Deutschlandticket nicht so beliebt wie erhofft

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Das Deutschlandticket ist nicht so beliebt wie erhofft: Rund eineinhalb Jahre nach der Einführung nutzen bisher rund 13,5 Millionen Menschen das Monatsticket für den gesamten öffentlichen Nahverkehr. Dies gab der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) am Montag bekannt. Die Branche hatte dagegen darauf gehofft, dass sich bis Ende 2024 bis zu 15 Millionen Menschen für das stark subventionierte Ticket entscheiden. Bisher zeigen sich aber vor allem noch die Unternehmen zurückhaltend dabei, ihren Mitarbeitern verbilligte Jobtickets anzubieten.

Hoffnung machen dagegen die Reaktionen der Kunden auf die erste Preiserhöhung von rund 20 Prozent. Diese hat dazu geführt, dass das Ticket Anfang des Jahres von 49 Euro auf 58 Euro im Monat gestiegen ist. Dies habe jedoch keine Kündigungswelle ausgelöst, betonte VDV-Präsident Ingo Wortmann am Montag in Berlin.

Die Situation der Verkehrsunternehmen bleibt deshalb schwierig, weil die Zukunft des Deutschlandtickets über das Jahr 2025 hinaus weiterhin unklar ist und stark vom Ausgang der Bundestagswahl abhängt. Erst am Montag hatte der neue Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU), das Ticket infrage gestellt.

Den Anstieg der Fahrgastzahlen nannte Wortmann dagegen sehr zufriedenstellend. Die Branche nähere sich den Zahlen von vor der Pandemie weiter an, in größeren Städten seien diese schon wieder erreicht worden. Rund 9,8 Milliarden Mal nutzten Menschen hierzulande Bus und Bahn. Im Jahr 2023 waren es 9,4 Milliarden. Damit liegt die Branche allerdings noch immer unterhalb des Fahrgastaufkommens aus dem Rekordjahr 2019, als mehr als 10,4 Milliarden Fahrgäste unterwegs waren.

Lohnerhöhungen bei Bus- und Bahnpersonal verursachen höhere Kosten

Ebenso positiv haben sich auch die Einnahmen der Verkehrsunternehmen entwickelt. Sie sind von rund 14,2 Milliarden Euro 2023 auf etwa 16,1 Milliarden Euro im vergangenen Jahr gestiegen. Das deutliche Plus kann aber nicht die deutlich gestiegenen Kosten abdecken. Dies liegt nach Angaben des VDV vor allem an höheren Personalkosten. Dabei steht die nächste Lohnerhöhung an. In Berlin zum Beispiel streikten am Montag die Fahrer von Bussen und U-Bahnen, um Lohnerhöhungen von 750 Euro im Monat durchzusetzen. Zudem verlangt die Gewerkschaft Verdi ein 13. Monatsgehalt sowie weitere Zulagen. Auf der anderen Seite sei es den Verkehrsunternehmen bisher nicht gelungen, die Einführung des Deutschlandtickets für Einsparungen beim Vertrieb zu nutzen, wie Wortmann einräumte. Wegen der ungewissen Zukunft seien die Verkehrsverbünde gezwungen, zwei parallele Abo­systeme vorzuhalten, argumentierte er.

Für die Branche bleibt das Deutschlandticket eine Belastung, weil der eigene Spielraum der Unternehmen dadurch kleiner wird. Einer jüngsten Umfrage des VDV zufolge arbeiten inzwischen 94 Prozent der Unternehmen nicht mehr wirtschaftlich erfolgreich. Die Einnahmen aus dem Deutschlandticket sowie die Zahlungen von Bund und Ländern machen inzwischen den Großteil der Einnahmen aus.

Bei der Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 haben Bund und Länder vereinbart, den niedrigen Ticketpreis jedes Jahr mit insgesamt drei Milliarden Euro zu subventionieren. Damit gleicht der Staat die Mindereinnahmen aus, die dadurch entstehen, dass dieses Abo andere, deutlich teurere Abomodelle ersetzt hat. Bund und Länder geben deshalb je 1,5 Milliarden Euro dazu. Allerdings gibt es darüber schon seit Beginn an Streit. Zum einen fürchten die Verkehrsunternehmen, dass die Zuschüsse nicht ausreichen – im vergangenen Jahr beliefen sich die Mindereinnahmen auf 3,45 Milliarden Euro. Zum anderen monieren die Bundesländer immer wieder, dass der Bund seine Zuschüsse erhöhen soll. Zuletzt hat der bayerische Verkehrsminister Bernreiter eine komplette Streichung der Mittel seines Landes in Aussicht gestellt. „Aus bayerischer Sicht muss der Bund die Kosten künftig ganz übernehmen, schließlich war das Deutschlandticket – wie der Name schon sagt – ein Wunsch des Bundes“, sagte er. Die Union hat die Zukunft des Tickets bisher offengelassen.

VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff zeigte sich indes zuversichtlich, dass das Deutschlandticket auch über 2025 hinaus noch existieren werde: „Das Deutschlandticket wird bleiben.“ Denn es fehle die politische Kraft zur Abschaffung. Gleichwohl mahnte er Änderungen an. Den für die Einführung zuständigen Bundesverkehrsminister Volker Wissing lobte er einerseits, weil dieser erkannt habe, dass Deutschland in die Infrastruktur der Eisenbahn deutlich mehr investieren müsse, andererseits nannte er ihn einen „konzeptionellen Totalausfall“.