Union und SPD prüfen zwei Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur

7

Union und SPD prüfen, kurzfristig zwei milliardenschwere Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur einzurichten. Das werde zwischen CDU, CSU und SPD besprochen, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Verhandlungskreisen. Details sollen zwischen den drei Parteien ausgearbeitet werden. Die Fachebene prüfe zwar noch andere Varianten. Der Weg mit der Einrichtung zweier Sondervermögen noch mit dem alten Bundestag im März gelte aber als die vielversprechendste Variante. Zudem werde angestrebt, dass eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse spätestens in der nächsten Legislaturperiode von der angestrebten schwarz-roten Koalition angepackt werden solle. Dies ist komplizierter und zeitintensiver, darauf dringen aber neben der SPD etwa parteiübergreifend die Bundesländer. Sowohl von SPD als auch der Union hieß es offiziell, man wolle sich wegen der vereinbarten Vertraulichkeit nicht äußern.

Die Frage der Finanzen muss gleich zu Beginn der Gespräche von Union und SPD geklärt werden, weil Deutschland sowohl beim Thema Sicherheit als auch bei Investitionen vor großen Herausforderungen steht. Als Grundlage für die Beratungen dienten neben einem – nach Angaben aus Teilnehmerkreisen düsteren – Vortrag von Finanzminister Jörg Kukies über die Haushaltslage bei der ersten Sondierungsrunde am Freitag auch gemeinsame Vorschläge von vier Spitzenökonomen.

Diese schlagen nach Reuters-Informationen vor, das Sondervermögen Bundeswehr aufzustocken und daneben ein weiteres Sondervermögen Infrastruktur zu beschließen – noch mit dem alten Bundestag. Für die Bundeswehr sehen die Ökonomen eine Größenordnung von 400 Milliarden Euro, auch um ein Signal an den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu senden. Für die Infrastruktur regen sie an, dass Bund und Ländern 400 Milliarden bis 500 Milliarden Euro in den Preisen von 2025 bereitgestellt werden sollten. Sondervermögen sind Kreditlinien außerhalb des normalen Bundeshaushalts und außerhalb der Regeln der Schuldenbremse.

Bundesbank will Reformvorschläge zur Schuldenbremse vorlegen

Dies sei in der Runde von Clemens Fuest (Präsident des Ifo-Instituts), Michael Hüther (Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft), Moritz Schularick (Präsident des Kieler IfW) und dem Düsseldorfer Ökonomen Jens Südekum unstrittig gewesen, hieß es. Die Runde kam auf Initiative des saarländischen Finanzministers Jakob von Weizsäcker am Donnerstag zusammen, um über die finanzpolitischen Optionen für die Sondierungen zu sprechen.

Auf EU-Ebene schlagen die vier zudem vor, dass es eine milliardenschwere Kreditlinie nach Vorbild des Next-Generation-Fonds zur Überwindung der Pandemie geben könnte. Auch die Bundesbank will Reformvorschläge zur Schuldenbremse vorlegen. Die Union hatte lange Änderungen abgelehnt. CDU-Chef Friedrich Merz hat diese zuletzt nicht mehr ausgeschlossen, will aber strukturelle Reformen und Einsparungen im Haushalt.

Hintergrund des Drucks, schnell zu entscheiden, sind zum einen die russische Bedrohung und die Neuaufstellung der USA, die der Ukraine ihre Militärhilfe und möglicherweise den Europäern ihren Schutz entziehen wollen. Dass die Europäer also sehr viel mehr Geld für ihre eigene Verteidigung und für die Ukraine ausgeben müssten, ist mittlerweile die vorherrschende Meinung in Union und SPD.

Zum anderen hatte Wahlsieger Merz schon am Tag nach der Bundestagswahl erklärt, dass er mit SPD, Grünen und FDP beraten wolle, was mit dem alten Bundestag noch beschlossen werden kann, der bis zum 24. März im Amt bestehen kann. Denn im neuen Bundestag verfügen AfD und Linke zusammen über eine Sperrminorität. Sowohl für eine Reform der Schuldenbremse als auch die Einrichtung oder Aufstockung von Sondervermögen wäre eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig, weil sie im Grundgesetz verankert sind.

Die Linken haben angekündigt, dass sie kein zusätzliches Sondervermögen für die Bundeswehr, möglicherweise aber eine Lockerung der Schuldenbremse für Investitionen mittragen wollen. Im alten Bundestag gibt es diese Sperrminorität nicht. Die Zustimmung auch der Grünen ist allerdings nötig. SPD und Grüne wiederum ist wichtig, dass es nicht nur mehr Geld für die Bundeswehr gibt, sondern auch eine Reform der Schuldenbremse kommt.

Union und SPD hatten am Freitag die Atmosphäre der ersten, stundenlangen Sondierungsrunde gelobt, für die Vertraulichkeit gilt. Über das Wochenende wird über die Finanzthemen weiter beraten. In den kommenden Wochen soll es weitere Sondierungsrunden geben. Merz plant, bis Ostern eine Koalition zu bilden.