Hundehaare können für Jungvögel tödlich sein

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Stand: 13.02.2025 06:42 Uhr

Hunde- und Katzenbesitzer behandeln ihre Tiere oft mit Mitteln gegen Zecken, Flöhe oder Läuse. Diese Tiermedikamente können tödliche Folgen für den Nachwuchs von Singvögeln haben.

Von Jenny von Sperber, BR

Damit es ihre Jungvögel warm und gemütlich haben, polstern viele Vogeleltern ihre Nester weich aus, zum Beispiel mit Moos oder mit Federn. Etwa 75 Prozent der Waldvögel benutzen dafür auch Fell, erklärt die Biologin Cannelle Tassin de Montaigu von der Universität Sussex, “besonders mit Unterfell von Tieren, weil das sehr gut isoliert”.

Während Vögel im Wald häufig Reh-, Fuchs- oder Wildschweinhaare in ihre Nester einbauen, sind es bei den Vögeln in der Stadt meistens Hunde- oder Katzenhaare. Aber genau die können für den Vogel-Nachwuchs tödlich sein, wie eine Studie aus England jetzt nahelegt.

Nervengift kann Embryos schädigen

Hunde und Katzen werden häufig mit Insektiziden gegen Flöhe, Läuse oder auch Zecken behandelt. Diese Mittel können in Hundehalsbändern gegen Zecken enthalten sein, oder sie werden den Tieren auf die Haut getropft, über die sie aufgenommen werden und viele Wochen lang wirken.

Insektizide aber sind Nervengifte. Sie verbleiben auch dann noch in den Haaren, wenn diese als ausgebürstetes Winterfell von einem Vogelpaar gefunden und ins Nest eingebaut werden. “Die Schale von Vogeleiern ist porös”, erklärt die Ornithologin Angelika Nelson vom Landesbund für Vogelschutz, “denn es muss ja ein Sauerstoffaustausch stattfinden. So können aber auch Pestizide in die Schale eindringen und die Entwicklung des Embryos beeinflussen”.

Bei Nesthockern, die nach dem Schlüpfen noch einige Tage nackt im Nest bleiben, kann das Gift aus Hunde- und Katzenhaaren auch später noch wirken.

In allen untersuchten Nestern Fipronil entdeckt

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Universität Sussex haben jetzt 103 Nester von Kohl- und Blaumeisen untersucht und geschaut, ob sie in der weichen Innenschicht Insektizide finden konnten. Und tatsächlich: In allen 103 Nestern hätten sie solche Stoffe nachgewiesen, sagt Erstautorin Tassin de Montaigu: “Wir haben 17 der 20 Substanzen gefunden, auf die wir getestet haben.”

Die Insektizide, die am häufigsten oder in der höchsten Konzentration gemessen wurden, waren solche, die zur Schädlingsbekämpfung bei Haustieren eingesetzt werden: Fipronil war in allen Nestern und Imidacloprid in fast 90 Prozent der Nester.

Beide Stoffe sind innerhalb der EU auf dem Acker verboten. Ihre schädliche Wirkung als Nervengift ist längst bekannt. Auch Nutztiere dürfen nicht mit Fipronil behandelt werden. Anders ist das bei Haustieren: Für sie gibt es keine solche Regulierungen, auch in Deutschland nicht. Hier sind deshalb ähnlich schlimme Folgen für den Meisen-Nachwuchs zu erwarten wie in England, vermutet Angelika Nelson.

Hunde- oder Katzenbesitzer, die unsicher sind, wie sie ihre Tiere am besten vor Zecken oder Flöhen schützen können, sollten sich am besten von ihren Tierärzten beraten lassen.

Tote Jungvögel und Eier in den betroffenen Nestern

Die Biologinnen und Biologen aus England konnten auch zeigen, dass in den Nestern mit einer höheren Konzentration der Insektizide mehr tote Jungvögel gezählt wurden. Und mehr Eier, aus denen nie ein Junges geschlüpft ist.

Dieser Befund sei besorgniserregend, sagt Tassin de Montaigu, denn die Insektizide könnten die Entwicklung ganzer Populationen verändern. Bisher kennen Forschende nur die schädliche Wirkung der Nervengifte auf Vögel, wenn diese kontaminierte Samen gefressen haben. Sie wissen aber nicht, was passiert, wenn nackte Vogelbabys die Stoffe über die Haut aufnehmen.

Haustierhaare richtig entsorgen

Meiseneltern sind also darauf angewiesen, dass Katzen- und Hunderbesitzer vernünftig handeln. Insektizide sollte man bei Haustieren nur einsetzen, wenn es unbedingt nötig ist. “Wenn ich meinen Hund bürste, dann sollte ich die Haare einsammeln und im Restmüll entsorgen”, rät die Ornithologin.

Wer Meiseneltern die Aufzucht ihrer Jungen darüber hinaus erleichtern möchte, kann das zum Beispiel in seinem Garten tun: mit wilden Ecken ohne Pestizide und mit Totholz voller Bio-Insekten. Die sind ideal für Vogeleltern, um gesunde Kinder großzuziehen.