Trumps größte Sorge: Tulsi Gabbard

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Tom Cottons Worte sollten sich als Untertreibung erweisen. Tulsi Gabbard habe mitunter „unkonventionelle Ansichten“, sagte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Senats in der Anhörung von Donald Trumps Kandidatin für den Posten der Nationalen Geheimdienstdirektorin. Der Republikaner fügte hinzu, die amerikanischen Nachrichtendienste, für die Gabbard im Falle ihrer Bestätigung verantwortlich ist, benötigten unkonventionelles Denken.

Für Trump ist die Kandidatin ein „agent of change“, eine Disruptorin, die gegen den von ihm ausgemachten „tiefen Staat“ vorgehen soll. In vertraulichen Unterredungen soll der Präsident zu erkennen gegeben haben, dass er sich um Gabbards Bestätigung die größten Sorgen macht. Wie sehr die „intelligence community“ Trumps Kandidatin als Fremdkörper betrachtet, zeigte die Causa Edward Snowden.

Für Republikaner und Demokraten ist der frühere Geheimdienstmitarbeiter, der inzwischen russischer Staatsbürger ist, verantwortlich für das größte Datenleck in der Geschichte der amerikanischen Nachrichtendienste.

Mark Warner, Demokrat aus Virginia und stellvertretender Ausschussvorsitzender, erinnerte gleich zu Beginn der Sitzung daran, dass Gabbard diesen wegen der Aufdeckung der Überwachungspraktiken insbesondere der „National Security Agency“ (NSA) einen „tapferen Whistleblower“ genannt hatte.

Er, Warner, halte es hingegen mit Cotton, der ihn einen „Verräter“ nenne, der es verdiene, den Rest seines Lebens im Gefängnis zu „verrotten“. Er habe ernste Bedenken mit Bezug auf ihre Urteilsfähigkeit, sagte Warner.

In der Geheimdienstwelt beruhe der Informationsaustausch mit Bündnispartnern auf Vertrauen: Gabbard aber habe nicht nur Snowden gelobt, sondern auch Zweifel daran gesät, dass der frühere syrische Diktator Assad Chemiewaffen gegen sein eigenes Volk eingesetzt habe. Zudem sei sie Putins Narrativ gefolgt, als sie nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Joe Biden und der NATO vorgeworfen habe, die legitimen Sicherheitsinteressen Moskaus missachtet zu haben.

Gabbard weicht aus

Gabbard war vorbereitet – auch mit Blick auf Snowden. „Er hat gegen das Gesetz verstoßen“, sagte sie nun in der Anhörung, fügte dann aber hinzu, die Enthüllungen hätten gleichwohl Reformen zur Folge gehabt. Es habe schwere Verstöße gegen die Grundrechte der Amerikaner gegeben.

Ein Kreuzverhör begann. Die Republikanerin Susan Collins fragte, ob Gabbard sich für eine Begnadigung Snowdens verwenden werde. Antwort, nach kurzem Zögern: „Nein“. Die Sicherheit Amerikas und die „unserer Geheimnisse“ hätten für sie Priorität. Der Republikaner James Lankford hakte nach: Ob Snowden für sie ein „Verräter“ sei? Antwort: Sie setze sich für die Verfassung ein und dafür, dass es keine weiteren Datenlecks gebe. Ansonsten konzentriere sie sich auf die Zukunft.

Michael Bennet, Demokrat aus Colorado, ließ nicht locker: „War er ein Verräter?“ Gabbard: „Ich wiederhole meine Antwort.“ Bennet: „Das ist der Moment, in dem Sie mit Ja oder Nein antworten müssen!“ Gabbard ausweichend: Snowden hätte nicht das „Ausmaß“ an Informationen enthüllen dürfen. Andere Republikaner gaben ihr sodann die Gelegenheit, ihre Antwort zu korrigieren. Gabbard verzichtete.

Die 43 Jahre alte Gabbard würde als künftiger „Director of National Intelligence“ (DNI) die Arbeit von 18 Nachrichtendiensten koordinieren sowie den Präsidenten unterrichten und beraten.

Geboren in Amerikanisch-Samoa, einem Außengebiet, und aufgewachsen in Hawaii, hat Gabbard ein bewegtes politisches Leben hinter sich. Sie wuchs auf in einer hinduistischen Hari-Krishna-Gemeinde, die Kritiker als Sekte bezeichnen und die sich unter anderem gegen „homosexuellen Extremismus“ wendet.

Später schloss Gabbard sich den Demokraten an. Sie saß kurzzeitig im Parlament von Hawaii, trat aber nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 der Nationalgarde bei. Es folgte ein Einsatz im Irak. Gabbard ist Oberstleutnant.

Fehde mit Clinton

Nach ihrer Rückkehr aus dem Krieg ließ sie sich in das amerikanische Repräsentantenhaus wählen, dem sie von 2013 bis 2021 angehörte. Bis 2016 arbeitete sie auch in der Führung des „Democratic National Committee“, der Parteiorganisation der Demokraten.

Ihre Kritik an den Antiterrorkriegen Amerikas, die sie „Regimewechsel-Kriege“ nennt, brachte sie aber zunehmend in Opposition zu ihrer eigenen Partei, insbesondere zu Hillary Clinton. 2016 unterstützte sie den linken Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders.

Eine bis heute andauernde Fehde mit Clinton begann, die einmal nahelegte, Gabbard sei eine Agentin Putins. Als Außenseiterin bemühte sie sich 2019 kurzeitig um die Präsidentschaftskandidatur ihrer Partei. Die Entfremdung setzte sich fort. Im vergangenen Jahr kehrte sie den Demokraten endgültig den Rücken und unterstützte Trump.

Treffen mit Assad

Gabbard verteidigte ein Treffen mit Assad im Jahr 2017. In dem Gespräch habe sie durchaus harte Fragen gestellt, auch was den Einsatz von Chemiewaffen anbelange. Sie sei kein Freund von Diktatoren. Ihr sei es immer nur um den Kampf gegen islamistische Extremisten wie die Terrororganisation IS gegangen.

Was den Krieg in der Ukraine anbelangt, sagte sie am Montag, Putin habe diesen angefangen. Zur Mitverantwortung Bidens und der NATO äußerte sie sich nicht. In der Öffentlichkeit habe es viele falsche Behauptungen gegeben: So sei sie als „Putins Marionette“ bezeichnet worden. Genau wie Trump. Der Geheimdienstapparat habe sich in dessen erster Amtszeit gegen den Präsidenten gestellt. Sie werde dafür sorgen, dass die Nachrichtendienste sich aus der Politik heraushielten.

Nach der öffentlichen Anhörung mussten Medienvertreter und das Publikum den Ausschusssaal verlassen. Die nichtöffentliche Sitzung begann.