Merz gegen Scholz: Das TV-Duell der Getriebenen

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Diese Bundestagswahl zeichnet sich dadurch aus, dass die Ankündigung, alles müsse anders, besser werden, im Kontrast dazu steht, dass es dafür keine Aussicht auf eine stabile Mehrheit gibt. Die zweite Besonderheit: Konservativ ist die politische Linke, weil SPD und Grüne zwar alles besser, aber nicht – wie könnte es anders sein – alles anders machen wollen.

Rechts davon überschlägt sich der Reform-, Umkehr- und Revolutionseifer. Doch keiner der Kanzlerkandidaten weiß bisher, wie er in den Wochen nach dem 23. Februar im Bundestag zu einer Kanzlermehrheit kommen soll. Sie wissen nur, mit wem sie diese Mehrheit nicht erreichen können, wollen oder dürfen.

Scholz, der Pro-Grüne, Merz, der Anti-Grüne

Merz hat sich mit allem, was er sagt, auf die SPD als Mehrheitsbeschaffer eingestellt. Schnittmengen gibt es genug, vielleicht reicht es sogar für die eine oder andere Wende.

Insofern täuscht das Duell mit Scholz einen Gegensatz vor, den es nicht gibt, und verrät nur deshalb einen Blick in die Welt nach der Wahl, weil Scholz der Pro-Grüne, Merz dagegen der Anti-Grüne ist.

Scholz muss fest mit diesen Grünen rechnen, weil nur mit ihrer Hilfe das Unmögliche möglich wäre und, wenn es in der Kanzlerwahl um die relative Mehrheit geht, mit Linkspartei und BSW eine linke Kanzlermehrheit zustande kommen könnte.

Die Bereitschaft von Scholz und der SPD zu diesem Husarenstück namens „Rettet die Republik vor dem Rechtsruck“ sollte nicht unterschätzt werden. Mit Blick auf die Straße wird es heißen, das Volk wolle es so.

Merz ist ebenso ein von der AfD Getriebener. Sie ist der Grund, warum er nahezu isoliert dasteht und darum bangen muss, dass gegen die Union keine Mehrheit möglich ist. Deshalb die Zweitstimmenkampagne gegen die FDP, die sich umso mehr als Retterin einer bürgerlichen Mehrheit der Mitte versteht – unter Ausschluss der Grünen.

Jamaika ist somit ein Projekt von gestern; Merz wird ihm nicht nachweinen. Scholz wiederum kann nicht anders, als sich auf das „antifaschistische“ Lager festzulegen. Scholz gegen Merz: Das ist ein Duell um die größere AfD-Angst.