BGH wartet im Streit Künast gegen Facebook auf den EuGH

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Wie weit reichen die Löschpflichten von Plattformbetreibern, wenn in sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram und Tiktok Nutzer falsche Tatsachen oder sonstige rechtswidrige Inhalte verbreiten? Über diese Frage hat am Dienstag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhandelt. Ein Urteil wurde in dem Rechtsstreit zwischen der Bundestagsabgeordneten Renate Künast (Grüne) und dem Facebook-Mutterkonzern Meta noch nicht gesprochen. Der Sechste Zivilsenat will zunächst abwarten, bis der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) sich in einem anderen Rechtsstreit zur Haftung eines Onlinemarktplatzes äußert (C-492/23).

Künast will erreichen, dass die Plattformbetreiber mehr Verantwortung für die Löschung illegaler Inhalte und den Schutz gegen digitale Gewalt übernehmen müssen. Konkret geht es um das massenhaft verbreitete Falschzitat der Abgeordneten „Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal Türkisch lernen“. Künast ist der Ansicht, Meta hafte nicht nur für die von ihr wiederholt beanstandeten Posts des Falschzitats. Vielmehr müsse der Konzern von sich aus nach sinn- und kerngleichen Posts suchen und diese entfernen. Vor dem Landgericht Frankfurt hatte ihre Klage Erfolg. Auch das Oberlandesgericht bestätigte, Künast stehe ein weit gefasster Unterlassungsanspruch zu.

Meta hält dagegen, eine generelle Überwachungspflicht gebe es nicht. Vielmehr sei es Sache der Betroffenen, illegale Inhalte auf den Plattformen aufzuspüren und zu melden. Es sei den Unternehmen weder möglich noch zumutbar, identische oder im Kern gleiche Falschnachrichten eigenständig zu suchen. Das Landgericht Frankfurt hatte diesen Einwand jedoch nicht gelten lassen und auf die neuen Möglichkeiten durch Künstliche Intelligenz und Bilderkennung verwiesen.

Nach Ansicht des BGH stellen sich in dem Rechtsstreit auch europarechtliche Fragen. In Betracht kämen womöglich nicht nur nationale zivilrechtliche Ansprüche, sondern ebenfalls Haftungsansprüche nach der EU-Datenschutz-Grundverordnung. Dort sind unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht auf Löschung und ein Recht auf Schadenersatz vorgesehen. Allerdings könnte – zugunsten von Meta – auch das Gesetz für digitale Dienste (DSA) eine Rolle in dem Rechtsstreit spielen. Im DSA heißt es: „Anbietern von Vermittlungsdiensten wird keine allgemeine Verpflichtung auferlegt, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen.“