Kunden boykottieren Böttcher wegen AfD-Spende

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Philipp Wöll ist Kommunikationsberater. Aber dass sein Post bei Linkedin derartige Resonanz erfährt, das hätte er selbst nicht gedacht. Denn eigentlich ist es ja unspektakulär: Wöll und seine Agentur wollen ihren Bürobedarf zukünftig woanders bestellen. Doch es sind die Gründe, die für Furore sorgen. Wöll will die Geschäftsbeziehung zu einem Unternehmen kappen, das in Verdacht steht, erhebliche Sympathien für die AfD zu hegen. Und trifft damit ganz offenbar einen Nerv, am Freitagnachmittag hat der Post fast 2000 Likes. Weit mehr, als Wöll Follower hat.

Aber von vorne: Alles begann mit einer Parteispende an die Rechtspopulisten in Höhe von 999.990 Euro – kein Kleckerbetrag. Wer dahintersteckte, war bald klar: Horst Jan Winter, Aufsichtsrat der Böttcher AG, eines Großhändlers unter anderem für Büromaterial in Jena. Die Empörung ließ nicht lange auf sich warten. Firmengründer Udo Böttcher stellte klar: Die Spende wurde weder von ihm noch vom Unternehmen veranlasst. Doch über Umwege könnte das Geld eben doch von ihm stammen, denn er beschenkte Winter vor Kurzem großzügig mit zwei Millionen Euro.

Udo Böttcher
Udo Böttcherdpa

Dieses Geld aber sei geflossen, damit sich der schwer erkrankte Winter experimentelle Therapien, unter anderem in den USA, leisten könne, so Böttcher. Seine Distanzierung von der ganzen Sache versuchte der Firmenchef am Mittwoch mit der sofortigen Entlassung Winters aus dem Aufsichtsrat zu unterstreichen. Das geschenkte Geld will er, notfalls auf dem Klageweg, wegen groben Undanks zurückfordern. Doch an der Reumütigkeit des Böttcher-Chefs gibt es erhebliche Zweifel. Denn in der Vergangenheit hat er immer wieder seine Sympathie zur AfD zum Ausdruck gebracht. Entsprechende Bekundungen holen ihn nun ein.

Wölls Agentur mag mit einem Bestellvolumen von 500 Euro im letzten Jahr ein kleiner Fisch sein für den Händler in Thüringen. Aber unter dem Post bei Linkedin schließen sich Wöll zahlreiche Böttcher-Kunden an. „Viele haben sogar meine Mailadresse auf unserer Homepage rausgesucht und mich in Blindkopie genommen bei ihrer Mail an Böttcher“, erzählt Wöll.

Auch Ronald Schmidt, Unternehmer in Niedersachsen und bis vor Kurzem ebenfalls Böttcher-Kunde, will mit diesem nichts mehr zu tun haben. Im letzten Jahr bestellte er immerhin Waren im Wert von rund 13.000 Euro bei Böttcher. „Ich bin selbst im Osten großgeworden, meine Familie und ich wissen, was Unterdrückung bedeutet“, so Schmidt. „Ich bin ein Demokrat durch und durch. Wir müssen unsere Demokratie pflegen.“

Die Böttcher AG hat sich auf Anfrage der F.A.S. nicht dazu geäußert, wie viele Kunden man in den letzten Tagen verloren hat. Auf die Mails der enttäuschten Kunden reagiert Böttcher schmallippig: Man habe mit der Spende nichts zu tun und auch erst aus der Presse davon erfahren. „Sollten Sie aufgrund unseres Statements Ihre Entscheidung überdenken, würden wir uns freuen, Sie wieder als Kunden begrüßen zu dürfen.“ Fraglich, ob das jemanden überzeugt.