Indien betreibt Beziehungspflege mit den USA und China

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Indien kann sich derzeit nicht über ein mangelndes Interesse der Weltmächte beklagen. Schon im Februar werde Narendra Modi das Weiße Haus besuchen, teilte der amerikanische Präsident Donald Trump am Montag nach einem Telefonat mit dem indischen Ministerpräsidenten mit. Modi wird damit einer der ersten Regierungschefs überhaupt, der von Trump zu Beginn seiner zweiten Amtszeit empfangen wird.

Zuvor hatte der neue amerikanische Außenminister Marco Rubio seinen indischen Konterpart, den erfahrenen Topdiplomaten Subrahmanyam Jaishankar, als ersten ausländischen Gesandten schon an seinem ersten Arbeitstag zu einem Termin empfangen.

Dem engen Austausch mit Washington zum Trotz verfolgt Neu Delhi auch weiterhin seinen jüngsten Annäherungskurs mit Peking. Im Oktober hatte Indien erste Fortschritte im schwelenden Grenzstreit mit China im Himalaja verkündet. Nach mehr als vier Jahren Eiszeit machten die beiden Atommächte nun weitere Schritte hin zu einer Normalisierung der Beziehungen.

Sie verkündeten nach einem Treffen des indischen Außensekretärs Vikram Misri mit Chinas Außenminister Wang Yi am Montag in Peking, dass die Direktflüge zwischen den beiden Ländern, die Ausstellung von Visa und der Dialog über grenzüberschreitende Flüsse wieder aufgenommen werden. „Misstrauen“ und „Entfremdung“ zwischen den beiden Ländern müssten ein Ende haben, sagte Wang während des Treffens dem chinesischen Außenministerium zufolge.

Spagat zwischen Washington und Peking

Mit seinem Spagat zwischen den Rivalen dürfte sich Indien gegen geopolitische und wirtschaftliche Unwägbarkeiten absichern. Unterm Strich dürfte Indien zu jenen Ländern gehören, die sich zwar am meisten von der zweiten Trump-Ära erhoffen können. Aber sie bringt auch für Neu Delhi neue Unsicherheiten mit sich.

In seiner ersten Amtszeit hatte sich Trump demonstrativ freundschaftlich mit Modi gezeigt. Er kritisierte Indien aber wegen hoher Zölle auf ausländische Waren und eines großen Überschusses in der Handelsbilanz mit den USA. Im Telefonat mit Modi hatte Trump am Montag nun abermals die Bedeutung „fairer bilateraler Handelsbeziehungen“ betont und Indien zum Kauf amerikanischer Rüstungsgüter aufgefordert.

Ein weiterer wunder Punkt ist außerdem das Schicksal indischer Einwanderer in den USA. Sie bilden dort die drittgrößte Gruppe von Migranten ohne Aufenthaltserlaubnis hinter Menschen aus Mexiko und El Salvador. Einigen dürfte unter Trump nun die Abschiebung drohen. Berichten zufolge sollen 18.000 irreguläre indische Migranten in den USA identifiziert worden sein. Modi werde in dieser Beziehung „das Richtige tun“, hatte Trump gesagt. Auch die Vergabe der sogenannten H-1B-Visa für ausländische Arbeitskräfte, von denen besonders indische IT-Fachkräfte profitiert hatte, hat Trump infrage gestellt.

In Neu Delhi ist man guter Hoffnung, dass es in diesen Punkten Möglichkeiten zur Einigung gibt und nicht zuletzt die sicherheitspolitische Kooperation weiter ausgebaut wird. Gleichzeitig hat Neu Delhi durch die Annäherung an China die Voraussetzungen geschaffen, um den Austausch mit diesem wichtigen Handelspartner voranzubringen.

Der Spagat entspricht auch Indiens Politik der „strategischen Autonomie“, unter der Indien gute Beziehungen zu allen Mächten sucht, und die sich auch in der neutralen Haltung Indiens im Konflikt des Westens mit Russland niederschlägt. Während der Westen Druck auf Indien ausübte, den Einmarsch in die Ukraine klar zu verurteilen, hatte Indien seine politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland sogar weiter ausgebaut. Nach Angaben des indischen Außenministeriums wird derzeit auf diplomatischen Wegen über einen baldigen Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Neu Delhi gesprochen.