Mehlwurmpulver in Kuchen und Brot? Neue Zulassung für Insekten in Lebensmitteln

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Bei dem Gedanken an Insekten in Lebensmitteln dürften viele Verbraucher die Nase rümpfen. Die EU hat nun aber den Weg für ein weiteres Insektenprodukt frei gemacht. „UV-behandeltes Pulver ganzer Larven von Tenebrio molitor“ ist vom 10. Februar an als Lebensmittel zugelassen. Bis zu vier Prozent eines neuartigen Mehlwurmpulvers dürfen verschiedenen Speisen beigemischt werden. Das können laut einer neuen EU-Verordnung Brot, Kuchen, Nudeln, aber auch Kartoffel- und Käseprodukte oder Obstkompott sein, die „für die allgemeine Bevölkerung bestimmt sind“.

Die Zulassung als „Novel Food“ bezieht sich auf die UV-Behandlung des Insektenpulvers. Mehlkäfer selbst sind in der EU schon seit Jahren als Lebensmittel zugelassen. Wegen ihres wurmartigen Aussehens werden sie auch „Mehlwürmer“ genannt. Der Mehlkäfer ist sonst auch als Vorratsschädling bekannt.

Hersteller des Insektenpulvers ist das französische Unternehmen Nutriearth. Es hat die Zulassung beantragt und nun zunächst für fünf Jahre das alleinige Recht, das Insektenpulver zu vermarkten. Danach können auch andere Unternehmen Antrag auf Zulassung stellen, sofern sie keinen Zugang zu den geschützten Daten von Nutriearth haben.

Zutat: „UV-behandeltes Larvenpulver“

Die Sicherheit des Insektenprodukts wurde von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in ihrem Gutachten 2023 bestätigt. Das französische Unternehmen bewirbt sich als „Hersteller der weltweit einzigen natürlichen und nachhaltigen Vitamin-D3-Quelle“ und nennt Vorteile, die das Pulver in der Ernährung bieten soll. Die Lebensmittelbehörde hingegen weist darauf hin, dass das Pulver „keine wesentliche Quelle für Vitamin D3 darstellt“, obwohl der Gehalt durch die UV-Behandlung erhöht wird.

Für den Verbraucher muss auf dem Etikett erkennbar sein, ob Insekten enthalten sind. Die Zutat muss als „UV-behandeltes Larvenpulver“ deklariert werden. Risiken bestehen für Allergiker: Wer gegen Hausstaubmilben oder Krebstiere allergisch ist, könnte auch auf Mehlwurmpulver reagieren. Ein Warnhinweis ist daher Pflicht. „Weitere Untersuchungen zur Allergenität werden dringend empfohlen“, heißt es in der Verordnung. Für Insektenpulver in Lebensmitteln sind Höchstgehalte zwischen einem und vier Prozent festgelegt.

Die EU-Kommission erklärte, Verbraucher hätten weiterhin das Recht, selbst zu entscheiden, ob sie Insekten in ihre Ernährung aufnehmen wollen. „Die Verwendung von Insekten als alternative Proteinquelle ist nicht neu, und Insekten werden in vielen Teilen der Welt regelmäßig verzehrt“, heißt es auf der Internetseite. Der Mehlwurm ist nicht das einzige Insekt, das in der EU zugelassen ist. Das erste, das zugelassen wurde, war die Larve des Mehlwurms. Später folgten die Wanderheuschrecke, die Hausschrecke und die Larve des Getreideschimmelkäfers. Je nach Zulassung werden die Insekten in getrockneter, tiefgefrorener, pastöser oder pulverisierter Form eingesetzt. Weitere Anträge für sogenanntes Novel Food liegen der EU-Kommission vor.

Insekten als effiziente Eiweißlieferanten?

Viele Menschen erwarten, dass essbare Insekten einen wichtigen Beitrag leisten können, um die Welternährung zu sichern. Angesichts der rasant wachsenden Weltbevölkerung gilt es, weitere Eiweißquellen für Lebens- und Futtermittel zu erschließen. Die Welternährungsorganisation FAO sieht in Insekten ein großes Potential. Sie sind reich an Proteinen, Mineralien und Vitaminen und könnten als kostengünstige Rohstoffquelle für Unternehmen interessanter werden. Insekten benötigen im Vergleich zu Nutztieren relativ wenig Ressourcen, um eine bestimmte Menge an Eiweiß zu produzieren.

Kritiker bezeichnen Insekten dagegen als „Ekelessen“. Auch auf EU-Ebene stieß die Regelung auf Widerstand, vor allem bei rechten Fraktionen wie im italienischen Senat. Gian Marco Centinaio, Vizepräsident des italienischen Senats, kritisierte: „Europa besteht darauf, Larven und anderen Müll auf unsere Tische zu bringen.“ Auch in Deutschland regt sich Widerstand.

Ob sich die Verbraucher in Europa mit dem Gedanken anfreunden können, Krabbeltiere zu essen, ist fraglich. Studien zeigen, dass die Mehrheit der Konsumenten skeptisch ist. So hat das EU-Forschungsprojekt „Sustainable Insect Chain“ herausgefunden, dass 64 Prozent der befragten Deutschen Never-Taker sind, die den Verzehr von Insektenprodukten grundsätzlich ablehnen. Ekel und Angst vor Gesundheitsrisiken sind die Hauptgründe für diese Ablehnung.

Studienautorin Mariam Nikravech stellt fest: „Mit der Information, dass Insekten reicher an Proteinen und Mineralstoffen sind als Fleisch, sind die ‚Nie-Taker‘ offener geworden.“ Um die grundsätzliche Ablehnung der Verbraucher abzubauen, sei es wichtig, „dass sie mit insektenbasierten Lebensmitteln in Kontakt kommen und sie probieren können“. Akzeptanzstudien sehen dabei vor allem Chancen für „unsichtbare“ Insektenzutaten wie Pulver.