Ist die Vielstimmigkeit der israelischen Regierung kalkuliert?

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Nachdem Drohungen und Ultimaten der Hamas, Israels und Donald Trumps den Fortbestand des Gaza-Abkommens infrage gestellt haben, bemühten Vermittler sich am Mittwoch, die Vereinbarung zu retten. Qatar und Ägypten arbeiteten intensiv daran, die am Montag ausgelöste Krise beizulegen, berichteten Medien. Sie stünden im Kontakt mit den Vereinigten Staaten. Deren Präsident Trump hatte die Freilassung aller Geiseln bis Samstagmittag gefordert. Er reagierte damit auf eine Ankündigung der Hamas, keine weiteren Geiseln freizulassen, bis Israel angebliche Verstöße gegen die Vereinbarung einstelle.

Israel schloss sich Trumps Forderung am Dienstagabend nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts an. Allerdings war die Position der Regierung in Jerusalem auch am Mittwoch unklar. Quellen im Regierungsapparat machten gegenüber israelischen Medien unterschiedliche Angaben. So hieß es am Dienstagabend erst, die Minister unterstützten Trumps Forderung nach der Freilassung aller Geiseln bis Samstag. Dann wurde gemeldet, Israel verlange, dass die Hamas „innerhalb von Tagen“ die verbliebenen neun lebenden Geiseln freilasse, die in der ersten Phase des Abkommens ausgetauscht werden sollen.

Kurz darauf äußerte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sich offiziell. „Wenn die Hamas unsere Geiseln nicht bis Samstagmittag zurückgibt, endet die Waffenruhe“, sagte er. Die Armee würde dann „den intensiven Kampf bis zur endgültigen Niederlage der Hamas wiederaufnehmen“. Schließlich zitierten Medien einen „ranghohen israelischen Regierungsmitarbeiter“ – eine Bezeichnung, hinter der sich offenbar Netanjahu selbst verbarg – wieder mit der Aussage, der Ministerpräsident und das Sicherheitskabinett unterstützten Trumps Ultimatum.

Auch Trumps Statement ist nicht eindeutig

Selbst Netanjahus offizielle Mitteilung kann unterschiedlich ausgelegt werden, je nachdem, wie man „unsere Geiseln“ versteht – alle verbliebenen Entführten oder die drei, die vereinbarungsgemäß am Samstag freikommen sollen? Die Vagheit könnte bewusst gewählt sein, um Verhandlungsspielraum zu lassen. Aus der Bevölkerung und von Sicherheitsdiensten kommt Druck, die Vereinbarung aufrechtzuerhalten, um das Leben der Geiseln nicht noch mehr zu gefährden. Zudem war auch Trumps Statement nicht eindeutig. Er sprach von „allen“ Geiseln, ließ aber offen, ob er alle 76 verbliebenen Geiseln meinte oder die verbliebenen 17 der ersten Phase.

Zu den Aussichten, ob die Vereinbarung hält und am Samstag der nächste Austausch stattfindet, gab es unterschiedliche Einschätzungen. Die israelische Armee hat in Vorbereitung auf eine Wiederaufnahme des Krieges die Einsatzbereitschaft erhöht und Kräfte im Süden des Landes verstärkt.

An der Nordgrenze des Landes zeichnet sich unterdessen ein neuer diplomatischer Konflikt ab. Die israelische Armee will Medienberichten zufolge über den 18. Februar hinaus in Teilen Südlibanons präsent sein. Libanons Präsident Joseph Aoun teilte den USA und Frankreich demnach jedoch mit, dass sein Land den Abzug der israelischen Truppen bis zum gegenwärtig vereinbarten Datum fordere.