Trump könnte Ukraine Internet abschalten

Der amerikanische Präsident Donald Trump will um jeden Preis Frieden in der Ukraine. Über die Köpfe der Ukrainer hinweg verhandelt er mit Putin – und setzt Kiew unter Druck, seinen Plänen zuzustimmen. Nun haben die USA der Ukraine laut der Nachrichtenagentur Reuters damit gedroht, das Satelliteninternet Starlink abzuschalten. Elon Musk, CEO des Starlink-Betreibers Space X, verneint dies zwar. Doch die Sorgen der Ukrainer dürfte das nicht ausräumen.

Denn eine Abschaltung von Starlink hätte potenziell katastrophale Konsequenzen. Das System sei für die ukrainischen Streitkräfte taktisch und strategisch ungeheuer wichtig, sagt Matthias Wachter. Er leitet beim Bundesverband der Deutschen Industrie unter anderem die Bereiche Sicherheit und Raumfahrt sowie die «New Space»-Initiative. Die Bedeutung von Starlink für die Ukraine erlebte er jüngst bei einer Reise nach Kiew im vergangenen Oktober.

Herr Wachter, wie wichtig ist Starlink für die ukrainische Armee heute?

Die Kommunikation innerhalb der ukrainischen Streitkräfte läuft zu grossen Teilen über Starlink. Dieses Satelliteninternet ist für die Ukraine extrem wichtig. Es ermöglicht den ukrainischen Streitkräften, extrem schnell zu kommunizieren und grosse Datenmengen zu verarbeiten.

Könnten die USA Starlink als Druckmittel nutzen, damit die Ukrainer einen Frieden akzeptieren?

Ja, Starlink bietet den USA ein enormes Druckmittel. Ukrainische Kommandanten sagen, ohne Starlink würde an der Front zumindest kurzzeitig Chaos ausbrechen. Starlink ist einer der Grundpfeiler der ukrainischen Verteidigung. Die Gefahr, Starlink zu verlieren, hängt wie ein Damoklesschwert über den ukrainischen Streitkräften.

Wer liefert der Ukraine heute den Starlink-Zugang?

Gegenwärtig ist der ukrainische Zugang über einen Vertrag zwischen dem amerikanischen Verteidigungsministerium und dem Starlink-Betreiber Space X geregelt. Die Kosten werden vom US-Verteidigungsministerium, Polen und anderen europäischen Ländern gedeckt.

Könnten der Space-X-CEO Elon Musk oder Trump Starlink einfach abschalten lassen?

Starlink ist ein System, das in den USA registriert und zugelassen ist. Und der Entscheid, ob und wie es genutzt wird, ist am Ende ein politischer. Natürlich könnte die amerikanische Regierung sagen: «Wir stellen diesen Zugang jetzt ein.» Oder sie stellt die Finanzierung ein. In der Folge würde sich Musk wohl weder dagegen wehren noch für die Finanzierung einspringen.

Wäre es möglich, dass europäische Länder die Finanzierung übernehmen, um Starlink in der Ukraine am Laufen zu halten?

Wenn es nur um die Finanzierung geht, wäre das vorstellbar. Aber wenn die Trump-Regierung die Ukraine unter Druck setzen will und deshalb Starlink den Betrieb untersagt, dann könnten die Europäer nichts machen.

Wie schnell ginge es, der Ukraine das Satelliteninternet abzuschalten?

Technisch wäre das wahrscheinlich rasch möglich.

Was hätte das für Folgen für die Ukraine?

Der Informationsvorsprung gegenüber Russland, den Starlink den Ukrainern auf dem Gefechtsfeld derzeit verschafft, wäre dahin. Die Ukrainer könnten weniger schnell agieren und der Kräftevorteil des Gegners wäre schwerer auszugleichen.

Welche Alternativen hätte die Ukraine?

Der Vorteil von Starlink liegt in der Geschwindigkeit des Datenaustauschs und in den Datenmengen, die verarbeitet werden können. Eine mögliche Alternative wären etwa die Satelliten europäischer Unternehmen wie beispielsweise Oneweb. Sie funktionieren ähnlich wie Starlink, wären aber deutlich weniger leistungsfähig und könnten das System deshalb nicht eins zu eins ersetzen.

Wäre der Krieg für die Ukraine ohne Starlink verloren?

So weit würde ich nicht gehen. Aber es bleibt dabei: Starlink ist für die Ukraine strategisch und taktisch ungeheuer wichtig.

Was für Folgen hätte eine Abschaltung von Starlink über die Front hinaus?

Auch die zivile Internetnutzung in der Ukraine läuft im Wesentlichen über Starlink. Entsprechend wäre eine Abschaltung für die Ukraine als Land, als Gesellschaft, als Volkswirtschaft ein brutaler Einschnitt.