Experten erwarten zeckenreiches Jahr | tagesschau.de

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Stand: 25.02.2025 14:57 Uhr

Zecken sind nach Expertenangaben inzwischen ganzjährig aktiv – Grund dafür sind die milden Temperaturen auch im Winter. Die Blutsauger können unter anderem auch FSME übertragen. Schon zum Anfang des Jahres hat es erste Fälle gegeben.

Experten erwarten wieder ein zeckenreiches Jahr. Die Zecken seien aufgrund meist milder Winter ganzjährig aktiv und überlebten die kalte Jahreszeit, erklärte Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim in Stuttgart. Als Folge treten erste Fälle von Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), einer von Zecken übertragenen virusbedingten Hirnhaut- oder Gehirnentzündung, bereits früh im Jahr auf. Bereits im Januar wurden demnach die ersten FSME-Fälle gemeldet.

Da bis zum Ausbruch der Erkrankungen etwa drei Wochen vergehen, müsse es “mitten im Winter” zu den Infektionen gekommen sein, sagte Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Seinen Angaben nach gab es bereits FSME-Fälle unter anderem in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen.

Wegen milderer Winter sind Zecken mittlerweile auch ganzjährig aktiv.

Zecken schon bei niedrigen Temperaturen aktiv

Zecken sind bereits ab fünf Grad Celsius aktiv. Temperaturen bis zu minus sieben Grad “können sie problemlos für einige Tage aushalten”, betonte Mackenstedt. Üblicherweise treten den Experten zufolge alle zwei Jahre besonders viele FSME-Fälle auf. Nach diesem Zyklus müsste es 2025 weniger Fälle geben. Wie hoch die Erkrankungszahlen am Ende tatsächlich ausfallen werden, ist den Experten zufolge aber noch unklar, weil dies unter anderem auch von Faktoren wie Übertragungsbedingungen abhängt.

Insgesamt gebe es aber einen “steigenden Trend” bei den FSME-Infektionen: Im vergangenen Jahr wurden laut dem Robert Koch-Institut (RKI) bundesweit 686 FSME-Fälle gemeldet. Das war das Jahr mit den bislang zweithöchsten Fallzahlen. Nur 2020 hatten sie mit mehr als 700 bekannten Infektionen höher gelegen. Die Forscher gehen allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus, weil ein Großteil der Infektionen nicht erkannt wird oder mit milden Symptomen verläuft.

“Gibt keine Region in Deutschland, die FSME-frei ist”

Dobler zufolge machen die beim RKI registrierten FSME-Fälle nur zehn Prozent aller tatsächlichen Infektionen aus. “Es gibt keine Region in Deutschland, die FSME-frei ist”, sagte Dobler bei einer von der Universität Hohenheim ausgerichteten Pressekonferenz. Die vom RKI ausgewiesene Risikokarte weise lediglich die Gebiete mit einer erhöhten Inzidenz aus, “was die Realität nicht wirklich widerspiegelt”.

Im vergangenen Jahr stufte das RKI bundesweit rund 180 Stadt- und Landkreise als FSME-Risikogebiete ein. Zu den Risikogebieten, in denen mit einem erhöhten Infektionsrisiko nach Zeckenbissen zu rechnen ist, gehören Bayern und Baden-Württemberg sowie Südhessen. Dazu kommen weite Teile Sachsens und Thüringens sowie das südöstliche Brandenburg sowie einzelne isolierte Kreise in anderen Bundesländern.

Experte empfiehlt Impfungen

Dobler empfiehlt grundsätzlich Impfungen unabhängig von der RKI-Karte zu Risikogebieten. Außerdem sollte ganz Deutschland als Risikogebiet bezeichnet werden und nicht mehr nur einzelne Gebiete. Bisherige Risikogebiete könnten künftig als Hochrisikogebiete herausgestellt werden. Auch eine allgemeine Impfempfehlung für ganz Deutschland wäre hilfreich, sagte Dobler. Der Impfschutz sei mit einer Effektivität von über 97 Prozent überaus stark. 

FSME wird durch Viren verursacht, die durch Zeckenstiche übertragen werden können. FSME-Infektionen bei Menschen sind in Deutschland meldepflichtig. Die Krankheit kann Entzündungen der Hirnhäute, des Gehirns und des Rückenmarks auslösen. Bei 99 Prozent der Betroffenen fehlte laut RKI ein Impfschutz. Bundesweit lag die Impfquote demnach im Jahr 2020 bei etwa 19 Prozent.

Neben dem FSME-Erreger können Zecken die von Bakterien verursachte sogenannte Lyme-Borreliose auf Menschen übertragen, die Nervensysteme und Gelenke schädigen kann. Gegen Borreliose, die noch häufiger vorkommt als FSME, gibt es bislang keine Schutzimpfung. Dem RKI zufolge sind nur wenige Zecken mit FSME-Viren infiziert – im Schnitt sind es 0,1 bis fünf Prozent. Den Erreger der Borreliose tragen je nach Region bis zu 30 Prozent der Zecken in sich.