Mehrheit wünscht sich Kontrolle in sozialen Medien

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Gewalt im Internet

Umfrage: Mehrheit wünscht sich Kontrolle in sozialen Medien

Aktualisiert am 11.02.2025 – 05:00 UhrLesedauer: 3 Min.

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Der US-Unternehmer Elon Musk hatte die Plattform Twitter übernommen und zu X umbenannt. (Archivbild) (Quelle: John Raoux/AP/dpa/dpa-bilder)

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Nahezu kontrollfrei posten, was man auch möchte: Soziale Medien wie Elon Musks X gehen in diese Richtung. Einer lauten Minderheit gefällt das offenbar. Der Mehrheit aber nicht, wie eine Umfrage zeigt.

Hasskommentare, Gewaltandrohungen und Fake News: Einer Umfrage in zehn Ländern zufolge wünschen sich die meisten befragten Menschen eine Einschränkung solcher Inhalte in sozialen Medien. Zugleich denke die Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer inzwischen, dass es unvermeidlich ist, in sozialen Medien Grobheit, Intoleranz oder Hass ausgesetzt zu sein, teilte die Technische Universität München (TUM) mit, die die Umfrage gemeinsam mit der University of Oxford initiiert hat.

“Wir stellen eine weit verbreitete Resignation fest”, sagte Studienleiter Yannis Theocharis von der TUM. “Dieser Gewöhnungseffekt ist ein enormes Problem, weil er nach und nach gesellschaftliche Normen untergräbt und Hass und Gewalt normalisiert.”

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So mancher zog sich bereits zurück – wie sich die X-Nutzerzahlen langfristig entwickeln, ist unklar. (Archivbild) (Quelle: Michael Kappeler/dpa/dpa-bilder)

Ursprünglich seien soziale Medien als Räume angesehen worden, die Meinungsaustausch fördern und Nutzern ermöglichen, unterschiedliche – insbesondere konträre – Perspektiven einzunehmen, heißt es im Bericht der Forschenden. “Inzwischen gibt es jedoch Belege dafür, dass diese Plattformen ein besorgniserregendes Ausmaß an Hassreden, Falsch- und Desinformation und gesellschaftlicher Spaltung ermöglichen.”

Das Team um Theocharis hatte im Herbst 2024 rund 13.500 Menschen in sechs europäischen Staaten sowie in den USA, in Brasilien, Südafrika und Australien einen Fragebogen vorgelegt. Fast vier Fünftel der Befragten befürworten demnach, dass Anstiftungen zu Gewalt in sozialen Medien gelöscht werden sollten. Die größte Zustimmung gab es mit 86 Prozent in Deutschland, Brasilien und der Slowakei, in den USA waren es der Auswertung zufolge 63 Prozent.

Nur wenige wollen Gewaltandrohungen online lassen

Rund 14 Prozent aller Befragten finden demnach, dass Gewaltandrohungen online bleiben sollten, damit Nutzerinnen und Nutzer mit Gegenrede darauf reagieren können. Etwa 17 Prozent denken, dass beleidigende Posts über bestimmte Gruppen als Kritik erlaubt sein sollten. In Deutschland sind es 15, in den USA 29 Prozent, wie es von der TUM heißt.

Müssten die Befragten zwischen dem Verzicht auf die Kontrolle von Inhalten und einer Plattform wählen, die frei von Hassrede und Fehlinformationen ist, würden die meisten Befragten die Moderation bevorzugen, insbesondere um Fehlinformationen zu reduzieren.

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In den USA hatten zuletzt mehrere Social-Media-Plattformen ihre Regularien hin zu uneingeschränkter Meinungsfreiheit geändert. (Archivbild) (Quelle: Andre M. Chang/ZUMA Press Wire/dpa/dpa-bilder)

“Einflussreiche Unternehmer wie Mark Zuckerberg und Elon Musk haben mit dem Vorrang der Meinungsfreiheit gegen die Moderation der Inhalte von sozialen Medien argumentiert”, sagte Theocharis. Die Umfrage zeige aber, dass sich die Mehrheit der Menschen in Demokratien Plattformen wünsche, die gegen Hass und Gewalt vorgehen. “Das gilt sogar für die USA, wo eine weit ausgelegte Meinungsfreiheit als besonders hohes Gut zählt.”

In den USA hatten zuletzt mehrere Social-Media-Plattformen ihre Regularien hin zu uneingeschränkter Meinungsfreiheit geändert. Australien wiederum hat den Social-Media-Zugang für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren verboten.

Dass es bei den Abwägungen zwischen Meinungsfreiheit und Moderation keinen globalen Konsens gibt, zeigt Co-Autor Spyros Kosmidis von der University of Oxford zufolge auch die Umfrage. “Die Vorstellungen der Menschen hängen stark von kulturellen Normen, politischen Erfahrungen und rechtlichen Traditionen in den jeweiligen Ländern ab.”

Die Hauptverantwortung bei der Einschränkung problematischer Inhalte sehen viele Menschen bei den Plattform-Betreibern (Mittel: 35 Prozent, Deutschland: 39 Prozent), in sehr unterschiedlichem Maß auch bei der Regierung (Deutschland: 37 Prozent, Slowakei 14 Prozent). Unterschiedlich groß ist den Daten zufolge auch der Anteil derjenigen, die in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger selbst in der Verantwortung sehen: In Schweden ist er mit 39 Prozent am größten, in Deutschland mit 17 Prozent am kleinsten.

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Soziale Medien haben dazu beigetragen, wichtige Anliegen wie die #MeToo-Bewegung, den Arabischen Frühling und die Black-Lives-Matter-Bewegung zu verbreiten. (Archivbild) (Quelle: Alicia Windzio/dpa/dpa-bilder)