Vor fast drei Jahren hat Mercedes-Chef Ola Källenius am Mittelmeer unter dem Motto „Economics of Desire“ seine Luxusstrategie vorgestellt. Teure Autos mit edler Ausstattung – und am liebsten nur noch elektrisch. Dazu ein ehrgeiziges Ziel von Renditen zwischen zwölf und 14 Prozent. Auch wenn sich die Welt seit den Tagen im Mai 2022 in vielerlei Hinsicht geändert hat, hält Källenius an seiner strategischen Ausrichtung fest.
Gemeinsam mit Technikchef Markus Schäfer und Finanzchef Harald Wilhelm hat der Vorstandsvorsitzende des Autoherstellers bei einem Investorentag anlässlich der Jahresbilanzpressekonferenz am Donnerstag in Sindelfingen deswegen immer wieder die Modelloffensive der kommenden Jahre betont, die Mercedes dahin bringen soll, wo es nach Meinung des aus Schweden stammenden Managers hingehört: zu stabil zweistelligen Renditen durch die Entwicklung der „begehrtesten Autos der Welt“.
Doch bei der Aktualisierung der Strategie war die Tatsache, dass die obersten Manager des baden-württembergischen Traditionskonzerns das Wort „Luxus“ lange nicht mehr so oft gebraucht haben, wie das in der jüngeren Vergangenheit der Fall war, nicht die einzige Änderung. Mercedes reagiert auf die Marktlage mit einem umfassenden Sparprogramm, das nun durch eine Straffung der globalen Produktionsstrukturen ergänzt wird. Neben dem Ende 2024 vorgestellten Paket „Next Level Performance“, mit dem das Unternehmen bis 2027 fünf Milliarden Euro einsparen will, ergreift Mercedes Maßnahmen, um die Kosten in der globalen Produktion innerhalb desselben Zeitraums um zehn Prozent zu drücken.
Schlechte Geschäfte im vergangenen Jahr
Der Konzern reagiert auf die schlechten Geschäfte im vergangenen Jahr, deren Ergebnisse weit entfernt liegen von den Ambitionen, die Källenius am Mittelmeer den Investoren präsentiert hatte. So sank der Umsatz der Autosparte im Jahr 2024 um 4,4 Prozent auf 107,761 Milliarden Euro, der bereinigte operative Gewinn (Ebit) sank um rund 40 Prozent auf 8,677 Milliarden Euro, was einer Umsatzrendite von 8,1 Prozent entspricht. Im Jahr zuvor hatte sie noch 12,6 Prozent betragen.
Mercedes reduziert die globale Produktionskapazität von aktuell 2,5 Millionen Autos auf zwei bis 2,2 Millionen im Jahr 2027. Zuvor war das Unternehmen bereits aus den Werken Hambach (Frankreich), Iracemápolis (Brasilien) und den Montagewerke in Russland und Indonesien ausgestiegen und hatte das Lieferwagenwerk in Argentinien verkauft. Die Produktion des Mercedes GLB im Gemeinschaftswerk mit Nissan endet Ende 2026, ob das Unternehmen die Anteile an dem Werk weiter hält, ist offen.
„Wir werden in Deutschland kein Werk schließen“
„Wir werden in Deutschland kein Werk schließen, aber wir werden die Kapazität auf 300.000 Autos beschränken“, erläutert Finanzchef Wilhelm mit Blick auf die Werke in Sindelfingen, Rastatt und Bremen. „Die Mitarbeiterzahlen werden wir anpassen, indem wir Leiharbeit beenden und die Fluktuation nutzen.“ Eine Zahl, wie viele Stellen von dem Umbau betroffen sind, nannten Wilhelm und Källenius nicht. Insgesamt werde der Produktionsanteil in Ländern mit niedrigeren Kosten als in Deutschland in den kommenden Jahren von 15 auf 30 Prozent verdoppelt. Mercedes wird unter anderem im ungarischen Kecskemét die Produktionskapazität auf 200.000 Autos erhöhen. Dort seien die Kosten rund 70 Prozent günstiger. Zudem plant Mercedes die Verlagerung eines Kompaktmodells nach Ungarn.
Über das Programm „Next Level Performance“ hatten Källenius und Wilhelm das Management Ende vergangenen Jahres informiert, es bezieht alle Bereiche des Unternehmens ein. „Wir werden Personalstrukturen verschlanken, die Ebenen der Verwaltung reduzieren und Teampositionen verändern“, erläuterte Wilhelm. Dazu plant Mercedes, die Kosten für Material zu drücken, indem unter anderem Zulieferer früher in die Planung eingebunden werden und mehr auf Standards gesetzt wird. Die Fixkosten, die das Unternehmen seit 2019 um 19 Prozent gesenkt hat, sollen auf diese Weise bis 2027 noch einmal um zehn Prozent geringer ausfallen.
Produktoffensive soll Wende bringen
Die Produktoffensive, die im März mit der Vorstellung des Mercedes CLA startet und ein Jahr später vor allem mit der C-Klasse als Verbrenner und Elektroversion weitergeht, soll nach den Plänen von Källenius die Wende bringen. Bis die neuen Modelle und die Sparbemühungen greifen und so Renditen stabilisieren, wird es allerdings noch dauern. Für 2025 rechnet Mercedes abermals mit einer Autoproduktion von weniger als zwei Millionen Fahrzeugen. 2024 hatte das Unternehmen 1.983.000 Autos verkauft.
Bei der operativen Umsatzrendite der Autosparte planen Källenius und Wilhelm deshalb mit einem weiteren Absinken und gehen für das laufende Geschäftsjahr nur noch von sechs bis acht Prozent aus. Der Gewinn werde aller Voraussicht nach deutlich unter dem Ergebnis von 2024 liegen. Und die Durststrecke könnte andauern: Auch 2026 verharrt der Absatz nach den Schätzungen von Mercedes unter zwei Millionen, erst 2027 könnte sich das ändern.
Über den gesamten Konzern hinweg mit der Van-Sparte und der Sparte Mercedes-Benz Mobility erlöste das Unternehmen 145,6 Milliarde Euro, das ist ein Minus von 4,5 Prozent. Der operative Gewinn (Ebit) sank um mehr als 30 Prozent auf nun 13,6 Milliarden Euro. Der Free Cashflow im Industriegeschäft lag bei 9,1 Milliarden Euro nach 11,3 Milliarden Euro im Jahr zuvor.