Kritik am “Schlagabtausch”
ZDF reagiert: Deswegen war das Publikum parteiisch
07.02.2025 – 15:11 UhrLesedauer: 3 Min.
Die politische Gesinnung des “Schlagabtausch”-Publikums war unüberhörbar. Wie kam es, dass die Gäste bei der ZDF-Sendung so einheitlich waren? t-online hat recherchiert.
Bereits bei der Vorstellungsrunde stellte sich heraus, welche Politiker beim ZDF-“Schlagabtausch” die meisten Unterstützer im Publikum hatten: Nur bei Jan van Aken von der Linken und Felix Banaszak von den Grünen ertönte Applaus. Auch im Laufe der Sendung erhielten nur diese beiden Beifall – im Gegensatz zu den anderen Politikern von CSU, FDP, BSW und AfD.
In den sozialen Netzwerken wurde das offensichtlich sehr einseitig besetzte Publikum kritisiert. Auch innerhalb der Redaktion hat es Unmut erregt, wie t-online aus mehreren Quellen erfahren hat. Beim ZDF geht niemand davon aus, dass die Besetzung des Publikums in dieser Form gewollt war. Es hat sich offenbar durch das seit Jahren genutzte Verfahren so ergeben. Doch wie sieht dieses aus?
Das ZDF erklärt in einer Stellungnahme, dass “sich interessierte Bürgerinnen und Bürger um Tickets bewerben. Bei solchen Sendungen ohne direkte Publikumsbeteiligung ergibt sich daraus in der Regel eine ausgewogene Verteilung.” t-online hat erfahren: Der Zuschauerservice erhält die Bitte, das Publikum zusammenzustellen. Dieser bietet Interessierten dafür einen Online-Überblick und einen Newsletter zu Sendungen, für die Zuschauer gesucht werden. Zu einer eher kurzfristig anberaumten Sendung zu einem so späten Sendetermin wie “Schlagabtausch” um 22.15 Uhr kann das aber nicht ausreichend sein, um die Publikumsplätze zu füllen. Der Zuschauerservice spricht dann gezielt Institutionen an.
In der anschließenden Analyse der Debatte erklärte auch Dominik Rzepka, Redakteur im ZDF-Hauptstadtstudio: “Im Publikum saßen relativ viele Zuschauer und Zuschauerinnen von der HU Berlin und der FU Berlin. Das sind zwei eher linke Universitäten hier in Berlin, die auch extra angeschrieben wurden und eingeladen wurden. Auch von der Hertie School of Governance waren einige im Publikum.” Also wurde doch gezielt nach Gästen gesucht?
Der Sender dementiert bei t-online, ein Publikum “gecastet” zu haben. “Um interessierte Menschen für einen Besuch der Sendung zu gewinnen, wurden im Vorfeld unter anderem auch verschiedene Berliner Institutionen kontaktiert. Das ist ein übliches Verfahren und erfolgt auch mit Blick auf die Möglichkeit einer kurzen Anreise des Publikums.”
So habe etwa auch der FDP- und CDU-nahe Verband Familienunternehmen e. V. am 12. Dezember eine Mail erhalten mit dem Angebot, Freikarten für die Sendung zu bekommen. Im Publikum dürften dann aber eher weniger deren Mitglieder gesessen haben – aus der Geschäftsstelle heißt es, nur ein kleiner Teil der Mitglieder kommt aus Berlin oder dem Umland. Und: “An einem Donnerstag zu dieser Zeit bereiten sich Unternehmer auf den nächsten Arbeitstag vor und liegen im Bett.”
Karten habe das ZDF nach seinen Angaben außerdem etwa dem J.F.K.-Institut für Nordamerikastudien, der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, dem Demographie Netzwerk e. V. und dem Führungskräfte-Netzwerk Tönissteiner Kreis angeboten.
Alle seien gleichzeitig angefragt worden. Wie die Institutionen die Anfrage intern bekannt gegeben haben, wisse das ZDF nicht. In der dritten Kalenderwoche sei die Vergabe nach Reihenfolge der Anmeldungen so lange Vorrat reicht erfolgt. Im Fall vom “Schlagabtausch” ist durchaus denkbar, dass etwa linke Hochschulgruppen von der Einladung erfahren und in ihren Reihen gezielt für Anmeldungen mobilisiert haben.
Die politische Einstellung der Gäste werde nicht abgefragt, heißt es vom ZDF weiter. Man bedauere, dass es beim “Schlagabtausch” zu “einseitigen Reaktionen” gekommen ist. “Während der Sendung konnte die Redaktion aber keinen Einfluss darauf nehmen.”