Auslandsreisen: Bundestagsverwaltung entlastet hessischen Grünen-Chef

6

Die Bundestagsverwaltung hält an ihrer Auffassung fest, dass die umstrittenen Auslandsreisen des hessischen Grünen-Vorsitzenden Andreas Ewald aus parteienrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden seien. Aus der Sicht der Behörde war Ewald nicht als Vertreter seiner Partei unterwegs.

In einer schriftlichen Erklärung unterstrich eine Sprecherin des Bundestags am Mittwoch, „dass es sich bei der Bearbeitung des Vorgangs nicht um ein förmliches Verwaltungsverfahren im Sinne des Vorliegens von Anhaltspunkten für einen möglichen Verstoß der Partei gegen das Parteiengesetz handelt.“

Auslöser der „näheren Betrachtung“ seien vielmehr Anfragen der Grünen und der Presse sowie Aussagen der zurückgetretenen Ko-Landesvorsitzenden Kathrin Anders gewesen, der Bundestagsverwaltung habe bei der Beurteilung des Sachverhalts nicht alles Relevante vorgelegen.

„Reisen keine Einnahmen der Partei“

Doch auch in der dritten Auswertung sieht die Behörde ihre erste Einschätzung sowie die Rechtsauffassung der Partei bestätigt. Demnach stellten Ewalds Teilnahmen an den Reisen „keine Einnahmen der Partei im Sinne der Freistellung von üblicherweise entstehenden Verbindlichkeiten“ dar und seien „somit auch keine Spenden.“ Die zentrale Frage, ob die Partei ohne eine Kostenübernahme von dritter Seite, aufgrund ihrer Satzung, Finanzordnung oder eines Einzelfallbeschlusses zur anteiligen oder vollständigen Kostentragung verpflichtet gewesen wäre, habe die Partei „plausibel verneint“, so die Bundestagsverwaltung.

Schon gegen Ende des vergangenen Jahres hatte die Behörde die Reisen in zwei Stellungnahmen unbeanstandet gelassen. Zuvor hatten die Grünen die beiden Aufenthalte in Israel und in den Vereinigten Staaten als Privatsache deklariert. Damit wollten sie den Vorwurf entkräften, dass es sich dabei sowohl um einen Verstoß gegen die Compliance-Regeln der Grünen als auch um die Annahme von illegalen Spenden handele.

Ewalds Kritiker sahen in seiner Teilnahme an den Programmen, deren Kosten in der Größenordnung von 30.000 Euro gelegen haben dürften, die Annahme geldwerter Vorteile. Solche Zuwendungen sind illegal, wenn sie, wie in diesem Fall, aus dem außereuropäischen Ausland stammen.

Laut Steuerprüfer „alles in Ordnung“

Anders hatte im vergangenen Herbst beklagt, dass die Parteiführung die auf ein anonymes Schreiben aus Darmstadt zurückgehenden Vorwürfe nicht aufkläre. Julia Frank, die Vorsitzende des bei weitem größten Kreisverbandes Frankfurt hatte sich der Kritik angeschlossen. Im Laufe der parteiinternen Auseinandersetzung ließ Ewald zunächst schriftlich mitteilen, dass nach Auskunft des Bundesvorstands und externer Steuerprüfer „alles in Ordnung“ sei.

Später musste er zugeben, dass es nur zu einem „Austausch“ mit der Bundesgeschäftsstelle gekommen sei und man auf einen „kostenpflichtigen externen Prüfungsbericht verzichtet“ habe. Im Dezember trat Anders von ihrem Amt als Ko-Vorsitzende zurück. Am selben Tag kündigten auch Ewald und die übrigen Mitglieder des Vorstands ihren Rückzug an. Sie begründeten ihn mit der Tatsache, „dass das Vertrauen der Partei in den Landesvorstand Schaden genommen hat“.

Vollzogen wird der Rücktritt erst nach der Bundestagswahl am 23. Februar. Danach soll ein neues Führungsgremium gewählt werden. So könne die Parteiführung den Wahlkampf noch organisieren, hieß es zur Begründung. Allerdings tritt Ewald anscheinend inzwischen nicht mehr öffentlich auf.

Die Berichterstattung der F.A.Z. über die Täuschung der Bundestagsverwaltung wies er stets mit dem Hinweis zurück, dass die Bundestagsverwaltung die Auslandsreisen nicht beanstande. Allerdings hatte die Behörde betont, dass sie nicht selbst ermittle, sondern sich in ihrer rechtlichen Bewertung allein auf die „Sachverhaltsdarstellung“ der Partei stütze. Indem die Bundestagsverwaltung im Dezember eine dritte Prüfung des Vorgangs ankündigte, reagierte sie auf die innerparteiliche Entwicklung und die Berichterstattung über die Umstände der Reisen und die Auskünfte, die der Landesvorstand dazu gab.

Als sich etwa das Frankfurter Parteimitglied Florian Chiron und die F.A.Z. unabhängig voneinander nach Ewalds Reisen erkundigten, rechtfertigte die Geschäftsführerin Bärbel Hartmann sie mit der schriftlichen Erklärung, dass den Landesvorsitzenden nach der Geschäftsordnung „die Außenvertretung und die Wahrnehmung von Terminen“ obliege.

Dem entsprach Ewalds Vorgehensweise. Als er knapp zwei Wochen vor dem Flug nach Tel Aviv im April das israelische Generalkonsulat in einer E-Mail um Auskünfte zu den Planungen für die Delegationsreise bat, verwendete er dafür die Signatur der Partei mit seiner in fetten Lettern dargestellten Funktion: Landesvorsitzender.

Was macht nun die Staatsanwaltschaft Wiesbaden?

Dass Ewald seine Reise in dieser offiziellen Eigenschaft antrat, belegt auch die Antwort des Generalkonsulats vom 27. März: „Sehr geehrter Herr Vorsitzender Ewald, schön, dass Sie dabei sind.“ In der Delegationsmappe ist der Parteichef dementsprechend als „Chairman of Alliance 90/The Greens in the State of Hesse“ aufgeführt.

Die Bundestagsverwaltung beeindrucken diese Tatsachen nicht. Der letzte Absatz ihrer Mitteilung lautet: „Eine Aussage der Partei, man begrüße bzw. unterstütze die Reisen von Herrn Ewald, oder die Tatsache, dass Herr Ewald als ein Landesvorsitzender einer Partei eingeladen wurde, bedeuten nicht zugleich, dass Herr Ewald die Reise ,im Auftrag‘ der Partei oder als Vertreter seiner Partei absolviert hätte.“

Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden, die in der Sache seit Monaten „Vorermittlungen“ führt, war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.