Ein Osterfest ohne frische oder gekochte und gefärbte Eier dürfte für manchen Verbraucher eine absurde Vorstellung sein. Für umso mehr Aufsehen sorgte jüngst ein Marktkommentar der DEU-Eiervertriebsgesellschaft: „Eier wird es geben, aber voraussichtlich nicht vollumfänglich“, heißt es darin. Und weiter: „Inzwischen ist sogar eine Rationierung denkbar.“
Ganz so dramatisch schätzen andere Branchenbeobachter die Lage nicht ein. Hans-Peter Goldnick, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), sieht in den Äußerungen eher einen Weckruf. „Wie soll man sich eine solche Rationierung vorstellen?“, sagt er. Sicher, die Nachfrage am Markt übersteige derzeit das Angebot, räumt er ein. Das sei in diesen Zeiten häufiger der Fall, vor allem in Richtung Ostern. Doch in diesem Jahr sei die Nachfrage besonders hoch, was auch am frühlingshaften Wetter liegen könnte. Außerdem sei der Eierkonsum zuletzt wieder gestiegen.
Goldnick geht aber davon aus, dass sich die Lage wieder normalisieren wird. „Niemand hat den Hahn zugedreht“, sagt er. „Vielleicht haben sich einige Verbraucher aufgrund der übertriebenen Warnungen mit mehr Eiern eingedeckt“, vermutet er. Vereinzelt könne es vorkommen, dass nicht mehr alle Eiersorten oder Farben in jedem Supermarkt erhältlich sind. Das kann zum Beispiel passieren, wenn einzelne Discounter kurzfristig mehr Eier bestellen und diese dann in einer anderen Filiale fehlen, weil die Zentrallager nicht mehr Ware vorrätig haben.
Geflügelpest macht der Branche zu schaffen
Die hohe Nachfrage trifft auf ein knappes Angebot. Zum einen führen Ausbrüche der Geflügelpest (Aviäre Influenza, auch Vogelgrippe genannt) dazu, dass ganze Hühnerherden mit teilweise mehr als zehntausend Tieren getötet werden müssen, sagt Annette Mayer von der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft. Auch in den Niederlanden, dem Hauptlieferanten für deutsche Eier, ist das ein Problem. Deutschland kann sich zu etwa 70 Prozent selbst mit Eiern versorgen, die restlichen 30 Prozent werden importiert.
Deutlich ernster ist die Situation in den Vereinigten Staaten. Dort hat die Vogelgrippe zu einer massiven Krise auf dem Eiermarkt geführt. In den vergangenen Monaten mussten mehr als zehn Prozent der Tiere getötet werden, sagt Goldnick. Die Eierpreise haben sich teilweise verdoppelt. Mancherorts kostete ein Karton Eier bis zu 10 Dollar. Eine Folge: Die Amerikaner versuchen, Eier oder Eierprodukte auf dem deutschen Markt zu kaufen. Laut ZDG-Präsident Goldnick hat Deutschland die Situation mit Blick auf das Seuchengeschehen besser im Griff und trifft mehr Vorkehrungen als Amerika.
Die deutschen Hühnerhalter haben derweil mit hohen Kosten zu kämpfen. Eine „Junghenne“ ist teuer im Einkauf. So neigen viele Landwirte dazu, ihre Hühner länger als üblich zum Eierlegen im Stall zu halten. In der Regel geht die Henne nach einem Jahr zum Schlachter, weil dann die Leistung abnimmt und das Tier unwirtschaftlich wird. Das bringt den gewohnten Zeitrhythmus durcheinander und schlägt sich in einem schwankenden Angebot nieder.
Bis zum bevorstehenden Osterfest am 20. April dürfte die Verbrauchernachfrage nach Eiern jedenfalls nicht nachlassen. Steigende Preise in den Supermarktregalen erwartet Hans-Peter Goldnick allerdings nicht. Dafür gibt es einen zentralen Grund: Handel und Erzeuger legen die Preise in der Regel einmal im Jahr zu Jahresbeginn fest.