Alle Unterstützung wurde sofort eingestellt. Organisationen wie USAID und Blumont (die bisher einen Großteil der Dienstleistungen bereitgestellt haben) haben ihre Arbeit in dem Lager eingestellt. Wir sind nicht in der Lage, all diese Bedürfnisse langfristig allein zu decken. Dies ist eine schlechte Entscheidung. Sie muss revidiert werden. Sonst wird das zu einer chaotischen Situation führen. Wenn Leute nicht genug zu Essen bekommen, werden sie anfangen zu protestieren. IS-Kräfte von außerhalb des Lagers werden das zu nutzen versuchen. Das wird zu einem Sicherheitsvakuum führen.
Fürchten Sie, dass Präsident Trump auch die militärische Unterstützung für Ihre SDF einschränken könnte, wie er das in der Vergangenheit schon einmal getan hat?
Wir stehen in Kontakt mit der neuen Trump-Regierung, insbesondere mit dem Team, das Präsident Trump mit der Nahost-Politik betraut hat. Wir wissen, dass sie keine raschen Änderungen der Politik im Sinn haben. Die neue Regierung hat in keiner Weise signalisiert, dass sie die Unterstützung für uns reduzieren werden. Wir wissen, dass sie großes Interesse an der Lage hier haben. Und wir hoffen, dass es keine Entscheidungen geben wird, die die Lage negativ beeinflussen.
Wir betrachten dies als eine ernste Gefahr. Auf türkischer Seite wurden Truppen zusammengezogen. Sie unterstützen außerdem die „Syrische Nationale Armee“, die versuchen, den Fluss zu überqueren, um die Umgebung von Kobane zu erobern. Die Amerikaner, die Briten, die Franzosen und die Deutschen nehmen das Thema sehr ernst. Sie sind bereit, einen Waffenstillstand zu vermitteln, aber die Türkei hat darauf bisher nicht geantwortet.
Die Türkei fordert, dass alle Kämpfer der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) Syrien verlassen sollen. Die PKK bekämpft seit Jahrzehnten den türkischen Staat. Warum befinden sich PKK-Kämpfer in den Reihen der SDF?
Was die Präsenz der PKK angeht: Während der Kämpfe in Kobane 2014 haben wir alle Kurden aufgefordert, uns im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ zu unterstützen. Die Peschmerga sind gekommen, die PKK ist gekommen. Viele sind wieder gegangen. Eine Gruppe ist mit dem Ziel geblieben, die Kurden bei ihrer Selbstverteidigung zu helfen. Diese Gruppe wird gehen, sobald es einen Waffenstillstand gibt, denn dann gibt es keinen Grund mehr für sie zu bleiben.
Von wie vielen Kämpfen sprechen wir?
Dieser Prozess wird einen positiven Einfluss haben. Sie werden eine Einigung mit der PKK haben, und die Türkei wird keinen Grund mehr haben, uns anzugreifen. Ich glaube, in diesem Prozess gibt es auch Gespräche über eine Amnestie für die Mitglieder der PKK. Das würde helfen, dass diese Gruppe in ihr Land zurückkehrt, weil sie nicht länger gesucht werden. Grundsätzlich werden die Verhandlungen helfen, Spannungen abzubauen. Ich denke, es wird ein historischer Schritt sein, den sehr alten Konflikt zwischen Kurden und Türken zu beenden.
Sie verhandeln derzeit mit dem neuen Machthaber in Damaskus, Ahmed al-Scharaa, über eine Integration der SDF in die künftigen syrischen Streitkräfte. Sie haben erklärt, dass Sie dazu nur bereit wären, wenn die SDF als Einheit auf ihrem bisherigen Gebiet erhalten bliebe. Wie geht es nun weiter?
Auch wir sind gegen die Idee, eine Armee innerhalb einer Armee zu haben. Das wurde von vielen Seiten falsch verstanden. Was wir gesagt haben, ist, dass die SDF eine große Streitkraft ist, die genauso lange existiert wie (Scharaas Miliz) Hayat Tahrir al-Sham (HTS). Mit Blick auf die Zahlen könnte die SDF größer sein als die HTS. Es ist eine militärische Institution, die viele Operationen hat, die weitergehen. So wie die Anti-Terror-Operation mit der internationalen Koalition (der vor Ort 2000 amerikanischen Soldaten angehören) und die Sicherung der Einrichtungen, in denen sich IS-Gefangene befinden. Wir haben gesagt, dass wir Zeit für die Integration mit dem syrischen Verteidigungsministerium brauchen. Wir haben einen Zeitraum von zwei Jahren vorgeschlagen. Wir fordern, dass die Rechte der SDF-Mitglieder geschützt werden müssen.
Welche Rechte meinen Sie?
Wir haben Kommandeure, wir haben Anführer, wir haben Verwundete und wir haben reguläre Kämpfer, die ins Verteidigungsministerium integriert werden sollen. Dafür muss es Standards geben. Das kann nicht willkürlich passieren. Sie brauchen Positionen in der Armee, und sie brauchen Ränge. Als die HTS Damaskus eingenommen hat, haben sie viele ihrer Anführer befördert, zum Beispiel zum Verteidigungsminister, zum Stabschef und viele andere Generäle. Für die SDF muss es die gleichen Standards geben.
Scharaa hat laut einem Bericht angeboten, dass die kulturellen Rechte der Kurden in der neuen Verfassung verankert werden. Wäre damit aus Ihrer Sicht genug garantiert, dass die Rechte der Kurden in Syrien gewahrt werden?
Es geht nicht nur um kulturelle Rechte, sondern auch um politische Rechte. Es geht darum, dass Kurden die Städte verwalten, in denen sie leben. Es muss Garantien geben, dass die Kurden ihre Städte bekommen.
Das muss in zwei Phasen passieren. In der ersten Phase sind wir bereit, Treibstoff für die Stromproduktion in anderen Gebieten bereitzustellen. Die nationalen Ressourcen gehören natürlich den Syrern. Und sie müssen künftig von der Regierung in Damaskus verwaltet werden. Aber es muss Gesetze geben, die sicherstellen, dass die Gouvernements ihren Anteil auf der Basis ihrer Bevölkerungsgröße und Bedürfnisse bekommen.