Die Proteste der Landwirte zu Beginn des vergangenen Jahres haben die Agrarpolitik wieder nach oben auf die EU-Agenda gesetzt. Im vergangenen Sommer hat die von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eingesetzte Kommission von Fachleuten zur Zukunft der Landwirtschaft Empfehlungen vorgelegt. Am Mittwoch hat nun der neue Agrarkommissar Christophe Hansen eine „Vision für die Zukunft der Landwirtschaft“ vorgelegt. Der Luxemburger verspricht darin die Vereinfachung der EU-Regeln für die europäischen Bauern, eine Strategie zur Förderung junger Landwirte, um das Hofsterben zu verlangsamen, und die Angleichung der Vorgaben für die Lebensmittelproduktion für die Einfuhr von Produkten an die für die europäischen Landwirte geltenden Regeln.
Die gefährlichsten, in der EU verbotenen Pflanzenschutzmittel sollten grundsätzlich auch für importierte Agrarprodukte verboten sein, heißt es in der Mitteilung. Das war eine Kernforderung der Landwirte bei Protesten in diesem und dem vergangenen Jahr. Wie genau das aussehen soll, lässt die Kommission allerdings offen. Am Anfang soll zunächst einmal eine Analyse des bestehenden Regelungsrahmens sein, die auch die Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Bauern auf dem Weltmarkt berücksichtigen soll. Die EU müsse dafür weiter auch auf internationale Abkommen setzen.
Was das konkret für die EU-Handelspolitik bedeutet, blieb am Mittwoch offen. Die europäischen Landwirte stellen sich seit Jahren gegen den Abschluss neuer Freihandelsabkommen, da die ihrer Ansicht nach keine fairen Wettbewerbsbedingungen gewährleisten. Sie argumentieren, dass die Bauern aus den Partnerländern geringere Auflagen erfüllen müssten. Das gilt nicht zuletzt für das Ende des vergangenen Jahres abgeschlossene Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten.
Radikaler Budgetumbau könnte Landwirte treffen
Wenig Konkretes enthält die Vision zu der wohl zentralen Frage der laufenden Legislaturperiode: wie viel Geld die Landwirte künftig noch aus dem Haushalt der EU bekommen. Traditionell machen die Subventionen für die Bauern einen Großteil des Haushalts aus. Der Anteil beträgt ungefähr ein Drittel. Die EU steht jedoch vor neuen Herausforderungen. Dazu zählt allen voran der nötige Ausbau der Verteidigungsfinanzierung. Zudem muss die EU von 2028 an die für den Corona-Aufbaufonds aufgenommenen Schulden zurückzahlen. Die Kommission erwägt deshalb einen radikalen Umbau des Budgets, der auch die Landwirte treffen könnte.
Hansen sicherte zu, dass die Landwirte weiter im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU weiter direkte Einkommenshilfen erhalten würden. Die Hilfen müssten aber fairer verteilt werden. Das Geld soll an die Bauern fließen, die sich aktiv an der Lebensmittelerzeugung beteiligen. Der Fokus soll auf jungen Bauern und Neueinsteigern liegen sowie Landwirten in Gegenden mit schwierigen Rahmenbedingungen. Auch die Erzeugung von landwirtschaftlichen Gütern, die für die strategische Autonomie der EU wesentlich sind, soll Vorrang bekommen.