Photonischer Chip – schnell und energieeffizient

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Stand: 06.03.2025 15:07 Uhr

Rechenzentren verbrauchen immer mehr Energie. Ein Start-up aus Stuttgart will Abhilfe schaffen und hat einen Chip entwickelt, der mit Licht statt mit Strom rechnet – und deutlich weniger Energie verbraucht.

Künstliche Intelligenz fordert immer mehr Leistung bei den großen Rechenzentren. So braucht eine Anfrage bei Chat-GPT etwa 10-mal so viel Strom wie eine einfache Anfrage bei Google. Das Start-up Q.ANT aus Stuttgart verspricht hier Hilfe.

Q.ANT hat jetzt mit dem Aufbau einer Fertigungsanlage für photonische Computerchips begonnen. Die rechnen nicht mit Strom, sondern mit Licht, sind viel schneller und verbrauchen viel weniger Energie als herkömmliche Prozessoren, verspricht der Hersteller. Bisher galt die Technologie als fehleranfälliger als die strombetriebenen Chips. Dieses Problem will das Stuttgarter Unternehmen nun gelöst haben. Schon in zwei Jahren sollen die ersten photonischen Chips auf den Markt kommen.

Paralleles Rechnen macht den Chip schnell

Einer der Vorteile der photonischen Chips besteht darin, dass sie eine große Zahl von Rechenoperationen gleichzeitig durchführen können. Der Trick: Auf ein und derselben Infrastruktur auf dem Chip kann man mit unterschiedlichen Wellenlängen, also mit verschiedenen Farben, verschiedene Rechnungen parallel durchführen. Unter anderem deshalb sind die Chips so schnell.

Ein weiterer Vorteil: Die Chips rechnen nicht digital – also mit Einsen und Nullen, sondern analog. Das passt vor allem zu Vorgängen in der Natur, die eben nicht digital sind, sondern analog. Hier verändern sich Größen kontinuierlich und machen keine digitalen Sprünge. Das kann man auch am besten analog berechnen – man spart sich also den Umweg über das binäre System.

Schon seit Jahrzehnten haben Forschende versucht, diese der Natur angemessene Rechentechnik zu verwirklichen. Michael Förtsch, einer der Geschäftsführer der Stuttgarter Chipschmiede Q.ANT, erklärt, mit ihrem photonischen Chip sei ihnen der Durchbruch gelungen. “Das ist uns jetzt weltweit zum ersten Mal gelungen, dass wir ein solches Rechenelement, das die von uns aufgestellten Gleichungen der Natur direkt berechnen kann, zum ersten Mal realisiert haben und Ergebnisse in einer Qualität erzeugen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.“

Energie sparen mit Licht

Analoge Rechentechnik zur Berechnung einer analogen Welt. Das ist nachvollziehbar. Aber warum brauchen die photonischen Chips so viel weniger Energie als herkömmliche Rechner? Ein Grund: Sie müssen nicht gekühlt werden. Michael Förtsch erklärt es so: “Strom muss immer über den Chip geschoben werden, das heißt, ich lege eine Spannung an und arbeite gegen einen Widerstand. Licht gleitet einfach über den Chip. Das muss ich nicht anschieben, das braucht weniger Energie.“

Und weil das Licht nicht gegen einen Widerstand arbeiten muss, entstehe auch keine Hitze, also keine Abwärme. So bräuchten die Chips von Q.ANT keine Kühlung. Und das spare eine Menge Energie.

Billige Fertigungstechnik aus den 90ern

Die Firma Q.ANT, die jetzt mit dem Aufbau ihrer ersten Fertigungsanlage in Stuttgart begonnen hat, profitiert von dem enormen Drang zur Miniaturisierung der Schaltpläne auf den herkömmlichen Computerchips, die mit Strom arbeiten. Durch diese Miniaturisierung wurde die Leistung in die Höhe geschraubt aber die ganze Herstellung auch sehr empfindlich und teuer.

Photonische Chips brauchen diese winzigen Strukturen nicht. So kommt Q.ANT für die photonischen Chips günstig an gebrauchte, eigentlich schon veraltete Fertigungstechnik: “Diese Fertigungsanlagen waren Stand der Technik in den Neunzigern in der digitalen Elektronik. Und weil Licht auf diesen großen Strukturen leben kann, können wir diese Fertigungsstätten, wie sie in Deutschland und überall auf der Welt existieren, umrüsten, um sie dann zu den Produktionsstätten für unsere Hochleistungschips der Zukunft zu machen“, so Förtsch.

Probleme beim analogen Rechnen

Paralleles Rechnen, das schnelle Schalten mit Licht, geringer Energieverbrauch: Auch Engjell Bebeti, der am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle zum Thema Photonik promoviert, schätzt dieses Potenzial der photonischen Chips als hoch ein. Er weiß aber auch, dass Forschende schon seit vielen Jahren an der analogen Rechentechnik mit Licht arbeiten und bisher nicht zu befriedigenden Ergebnissen gekommen sind.

Das liegt vor allem an einer gewissen Ungenauigkeit beim analogen Rechnen, sagt Bebeti: “Beim analogen Rechnen im Gegensatz zum digitalen – also mit Nullen und Einsen – gibt es immer Messfehler. Und diese summieren sich auf, je mehr Komponenten man ins System eingibt. Und jetzt ist eben die Frage: Hat man am Ende noch das Ergebnis, was man haben möchte, oder sind zu viele Fehler drin, die dann zu einem falschen Ergebnis führen?“

Es geht um die Skalierbarkeit. Bei einzelnen Chips sind kleine Fehler bei vielen Aufgaben zu vernachlässigen. Aber funktioniert die Technik auch im großen Maßstab, wenn Tausende dieser Prozessoren in Rechenzentren zusammenarbeiten sollen?

“Fehler auf industriemäßig kleines Niveau gedrückt”

Laut Michael Förtsch hat Q.ANT dieses Problem gelöst. “Uns ist es durch den Einsatz unserer Chiptechnik gelungen, den Fehler auf ein industriemäßig kleines Niveau zu drücken, und damit sind wir voll anschlussfähig an die existierende Technologie.“

Man darf gespannt sein, schon in zwei Jahren will Q.ANT die ersten Chips auf den Markt bringen. Spätestens dann wird sich zeigen, ob dem Stuttgarter Start-up tatsächlich der Durchbruch beim analogen photonischen Rechnen gelungen ist.