Kreativität im Gehirn

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Kreativ sein bedeutet mehr als malen oder dichten können. Es erfordert eine flexible und ausgewogene Zusammenarbeit verschiedener Netzwerke im Gehirn. Dies zeigt eine aktuelle Metaanalyse, die Daten der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) aus fünf Ländern nutzte und im Fachjournal Communications Biology veröffentlichte.

Ein expressionistischer Maler drückt Emotionen durch einzigartige Pinselstriche aus, während eine Ingenieurin innovative Lösungen zur Energiegewinnung entwickelt. Beide verbindet die Fähigkeit, neue und effektive Ideen zu generieren – eine essenzielle Eigenschaft für gesellschaftlichen Fortschritt.

Wenn wir kreativ denken, sind vor allem zwei neuronale Netzwerke involviert. Das sogenannte Default Mode Network (DMN), auch Ruhezustandsnetzwerk genannt, umfasst verschiedene über das Hirn verteilte Regionen, die insbesondere bei inneren Gedankenprozessen und Tagträumen aktiv sind. Im Gegensatz dazu ist das Exekutive Kontrollnetzwerk (ECN) dann aktiv, wenn wir uns fokussieren und Aufgaben bearbeiten. Obwohl die Netzwerke gegensätzlich erscheinen, können sie gemeinsam arbeiten. So können spontan generierte Ideen kontrolliert bewertet werden.

Ausgewogene und dynamische Zusammenarbeit

Das internationales Forscherteam um Qunlin Chen von der chinesischen Southwest University und Yoed N. Kenett vom israelischen Technion Institute of Technology wertete fMRT-Aufnahmen von rund 2500 Versuchspersonen aus Österreich, Kanada, China, Japan und den USA aus. Ziel war es, herauszufinden, wie die beiden Netzwerke bei kreativen Personen zusammenwirken. Das Ergebnis: Besonders kreative Menschen zeigten im Ruhezustand eine häufigere Wechsel zwischen der Zusammenarbeit und der getrennten Aktivität der Netzwerke. Zudem ist eine ausgewogene Balance zwischen den beiden Zuständen entscheidend – weder zu viel noch zu wenig Interaktion fördert kreatives Denken optimal.

In einer unabhängigen Folgestudie fanden die Wissenschaftler heraus, dass kreative Aufgaben während fMRT-Scans ebenfalls durch häufigere Wechsel zwischen den Netzwerkzuständen gekennzeichnet waren.

Wenn wir unsere kreative Fähigkeit schulen, wird unser Gehirn möglicherweise selbst im Ruhezustand dynamischer und effizienter, vermuten die Forscher. Dennoch sind sicherlich auch viele andere Faktoren an der Kreativität beteiligt, wie zum Beispiel Persönlichkeit, Neugier und Aufmerksamkeit.