas, sondern auch der größte. Die letzten Jahrzehnte “Sanremo” brachten einige ESC-Sieger sowie große Stars wie Eros Ramazzotti oder Adriano Celentano hervor. Und die Zahlen sprechen für sich: Im vergangenen Jahr verfolgten 16,8 Millionen Menschen das Finale des italienischen ESC-Vorentscheids – eine Quote von rund 65 Prozent.

Kurzum: Italiener und Schweden schaffen es jedes Jahr, gigantische Shows auf die Beine zu stellen und damit ein Millionenpublikum zu begeistern. Deutschland ließ dagegen Barbara Schöneberger zunehmend schlechtere Gags ins Mikrofon sprechen und wunderte sich über Einschaltquoten von nur 2,1 Millionen Zuschauern. Und bekanntermaßen hielt sich auch der musikalische Erfolg in Grenzen. Der SWR sollte daher unbedingt mehr Italien oder Schweden wagen.

Warum also nicht auch ein großes Festival veranstalten, auf dem viele Künstler mehrere Tage lang ihre Hits präsentieren? Das könnte die Flamme der Begeisterung für den ESC in Deutschland neu entfachen und den Künstlerinnen Rückenwind geben, da sie sich gegen viele Kollegen durchsetzen und das Publikum von sich überzeugen müssten. Junge Moderatoren könnten das Image des angestaubten Vorentscheids verbessern und eine neue Generation an ESC-Fans vor die Bildschirme des Landes locken.

Deshalb eine große Bitte an die Verantwortlichen des Südwestrundfunks: Nutzt die Chance, es endlich besser zu machen. Verdient hätte es der Eurovision Song Contest – dieses fantastische Fest der Musik, das Jahr für Jahr Millionen von Menschen begeistert.