Seit Jahren kritisiert der reichste Mann der Welt die KI-Firma, nun will er sie plötzlich mit einer Gruppe Investoren kaufen. Tatsächlich könnte das Angebot die Zukunftspläne durchkreuzen, die der CEO Sam Altman für seine Firma hegt.
Die jahrelange Fehde zwischen Elon Musk und Open AI hat am Montag eine überraschende Wendung genommen: Der reichste Mann der Welt hat dem Aufsichtsrat von Open AI unaufgefordert ein Angebot vorgelegt, mit dem eine Investorengruppe unter seiner Führung die KI-Firma für 97,4 Milliarden Dollar kaufen will. «Es ist an der Zeit, dass Open AI wieder zu der Open Source, auf Sicherheit fokussierten Kraft für das Gute wird, die es einst war», schrieb Musk in einer Stellungnahme. «Wir werden sicherstellen, dass das auch passiert.»
Altman lehnt das Angebot ab
Musk und Altman zählten 2015 zu den Mitgründern von Open AI; die Nichtprofitfirma verschrieb sich damals einer KI-Forschung, von der «die ganze Menschheit profitieren» sollte. Nach internen Verwerfungen verliess Musk Open AI, Altman wurde 2019 neuer CEO – und krempelte die Firma um: Er führte eine Profit-Einheit ein, die es dem Startup erlauben würde, Investorengelder – beispielsweise von Microsoft – aufzutreiben. Als Open AI 2022 den Chatbot Chat-GPT auf den Markt brachte und Altman über Nacht zum Gesicht der KI-Revolution wurde, begann Musk plötzlich, Altman und Open AI öffentlich zu kritisieren.
Seitdem liefern die beiden Unternehmer sich einen Dauerstreit, oft prominent in den sozialen Netzwerken. Musk hat Open AI sogar verklagt, weil die Firma von ihrem Gründungsversprechen abgerückt sei, nicht nach Profit zu streben. Kritiker werfen Musk wiederum vor, nur Vorteile für seine eigene KI-Firma xAI zu verfolgen, die mit Open AI konkurriert.
Sam Altman antwortete am Montag auch postwendend auf Musks Angebot und schrieb auf der Plattform X: «Nein Danke, aber wir kaufen Twitter für 9,74 Milliarden Dollar, wenn du magst.»
no thank you but we will buy twitter for $9.74 billion if you want
— Sam Altman (@sama) February 10, 2025
Er spielte damit darauf an, dass Musk schon einmal eine unliebsame Plattform mit einer feindlichen Übernahme aufgekauft hatte: 2022 hatte er Twitter, heute X, unaufgefordert ein Angebot über 44 Milliarden Dollar unterbreitete, das der Aufsichtsrat der Plattform nicht ablehnen zu können glaubte.
Open AI steckt in einer riesigen Umstrukturierung
So gern Altman die Offerte von Musk als schlechten Scherz abtun möchte, dies wird wohl nicht so einfach möglich sein. Tatsächlich dürfte Musks Angebot nun die Pläne verkomplizieren, die Altman selbst mit der Firma verfolgt.
Der CEO ist gerade dabei, Open AIs Firmenstruktur komplett umzukrempeln: Im September kündigte er an, aus Open AI eine profitgetriebene Firma machen und den bisherigen Nichtprofit-Teil ausgliedern zu wollen. Dieser soll künftig Anteile an der klassischen Firma halten und sich so finanzieren.
Gegen diesen Schritt hat Musk, der einst selbst Millionen von Dollar in Open AI gesteckt hatte, ebenfalls geklagt.
Die Umstrukturierung ist ein enorm komplexer Prozess und eine der grössten je erfolgten Umwandlungen einer Wohltätigkeitsfirma in eine profitgetriebene Firma. Bei all dem tickt zudem die Uhr: In der jüngsten Finanzierungsrunde versprach man den Investoren Apple, Microsoft, Nvidia und Co, dass sie ihre Milliarden-Investitionen wieder abziehen dürfen, sollte Open AI den Umbau-Prozess nicht innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen haben.
Open AI wäre so viel wert wie Bytedance
Eine Schlüsselfrage lautet, wie wertvoll Open AI überhaupt ist – und entsprechend auch die neu entstehende gemeinnützige Organisation sein wird.
Bei der jüngsten Investitionsrunde im vergangenen Herbst war Open AI mit 157 Milliarden Dollar bewertet worden. Zurzeit versucht der CEO Altman, erneut 40 Milliarden Dollar aufzunehmen, wie amerikanische Medien berichten – damit läge die Bewertung nun bei stolzen 300 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Das ist so viel wie das chinesische Techunternehmen Bytedance.
Wie die «Financial Times» berichtet, soll man intern für die gemeinnützige Organisation einen Preis von 30 Milliarden Dollar diskutiert haben. Laut Musk wäre das völlig unterbewertet. Sein Anwalt Marc Toberoff hatte sich Anfang Januar schriftlich an die Generalstaatsanwälte von Kalifornien – wo Open AIs Büros sind – und Delaware – wo das Startup rechtlich verortet ist – gewandt und verlangt, dass es ein offenes Bieterverfahren geben müsse, um diesen Marktwert des gemeinnützigen Vermögens zu bestimmen.
Musk Kaufangebot von fast 100 Milliarden Dollar für den Nichtprofit-Arm setzt die Bewertung nun sehr hoch an. Entsprechend könnte Musk, oder wer auch immer den Nonprofit-Arm erwirbt, einen grossen Anteil an der neuen Version des profitgetriebenen Open AI halten. Die hohe Bewertung dürfte auch nicht ganz uneigennützig sein: Sie würde auch eine höhere Rendite für Musks eigene Investitionen bedeuten, die er in den Anfangsjahren in Open AI gesteckt hatte.
Musks Investorengruppe ist bereit, noch höher zu bieten
Gemäss Musks Anwalt Toberoff ist die Investorengruppe nicht an die knapp 100 Milliarden Dollar gebunden – man sei auch bereit, mit jedem anderen Angebot gleichzuziehen oder es zu überbieten. Es sei entscheidend, dass die Nichtprofit-Firma «einen fairen Ausgleich für das erhält, was Open AIs Führung ihr entzieht: die Kontrolle über die transformativste Technologie unserer Zeit.»
Wie das «Wall Street Journal» am Montag berichtete, hat Musk eine ganze Gruppe an Investoren in dem Angebot vereint – und auch seine eigene KI-Firma xAI zählt dazu. Sie könnte im Fall einer erfolgreichen Übernahme mit Open AI zusammengeführt werden.
Musks Kaufangebot könnte auch andere Vorhaben von Altman torpedieren: Der CEO ist gerade dabei, Milliarden von Dollar an Investorengeldern für das Infrastrukturprojekt Stargate einzusammeln, mit dem Open AI und die Tech-Konzerne Oracle und Softbank neue KI-Datenzentren in den USA bauen wollen. Die Unsicherheit, die Musks Kaufangebot nun schafft, könnte diese Bemühungen untergraben.