FC Bayern | Thomas Müller eröffnet brisante Mia-san-mia-Debatte

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Ausgerechnet nach dem am Ende souveränen Erfolg gegen Frankfurt schlägt Vizekapitän Thomas Müller beim FC Bayern Alarm. Er eröffnet eine brisante Grundsatzdebatte.

Aus München berichtet Julian Buhl

Thomas Müller war mal wieder ganz in seinem Element. Mit einer Müller-Milch in der Geschmacksrichtung Banane in der Hand, womit auch sonst, stand er in der Interviewzone im Bauch der Allianz Arena und parlierte und parierte dort eine Frage nach der anderen. Es waren ziemlich knifflige dabei.

Bei einem Thema war von lustigen Sprüchen oder Augenzwinkern aber plötzlich nichts mehr zu hören oder zu sehen. Man merkte schon an dem ernsten Tonfall seiner Stimme, dass er etwas Wichtiges zu sagen hatte. Müller warf nämlich selbst eine Frage auf, die ihn momentan offenbar sehr beschäftigt. Und damit stellte er nichts weniger als den Leitgedanken des gesamten Klubs infrage: das “Mia san mia”.

“Wir haben uns den Sieg verdient in diesem Spiel – durch die Art und Weise, wie wir gespielt haben”, begann Müller seine Analyse nach dem eigentlich souveränen 4:0-Sieg des FC Bayern gegen Frankfurt. “Wir haben vielleicht ein bisschen gebraucht, uns auch selber zu glauben”, fuhr Müller dann fort und eröffnete mit den Sätzen, die er noch folgen ließ, dann endgültig die “Mia san mia”-Debatte. “Das muss man schon feststellen, dass in den letzten Wochen oder grundsätzlich, dass manchmal so ein bisschen dieses Selbstvertrauen fehlt bei dem einen oder anderen.”

Ein Umstand, der eigentlich so gar nicht zum Selbstverständnis und traditionell sehr ausgeprägten Selbstbewusstsein des deutschen Rekordmeisters passt. Warum die Münchner genau das zuletzt bisweilen verloren oder zumindest nicht ausstrahlten, darüber rätselt auch Müller. “Obwohl ja jeder, der beim FC Bayern unter Vertrag steht, irgendetwas Besonderes können muss, ansonsten wäre er nicht hier. Das ist nämlich schon eine ganz enorme Auslese, die hier spielt”, sagte er. “Und da wundere ich mich tatsächlich manchmal darüber, dass wir da nicht grundsätzlich noch mehr Selbstvertrauen haben. Aber wir sind auch Menschen.”

Das nach den beiden glücklichen Remis in Leverkusen (0:0) und gegen Glasgow (1:1) offenbar etwas verloren gegangene Vertrauen habe sich die Mannschaft mit dem am Ende dominanten Auftritt gegen Frankfurt “peu à peu, von Minute zu Minute zurückgeholt”, stellte Müller fest.

Er selbst hatte seine Teamkollegen teilweise auf dem Spielfeld förmlich dazu aufgerüttelt. Konrad Laimer bekam das nach knapp einer halben Stunde am deutlichsten zu spüren, den Müller wild gestikulierend auf dem Platz anblaffte.

“Ich war einen Hauch drüber. Aber der Konni hält das aus”, sagte der Weltmeister von 2014 darauf angesprochen und scherzte: “Dadurch ist mein Schuss enorm fest geworden – weil ich so wütend war, dass er mir den Laufweg nicht angeboten hat.”

Als Vizekapitän gehört es durchaus zu Müllers Aufgaben, seinen Teamkollegen das “Mia san mia” (wieder) einzuimpfen. Oder etwa nicht? “Natürlich, schon! Wir zeigen, dass es wenig Grund gibt, grundsätzlich zu hadern, es jedoch Sinn macht, zu analysieren”, sagte Müller darauf angesprochen. “Aber: Eine Analyse, die darf selbstkritisch sein, nur ohne dieses Selbstvertrauen zu verlieren, dass man jede Sekunde selbst immer noch ein Top-Top-Spieler ist – diesen Grat, der natürlich schmal ist, musst du finden.”