Jaihyuk Song, der Technik-Vorstand von Samsung Electronics, wirft ein großes Schaubild an die Wand. All die Beteiligten sind darauf zu sehen, die für die Herstellung moderner Chipsysteme benötigt werden: darunter die Hersteller von Equipment, Rohstoffproduzenten, Forschungseinrichtungen und natürlich die Chiphersteller, von denen Samsung einer der größten der Welt ist. „Diese Welt ist ziemlich beeindruckend“, sagt er schließlich. Und allen im Saal ist klar, dass ebendiese über Jahrzehnte gewachsene weltweite Arbeitsteilung in der Halbleiterindustrie derzeit von Donald Trump schwer unter Druck gerät.
Trumps Drohung, auf Chip-Importe in die Vereinigten Staaten Zölle in Höhe von 25 Prozent zu erheben, ist der Elefant im Raum, als Song und einige andere Branchenvertreter am Mittwoch in Seoul die größte Halbleitermesse des Landes, Semicon, eröffnen. Niemand will offiziell darüber sprechen. Aber alle Redner, die zur Eröffnungskonferenz auf die Bühne treten, heben hervor, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit in der Branche sei.
„Kein Land und kein Unternehmen allein kann die Herausforderungen, vor denen die Halbleiterindustrie steht, alleine lösen“, sagt Mary Puma von Axcelis Technologies. Die Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) könne nur durch Zusammenarbeit gelingen, sagt der Vorsitzende des globalen Halbleiterverbands Semicon, Ajit Manocha. Wie ernst die Regierung in Seoul die Bedrohung durch Trumps Handelspolitik sieht, zeigt ein zuvor beschlossenes milliardenschweres Stützungsprogramm, mit dem sie vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen angesichts der zunehmenden Handelsbeschränkungen in den USA und in China unterstützen will.
Herstellung von Halbleitern wichtigste Industrie
Koreas amtierender Präsident und Ministerpräsident Choi Sang-mok fand klare Worte: „Da die neue Trump-Regierung einen Zollkrieg ausgelöst hat, sieht sich Südkorea einer zunehmenden Unsicherheit an der Exportfront gegenüber“, sagte er laut lokalen Medienberichten in einer Kabinettssitzung. „Von nun an wird die Art und Weise, wie ein Land auf den von den USA geführten Handelskrieg reagiert, seine Zukunft bestimmen.“
Für Südkorea ist die Herstellung von Halbleitern die wichtigste Industrie. Branchengrößen wie Samsung Electronics und SK Hynix versorgen von Korea aus Unternehmen in aller Welt mit Halbleitern. Im vergangenen Jahr haben sie Rekordexporte im Wert von 140 Milliarden Dollar verbucht. Das war doppelt so viel wie die Autoindustrie rund um Hyundai. Doch die Zölle, die Trump nun auf Chips androht, könnten das Geschäftsmodell Koreas schwer treffen.
Die „Notfall-Exportstrategie“, die Choi und das Kabinett beschlossen haben, sieht Hilfen im Wert von 366 Billionen Won (244 Milliarden Euro) vor. Damit sollen vor allem kleine und mittlere Unternehmen gestützt werden. Zudem will die Regierung die Wechselkursrisiken für die Unternehmen abfedern und über Kreditgarantien auch die Einfuhr wichtiger Rohstoffe erleichtern. Zusätzlich kündigte die Regierung an, neue Märkte für ihre Vorzeigebranche zu erschließen, um so die Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten und China zu verringern. Dafür sollen in 14 Staaten wie Mexiko und Südafrika Überseebüros eröffnet werden.
Für die Branchengrößen Samsung und SK Hynix stellt sich neben den drohenden Zöllen auch noch die Frage, wie es mit ihren Investitionen in den USA weitergeht. Die Trump-Regierung macht keinen Hehl daraus, dass sie das Förderprogramm, mit dem Joe Biden mehrere neue Fabriken in den USA angeworben hatte, für eine Fehlkonstruktion hält und die Konditionen mindestens nachverhandeln will. Samsung will zwei neue Chip-Werke in Texas für 40 Milliarden Dollar bauen und hatte dafür von der Biden-Regierung Subventionen in Höhe von 4,8 Milliarden Dollar erhalten. SK Hynix plant ein Werk in Indiana für 3,9 Milliarden Dollar und rechnete mit Unterstützung im Wert von 450 Millionen Dollar. Noch in dieser Woche werden die Vorstandsvorsitzenden führender koreanischer Konzerne nach Amerika reisen, um US-Regierungsvertreter zu treffen.