Größte Gefahr für Europa kommt von innen

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US-Vizepräsident JD Vance sagte am Freitag, dass die freie Rede in Europa gefährdet sei. Er nannte verschiedene Beispiele, wo das der Fall sei, etwa die annullierte Wahl in Rumänien. Wenn man in Europa Angst vor den eigenen Wählern habe, „gibt es nichts, was Amerika für euch tun kann“. Die größte Gefahr, die er für Europa sehe, komme von innen. Das sei viel besorgniserregender als Bedrohungen von außen etwa durch Russland oder China, sagte Vance. Er behauptete, die Europäer müssten mehr auf ihre Bürger hören.

„In Washington gibt es einen neuen Sheriff in der Stadt”, sagte Vance weiter. Unter Donald Trumps Führung werde es unterschiedliche Ansichten gegenüber Europa geben. „Aber wir werden dafür kämpfen, das Recht zu verteidigen, sie im öffentlichen Raum zu äußern.”

Vance forderte Europa dazu auf, mehr für die eigene Verteidigung zu tun. Es sei ein „wichtiger Bestandteil eines gemeinsamen Bündnisses, dass die Europäer sich stärker engagieren”, sagte er. Die USA müssten sich „auf die Regionen der Welt konzentrieren, die in großer Gefahr sind”. 

„Gemeinsame Zivilisation in eine neue Richtung lenken“

Auf den Anschlag in München von Donnerstag bezogen sagte Vance: Das sei eine schreckliche Geschichte, „die wir viel zu oft in Europa und leider auch zu oft in den Vereinigten Staaten gehört haben“. Ein Asylbewerber, oft ein junger Mann Mitte 20, der polizeibekannt sei, rase in eine Menschenmenge, so Vance. Der mutmaßliche Täter in München war den Behörden als Zeuge durch seine Arbeit als Ladendetektiv bekannt, wie der bayerische Innenminister am Donnerstagabend erklärt hatte.

„Wie oft müssen wir diese entsetzlichen Rückschläge noch erleiden, bevor wir unseren Kurs ändern und unsere gemeinsame Zivilisation in eine neue Richtung lenken“, fragte Vance. Kein Wähler sei an die Wahlurne gegangen, „um die Schleusen für Millionen ungeprüfter Einwanderer zu öffnen“.

Steinmeier fordert Vance auf, mit Partnern zu sprechen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnete die Münchner Sicherheitskonferenz zuvor mit dem Appell, dass Deutschland künftig mehr in seine Verteidigung investieren müsse. „Wir haben den Weckruf gehört“, sagte er am Freitag mit Bezug auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Bundeswehr müsse stärker werden.

Steinmeier sprach sich dafür aus, dass Deutschland mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für seine Verteidigung ausgebe. Das Zweiprozentziel stamme aus einer anderen Zeit. Nun müsse „deutlich mehr“ aufgewendet werden als damals vereinbart. „Daran geht kein Weg vorbei, und jede neue Bundesregierung wird dafür die notwendigen finanziellen Spielräume schaffen müssen.“

Steinmeier äußerte sich zu einer möglichen Reduktion von US-Truppen in Europa, über die derzeit spekuliert wird. Er habe am Morgen mit US-Vizepräsident J. D. Vance über dieses Thema gesprochen und ihm gesagt: „Was immer ihr entscheidet, besprecht es mit uns.“ Keiner könne ein Interesse daran haben, die NATO zu schwächen oder sogar infrage zu stellen. Steinmeier sagte weiter: „Die neue amerikanische Administration hat ein anderes Weltbild als wir. Eines, das keine Rücksicht nimmt auf etablierte Regeln, auf gewachsene Partnerschaft und Vertrauen.”

Der Bundespräsident zeigte sich zudem besorgt über die Machtkonzentration bei Unternehmern in den USA. Dort bilde sich „derzeit eine, ich glaube, historisch beispiellose Konzentration von technologischer, finanzieller und politischer Macht heraus”, sagte Steinmeier. „Als Demokrat macht es mir Sorge, große Sorge, wenn eine kleine unternehmerische Elite die Macht, die Mittel und den Willen hat, einen wesentlichen Teil der Spielregeln liberaler Demokratien neu zu bestimmen.” Steinmeier ging aber auch auf Washington zu: Die Lastenteilung für die NATO müsse ausgeglichen sein. „Mein Land wird seinen Beitrag dazu leisten.“

Von der Leyen: Angedrohte US-Zölle werden beantwortet

Steinmeier sprach auch das Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsidenten Wladimir Putin an. Trump verkündete danach, dass man sich auf den Beginn von Verhandlungen geeinigt habe. Von europäischen Partnern wurde gemahnt, dass es keine Verhandlungen ohne die Ukraine und Europa geben dürfe. Ein bloßes „make a deal and leave“, so Steinmeier, würde alle schwächen: Ukraine, Europa und auch die USA. Deshalb müsse die gemeinsame Unterstützung für die Ukraine weitergehen.

Steinmeier versicherte: „Auf Deutschland ist Verlass.“ Deutsche Außenpolitik bleibe europäisch, transatlantisch und multilateral. „Europa bleibt Dreh- und Angelpunkt unserer Politik.“ An die amerikanischen Alliierten gerichtet sagte er, dass es untereinander unterschiedliche Weltansichten gebe – aber viele gute Gründe zusammenzuarbeiten.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte am Freitag bezüglich der angedrohten US-Zölle gegen Europa, dass diese beantwortet würden. Handelskriege und Zölle „machen keinen Sinn“. Europa sei bereit, Vereinbarungen zu treffen, die allen helfen würden.

Auf den Ukrainekrieg bezogen sagte von der Leyen, dass Putin vor Verhandlungen zeigen müsse, „dass er seine Ambition aufgegeben hat, die Ukraine zu zerstören“. Von der Leyen mahnte, eine gescheiterte Ukraine würde Europa schwächen, aber auch die Vereinigten Staaten. Sie warb für gesteigerte europäische Verteidigungsausgaben.