Bundestag debattiert über zwei Anträgen

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Der Bundestag hat am Donnerstag über zwei Anträge zur Prüfung eines AfD-Verbots debattiert. Die Befürworter warben für ihre Initiativen, ein Parteiverbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht anzustoßen beziehungsweise eine juristische Prüfung der Voraussetzungen dafür anzustoßen. Beide Anträge wurden allerdings erwartungsgemäß zur weiteren Beratung in den Innenausschuss überwiesen.

Der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz, Mitinitiator des erstgenannten Antrags, den 124 Abgeordnete unterzeichnet haben, sagte im Bundestag, die AfD sei eine „Hass und Hetze säende Partei“; das Land könne sie nicht mehr viel länger ertragen, ohne Schaden an seiner Substanz zu nehmen. Es sei die „historische Pflicht“ der Parlamentarier, dafür zu sorgen, dass sie verboten werde; das Parteiverbot sei der „Inbegriff der wehrhaften Demokratie“. Er nannte die AfD außerdem eine „rechtsextremistische Partei“. Wanderwitz hatte am Vortag, dem Mittwoch, bei der Abstimmung gefehlt, in der die Union erstmals mit Stimmen der AfD eine Mehrheit errang.

Auch Carmen Wegge (SPD) warnte, der Zeitdruck nehme zu. „Lassen Sie uns gemeinsam die Tür nach Karlsruhe öffnen, wir haben nicht mehr viel Zeit“, appellierte sie an die Parlamentarier. Viele Menschen im Land hätten Angst vor der AfD, „vor dem Rechtsruck“. An die Bürger gerichtet, die die Debatte digital verfolgten, versprach Wegge, dass die SPD sich weiter gegen die AfD einsetzen werde.

AfD-Redner verwehrten sich gegen die Vorwürfe

In der teils hitzig geführten Debatte bemühten sich alle Parlamentarier außer jenen der AfD, ihre Ablehnung jener deutlich zu machen. Auch diejenigen Abgeordneten, die ein Verbotsverfahren für das falsche Mittel im Kampf gegen die AfD halten, versuchten deutlich zu machen, warum sie die Partei ablehnten. Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle bezeichnete die AfD als „Organ hybrider Kriegsführung autoritärer Staaten“, Russland, aber auch China, und brachte seinen „tiefen Respekt“ für den CDU-Kollegen Wanderwitz zum Ausdruck. Er komme allerdings in der Sache zu einem anderen Ergebnis als dieser. Den beiden Anträgen zuzustimmen hieße, das Gespräch mit den Wählern der AfD von jetzt auf gleich abzubrechen, argumentierte Kuhle. Doch das Land leide sowieso schon an einer immer größer werdenden Entfremdung vieler Bürger von den Institutionen. Ein AfD-Verbotsverfahren würde das, unabhängig von seinem Ausgang, noch verstärken.

Die Grünen-Politikerin Renate Künast, die mit rund 40 Fraktionskollegen den Antrag auf juristische Prüfung der Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens fordert, sagte, nach den Ereignissen am Mittwoch im Parlament sei es nun noch wichtiger geworden, „Courage zu zeigen“. Sie warf der AfD vor, die Prinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung lächerlich zu machen, etwa dadurch, dass sie Desinformation betreibe. Das sei schon losgegangen damit, dass AfD-Vertreter die Presse pauschal als „Lügenpresse“ herabgewürdigt hätten. Ziel sei es, dass die Menschen am Ende niemandem mehr trauten.

AfD-Redner verwehrten sich gegen die Vorwürfe. Der Abgeordnete Peter Boehringer sagte, statt Argumenten erlebe die Partei nur „Lügen und Framing“, etwa durch „grasgrüne Medien“ und eine „antifanahe Innenministerin“. Stephan Brandner warf den anderen Parteien vor, sie wollten „Blut sehen“.

Unterdessen kündigte die Kampagnen-Organisation „Campact“ am Donnerstagabend an, ein breit angelegtes juristisches Gutachten über die Frage der Verfassungswidrigkeit der AfD unterstützen zu wollen. Das Gutachten soll durch die Gesellschaft für Freiheitsrechte erstellt werden. Hintergrund ist die Annahme, dass sich Bundestagsabgeordnete auch deshalb schwer tun, sich für ein Verbotsverfahren gegen die AfD einzusetzen, weil sie es als zu riskant empfänden, dass dies scheitere. Ein Team aus Juristen und Fachleuten für Rechtsextremismus soll über mehrere Monate hinweg ergebnisoffen prüfen. Die Schwelle für ein Parteiverbot liege sehr hoch. Umso wichtiger sei es, diese Prüfung „gewissenhaft, auf wissenschaftlich höchstem Niveau und mit bester verfassungsrechtlicher Expertise durchzuführen“, heißt es auf der Projektseite. Es gelte einerseits das Untersuchungsobjekt AfD vollständig zu erfassen und andererseits mit Blick auf die Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts daraus tatsächlich und rechtlich tragfähige Schlüsse zu ziehen.