Skandal der Norweger
Skisprung-Manipulation “ohne jegliche Skrupel”
10.03.2025 – 09:12 UhrLesedauer: 3 Min.

Die Norweger haben zugegeben, Anzüge von ihren Skisprung-Stars manipuliert zu haben. Die anderen Nationen sind entsetzt – und fordern Aufklärung.
Als der Norweger Marius Lindvik bei der WM von der Großschanze nach 139,5 Metern im zweiten Durchgang landete, ballte er die Fäuste und hob die Arme in die Luft. Er schrie seine Freude hinaus und gewann Silber – eigentlich. Denn im Anschluss wurde er disqualifiziert. Der Weltverband Fis begründete die Entscheidung mit einer “Manipulation des Anzugs”.
Fis-Renndirektor Sandro Pertile sagte nach den Disqualifikationen: “Ich bin schockiert. Mit so etwas hätten wir nicht gerechnet. Nach dem Wettbewerb konnten wir die Anzüge besser kontrollieren. Einige hatten etwas Auffälliges.” Was genau? “Hier war die Naht das Problem. Es war ein anderes Material in der Naht. Wir müssen jetzt in Ruhe die Situation anschauen und eine Analyse machen”, so Pertile weiter. Am Sonntagabend gab Norwegens Sportdirektor Jan Erik Aalbu auf einer Pressekonferenz zu, dass das Team bewusst betrogen hat.
Aalbu sagte: “Wir haben Änderungen an den Anzügen vorgenommen in dem Wissen, dass sie nicht legal sind. So wie ich das sehe, haben wir betrogen. Wir haben versucht, das System auszutricksen. Das ist inakzeptabel. Wir haben alle enttäuscht, die das Skispringen lieben.” Das Service-Team der Norweger habe in die Anzüge von Marius Lindvik und Johann André Forfang verstärkte Nähte eingefügt. Ein anonym gefilmtes und aufgetauchtes Video zeigt die Aktion und auch, dass Norwegens Cheftrainer Magnus Brevig dabei saß. In einer Nachricht an die Zeitung “Dagbladet” teilte der Coach mit, dass ihm “unglaublich leid tue, was passiert ist”. Die anderen Nationen und auch der Deutsche Skiverband (DSV) haben jedoch kein Verständnis für solch ein Vorgehen.
DSV-Vorstandsmitglied Stefan Schwarzbach betonte bei der Deutschen Presse-Agentur: “Das macht einen schon sprachlos, wenn man sich vor Augen führt, wie hier offensichtlich ohne jegliche Skrupel manipuliert wurde.” Der deutsche Verband fordert eine lückenlose Aufklärung der Geschehnisse und die damit verbundenen Konsequenzen.
Schwarzbach führte weiter aus: “Fakt ist, dass die Vorwürfe und Verdachtsmomente, die seit gestern im Raum stehen, deutlich weiterreichen als das, was von norwegischer Seite nun eingeräumt wurde.” Laut den Norwegern fand die Manipulation ohne Rücksprache mit den Skispringern statt und sei nur für einen Wettkampf erfolgt. Allerdings gibt es Diskussionen, da Lindvik im Wettkampf von der Normalschanze WM-Gold gewann.
Christian Scherer, Geschäftsführer des Österreichischen Skiverbandes, ist mehr als verärgert. Er sagte in Bezug auf die Norweger und die Pressekonferenz von Aalbu, der sekbst behauptete, nichts gewusst zu haben: “Es gab null Einsicht. Das war sehr eigentümlich, arrogant und nicht sehr glaubwürdig. Auf die wesentlichen und offensichtlichsten Fragen hat er keine Antworten gegeben.”
WM-Sieger Lindvik will von den betrügerischen Methoden seiner Norweger bei der WM in Trondheim nichts gewusst haben. Er erklärte in Bezug auf sich und seinen Teamkollegen Forfang in einer Mitteilung des norwegischen Verbandes: “Wir sind beide völlig am Boden zerstört. Keiner von uns wäre mit einem Anzug gesprungen, von dem wir gewusst hätten, dass er manipuliert war. Niemals.”
Im Interview mit t-online beschwerte sich auch schon die deutsche Skisprung-Ikone Sven Hannawald vor der WM über das Material und die Veränderungen seit Beginn der Saison. Daher meint der 50-Jährige zu t-online: “Ich wünsche mir, dass Messungen durch technische Unterstützung klarer geregelt werden können. So wie die 3D-Messung zu Saisonbeginn, dass diese auch an der Schanze funktioniert. Dass die Springer nicht abhängig von menschlichen Belastungen oder Beeinflussungen sind.”
Warum? “Eine Maschine sagt Grün oder Rot, es gibt kein Gelb. Dementsprechend hoffe ich, dass in nächster Zukunft kein Mensch mehr die Messungen macht, sondern eine Maschine. Menschen sind in jeder Situation beeinflussbar.” Mehr zu der Ansicht von Sven Hannawald lesen Sie hier. Der frühere deutsche Skispringer erklärte zudem als ARD-Experte: “Ich kann das nicht mitangucken. Ich lebe Skispringen, ich liebe Skispringen. Wenn ich so was sehe, das ist ein No-Go.” Dann fügte er an, mit Blick auf die Bedeutung der norwegischen Manipulation für seine Sportart: “Wenn es eine dunklere Farbe als Schwarz geben würde, würde ich die nehmen. Das ist natürlich eine absolute Tragödie und eine absolute Farce.”