Die USA setzen nach Angaben von Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau die geplante Einführung von Zöllen gegen sein Land für mindestens 30 Tage aus. Das gab Trudeau am Montagabend nach einem Telefonat mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump bekannt.
Nach der Ankündigung Trumps, die geplanten Zölle auf Importe aus Mexiko für einen Monat auszusetzen, hofft auch die kanadische Regierung auf eine Beilegung des Zollstreits. Ein erstes Telefonat am Montag war ohne Ergebnis geblieben.
Trump hatte am Wochenende Einfuhrzölle von 25 Prozent auf Importe aus Mexiko und Kanada verhängt. Sie sollten am Dienstag in Kraft treten. Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum sicherte dem amerikanischen Präsidenten am Montag zu, 10.000 Nationalgardisten an die Grenze zu entsenden, um den Drogenschmuggel zu unterbinden. Im Gegenzug setzte er die angekündigten Zölle vorläufig aus.
Kanada will Stärke zeigen
Trudeau reagierte anders als Sheinbaum. Er zeigte sich kämpferisch und kündigte umfangreiche Gegenmaßnahmen an – einige mit unmittelbarer Wirkung und andere, die stufenweise eingeführt werden sollten. Wenige Stunden nachdem Trump per Dekret die Importzölle verhängt hatte, wandte sich ein demonstrativ entschlossen auftretender kanadischer Ministerpräsident direkt an das amerikanische Volk: Der Zollstreit werde Kanada wehtun, sagte er. Aber: Er werde auch Konsequenzen für die Amerikaner haben, Arbeitsplätze in den Vereinigten Staaten gefährden und die Verbraucherpreise erhöhen.
Kanada werde Stärke zeigen – auch um sicherzustellen, dass das Land der beste Nachbar der Welt bleibe. Die Gegenzölle würden Konsumgüter treffen, aber auch Rohstoffe wie Bauholz. Zudem werde Ottawa nicht nur mit Gegenzöllen antworten. Man erwäge auch Maßnahmen, die etwa die Partnerschaft beim Abbau wichtiger Rohstoffe beträfen.
Trump: Kanada ohne USA nicht lebensfähig
Trump hatte den Streit mit Kanada am Wochenende rhetorisch eskaliert: Auf seinem Netzwerk „Truth Social“ schrieb er, Amerika zahle Hunderte Milliarden Dollar, um Kanada zu subventionieren. Dafür gebe es keinen Grund. Amerika verfüge selbst über alles und brauche die kanadischen Güter nicht.
Ohne die US-Subventionen könne Kanada als „lebensfähiger Staat nicht bestehen“. Das sei hart, aber wahr. Daher sollte Kanada der 51. Bundesstaat der USA werden. Dann gäbe es auch dort niedrigere Steuern, besseren militärischen Schutz und keine Zölle.
Anfänglich hatte Trump die Zölle gegen Kanada und Mexiko mit dem Drogenschmuggel und der illegalen Migration begründet. Tatsächlich spielt die kanadisch-amerikanische Grenze beim Schmuggel des Opioids Fentanyl fast keine Rolle. Später gab Trump zu, dass es ihm um die Handelsbilanz gehe.
„Dümmster Zollkrieg der Geschichte“
Der Zollstreit ist in Washington auch im konservativen Lager umstritten: Viele Republikaner vertreten die Ansicht, dass Trump den Konflikt mit China hätte suchen müssen, anstatt sich mit Partnerländern anzulegen. China belegte Trump nur mit Zöllen in Höhe von zehn Prozent. Selbst im Weißen Haus hatten einige Berater offenbar gewarnt, der Konflikt könnte zur Folge haben, dass Trump seine Amtszeit mit höheren Verbraucherpreisen beginne. Dies werde die Bevölkerung nicht gutheißen.
Das konservative „Wall Street Journal“ schrieb über Trumps Handelspolitik, es sei der „dümmste Zollkrieg der Geschichte“. Trump gestand nun ein, die Bürger würden womöglich wirtschaftliche „Schmerzen“ verkraften müssen. „Aber wir werden Amerika wieder groß machen, und es wird den Preis wert sein, den man dafür zahlen muss.“
Der Konflikt mit Amerika trifft Kanada in einer Führungskrise. Trudeau hatte zu Jahresbeginn angekündigt, er werde als Ministerpräsident zurücktreten, sobald seine Liberale Partei einen neuen Vorsitzenden gewählt habe.
Trudeaus parteiinterne Rivalin Chrystia Freeland, die bis Dezember als Finanzministerin fungierte und sich nun um die Parteiführung bewirbt, sagte, der Streit mit Washington eine das Land. Sie würde im Falle der Übernahme des Ministerpräsidentenamtes den „Kampf“ fortsetzen. Trumps Politik nannte sie „verrückt“. Es handele sich um „wirtschaftliche Kriegsführung“ und einen Angriff auf die Souveränität Kanadas. Es sei „Verrat am besten Freund Amerikas“.