Ehe und Lebenspartnerschaften rechtlich gleichstellen

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Alice Weidel lebt mit einer Frau zusammen, die beiden ziehen zwei Kinder auf. Eine Familie sind sie aber nicht. Jedenfalls, wenn man das Programm der Partei zum Maßstab nimmt, deren Vorsitzende Weidel ist. Die AfD beschreibt als „Keimzelle der Gesellschaft“ die Konstellation „Vater, Mutter, Kinder“. Folgerichtig wird Weidel in Interviews immer wieder damit konfrontiert, wie ihr Lebensentwurf zu ihrer Partei passe. So auch am Montagabend in der „Wahlarena“ der ARD.

Wie üblich wollte die Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl da keinen Widerspruch erkennen. Allerdings fügte sie noch etwas hinzu: Der Staat solle sich nicht in Partnerschaftsmodelle einmischen. Im Übrigen sollten eingetragene Lebenspartnerschaften, wie sie eine führe, rechtlich mit der Ehe gleichgestellt werden. „Warum sollten ich und meine Frau nicht steuerlich gleichgestellt sein, wie in einer normalen Ehe?“

Weil eine Gemeinschaft von zwei Frauen (oder zwei Männern) eben nicht auf die Hervorbringung von Kindern angelegt ist, anders als die Ehe von Mann und Frau. So lautet das Argument der Gegner der Ehe für alle. Aus dem Wortlaut des Grundgesetzes sei klar die Absicht erkennbar, „die Ehe an die Geschlechterverschiedenheit der Ehepartner zu binden“, wie es in einem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion im Bundestag aus dem Jahr 2018 heißt. Damals wollte die AfD die Ehe für alle abschaffen. Unter dem Antrag stand auch der Name von Weidel. Sie war damals bereits Fraktionsvorsitzende.

Keine Gleichsetzung von Ehe und Partnerschaft

Zur Begründung hieß es damals auch, durch die Rückkehr zur engeren Definition von Ehe würde die gesellschaftliche Realität anerkannt, „in der es zwar verschiedene Arten von Partnerschaften gibt, ohne dass jedoch die Unterschiede zwischen ihnen nivelliert würden“. Die Ehe sei eben nicht mit einer Lebenspartnerschaft gleichzusetzen. Daraus ergibt sich, dass die Lebenspartnerschaft auch nicht unter dem besonderen Schutze des Staates stehen muss.

Die zitierte Formulierung im Wahlprogramm unterstreicht diesen Punkt. Weidels Aussage steht aber nicht nur im Widerspruch zum Programm, sondern wirft auch in sich Fragen auf. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde schon 2013 die steuerliche Gleichstellung von Lebenspartnern und Eheleuten eingeführt.

In der ARD-Sendung antwortet Weidel auch einem jungen Schwulen, der seine Angst vor der AfD zum Ausdruck brachte, sie setze sich dafür ein, „dass Sie frei nach Ihrer Façon leben können, so wie ich das Gott sei Dank auch kann“. Allerdings blieb unklar, unter welchen rechtlichen Bedingungen und was etwa wäre, wenn der Zuschauer sich als trans- statt als homosexuell beschrieben hätte. Die AfD setzt sich laut Programm gegen den „Transkult“ und „Genderideologie“ ein.

Dies wiederum hindert auch viele Homosexuelle nicht, die AfD zu wählen. Vor einigen Tagen erregte eine nicht-repräsentative Online-Umfrage der Dating-Plattform „Romeo“ Aufmerksamkeit. Sie wird vor allem von schwulen und bisexuellen Männern genutzt. 27,9 Prozent derjenigen, die sich an der Umfrage beteiligten, gaben an, bei der Bundestagswahl AfD wählen zu wollen.