Lilium kämpft um Investorengelder: Insolvenz droht erneut

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Die 750 Mitarbeiter von Lilium , dem selbst ernannten Pionier in der elektronischen Luftfahrt, haben auch am Freitag noch auf ihre Gehälter warten müssen. Denn das versprochene Geld des Investorenkonsortiums, das seinen Einstieg kurz vor Weihnachten mitgeteilt hatte, ist bislang noch nicht eingegangen. Im Umfeld von Lilium, das Unternehmen sitzt in Gauting bei München, wird von einer schwierigen Situation gesprochen. Es werde an einer Zwischenlösung gearbeitet, damit die Mitarbeiter ihr Geld erhalten.

Investor sagt Überweisung zu

Noch wartet der Geschäftsführer Severin Tatarczyk, ein Vertrauter von Unternehmer Frank Thelen, der zu dem Investorenkonsortium gehört. Dieses hat eine Geldspritze von 200 Millionen Euro zugesagt, von denen der slowakische Investor Marian Boček mehr als 150 Millionen Euro tragen soll. Dieser soll die Überweisung seiner Mittel vor wenigen Tagen zugesagt haben, hieß es. Das erklärt, warum Tatarczyk mit dem neuen Insolvenzantrag zögert – er hofft auf die Überweisung.

Es wäre der zweite von Lilium innerhalb weniger Monate. Den ersten Insolvenzantrag hatte Lilium Ende Oktober gestellt. Kurz vor Weihnachten gab das Investorenkonsortium seinen Einstieg bekannt. Das von der Berliner Risikokapitalgesellschaft Earlybird und dem Münchner Beteiligungsberater General Capital organisierte Konsortium will nur die beiden operativen Gesellschaften Lilium GmbH und die Lilium eAircraft GmbH übernehmen. Die Dachgesellschaft, die an der US-Technologiebörse Nasdaq notierte Lilium NV, bleibt dagegen insolvent.

Zu den neuen Geldgebern zählen der deutsche Batterieentwickler Customcells , der Start-up-Finanzierer 468 Capital , die Beteiligungsgesellschaft Atomico des Skype-Gründers Niklas Zennström oder die Liechtensteiner Fürstenbank LGT Group von Prinz Maximilian von und zu Liechtenstein. Doch den Löwenanteil soll Boček beisteuern.

Nicht die erste geplatzte Ankündigung

Die Absage bei Lilium wäre nicht die erste geplatzte Ankündigung des 42 Jahre alten slowakischen Investmentbankers und CEO des mit chinesischen Investoren verbandelten Batterieproduzenten InoBat . Im Herbst 2022 hatte Boček Pläne für den Bau einer Batteriefabrik in Spanien für zwei Milliarden Euro vorgelegt, ein Jahr später für eine in Serbien. Von beiden Vorhaben hörte man später nichts mehr.

Schon im Jahre 2020 hatte Boček im Gespräch mit dieser Zeitung angekündigt, die ersten Batterien Ende 2021 aus einer neuen Produktionsstätte in der Slowakei auszuliefern. Tatsächlich wurde das InoBat-Forschungs- und Entwicklungszentrum im vergangenen Frühjahr in Betrieb genommen und dort auch erste Batterien produziert. Ob der Produktionsstart in der von der slowakischen Wirtschaftsministerin Denisa Saková im vergangenen Juni für 1,2 Milliarden Euro angekündigten neuen InoBat-Gigafabrik mit 1500 Arbeitsplätzen 2026 erfolgen wird, bleibt abzuwarten.

Strohmann für die Chinesen?

Boček war es früh gelungen, Investoren für seine Projekte zu gewinnen, darunter den tschechischen Energiekonzern ČEZ oder, als strategischen Investor, den Rohstoffkonzern Rio Tinto, der sich wiederum darum bemüht, in Serbien eine große Lithium-Mine zu erschließen. Größter Anteilseigner an InoBat war seit September 2023 der chinesische Batteriehersteller Gotion High Tech, der nach damaligen Angaben beider Unternehmen 25 Prozent der InoBat-Anteile erwarb.

Die „Bild“-Zeitung zitierte Boček unlängst jedoch mit der Bemerkung, der Gotion-Anteil liege nur bei 10 Prozent. Mutmaßungen, er könne bei dem Lilium-Investment als Strohmann für andere, chinesische Geldgeber wirken, hatte Boček zurückgewiesen. An Gotion hält Volkswagen wiederum einen Anteil von mehr als 25 Prozent. Lilium war als potenzieller Abnehmer von InoBat-Batterien im Gespräch – was das Interesse Bočeks an dem Start-up erklärte.