Amtsenthebung von Südkoreas Präsident im Parlament gescheitert

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In Südkorea ist die Parlamentsabstimmung über eine Amtsenthebung des Präsidenten Yoon Suk-yeol am Boykott der regierenden konservativen Volksmachtpartei (PPP) gescheitert. Zur Abstimmung am Samstag saß zunächst lediglich ein Abgeordneter der PPP im Plenum. Die Parteiführung hatte von ihren Abgeordneten verlangt, den Plenarsaal zu verlassen. Damit sollte verhindert werden, dass Abweichler bei der anonymen Abstimmung doch für eine Amtsenthebung Yoons stimmt.

Als die Abstimmung begann, kehrten zwei weitere PPP-Abgeordnete zurück ins Plenum: Eine votierte für, ein anderer gegen die Amtsenthebung. Doch reichte das nicht. Für eine Amtsenthebung Yoons hätte es einer parlamentarischen Zweidrittelmehrheit bedurft und damit auch mindestens acht der 108 konservativen Abgeordnetenstimmen in der insgesamt dreihundert Sitze umfassenden Nationalversammlung.

Zehntausende Demonstranten harren vor dem Parlament aus

Zehntausende Demonstranten harrten am Samstagabend bei Minusgraden vor der Straße des Parlaments in Seoul aus, während Parlamentspräsident Woo Won-sik von der oppositionellen Demokratischen Partei die Abstimmung bis kurz nach 21 Uhr offen hielt und in die Länge zog. Woo forderte die PPP-Abgeordneten auf, wenigstens zur Abstimmung zu erscheinen und ihrem Gewissen zu folgen.

„Sie müssen abstimmen“, sagte Woo im Plenarsaal. „Das ist die Pflicht eines Patrioten, eines Mitglieds der Nationalversammlung der Republik Korea und einer Institution, die das Volk vertritt“. Der Fraktionsvorsitzende der Demokraten Park Chan-dae rief zudem jeden einzelnen der 108 PPP-Abgeordneten auf, sich der Abstimmung zu stellen. Besonders betonte er die 18 Abgeordneten der PPP, die in der Nacht auf Mittwoch im Parlament die Resolution zur Aufhebung des Kriegsrechts ebenfalls unterstützt hatten. Ohne Erfolg.

Damit dauert die Staatskrise in Südkorea weiter an, in die Präsident Yoon sein Land gestürzt hat, als er in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch das Kriegsrecht ausgerufen hatte. Yoon wollte offensichtlich die parlamentarische Opposition gegen ihn stoppen, die zuletzt einen Haushaltsentwurf zusammengestrichen und zuvor bereits verschiedene Amtsenthebungsverfahren gegen Spitzenbeamte angestrengt hatte. Yoons Zustimmungswerte sind zuletzt auf höchstens 16 Prozent gefallen. Mehr als zwei Drittel des Volkes will Umfragen zufolge seine Amtsenthebung.

Doch hatte Yoon am Samstag einen Meinungsumschwung innerhalb der wankelmütigen konservativen Abgeordneten herbeigeführt, als er sich am Morgen zum ersten Mal seit dem vergangenen Mittwoch wieder der Öffentlichkeit zeigte. In einer zwei Minuten dauernden Fernsehansprache entschuldigte er sich dafür, dass er das Kriegsrecht ausgerufen hatte. „Ich bedauere dies zutiefst und entschuldige mich aufrichtig bei meinen Mitbürgern, die sehr überrascht gewesen sein müssen.“

Verhängung des Kriegsrechts „erfolgte aus der Verzweiflung des Präsidenten“

Yoon begründete seine Taten damit, die Verhängung des Kriegsrechts „erfolgte aus der Verzweiflung des Präsidenten, des obersten Staatsoberhauptes“. Er versprach, dass er das Kriegsrecht nicht wieder ausrufen werde. Dies war neben anderen auch von Yoons eigenem Parteichef Han Dong-hoon befürchtet worden.

Yoon sagte, er werde sich der rechtlichen und politischen Verantwortung für die Verhängung des Kriegsrechts nicht entziehen. Sodann: Er überlasse es seiner Volksmachtpartei, zu entscheiden, wie lange er im Amt bleiben soll und wie die politische Stabilität des Landes gewährleistet werde. Das war offenbar der Schlüsselsatz für die Konservativen, einem Amtsenthebungsverfahren zu entgehen und die Entscheidung über Yoons Zukunft vorerst parteiintern zu treffen und nicht dem Parlament zu überlassen.

So zog etwa auch der Abgeordnete Cho Kyung-tae zurück, der sich am Freitag noch offen für die Amtsenthebung ausgesprochen hatte. Ähnlich verhielt sich der Parteivorsitzende Han, der am Vortag noch die sofortige Suspendierung des Präsidenten gefordert und gesagt hatte, Yoon stelle eine „große Gefahr“ dar.

Sollte der Antrag auf Amtsenthebung am Samstag abgelehnt werden, können die Oppositionsparteien kommenden Mittwoch eine weitere Parlamentssitzung anberaumen und einen neuen Amtsenthebungsantrag stellen. Die ersten Abgeordneten kündigten dies in den koreanischen Medien bereits an.