Bundesbank-Präsident Nagel warnt CDU und SPD vor zu vielen Schulden

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Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat eine Grundsatzrede genutzt, um der sich abzeichnenden schwarz-roten Koalition ins Gewissen zu reden, nicht mit der Neuverschuldung zu übertreiben. Er hält es für unverzichtbar, im Haushalt „Prioritäten zu überprüfen“, so unpopulär solche Ausgabenkürzungen auch seien. „Dies gilt auch, wenn großvolumige Sondervermögen und Ausnahmen von der Schuldenbremse bei manchen den trügerischen Eindruck vermitteln, es gäbe keine Finanzierungsengpässe“, mahnte Nagel.

Mit mehr Schulden sei letztlich nur für eine Übergangszeit abgeholfen. Danach müsse die Finanzierung über den Haushalt laufen. „Denn mehr Schulden bedeuten auch steigende Zinslasten und weniger Haushaltsspielräume in der Zukunft“, betonte der Notenbanker in seiner Rede in Berlin.

Union und SPD wollen einen Sonderschuldentopf

Die Bundesbank hat vergangene Woche ihr Konzept zur Reform der Schuldenbremse vorgelegt. Es würde den Kreditspielraum Deutschlands ausweiten – allerdings bei Weitem nicht so stark, wie es Union und SPD planen. Die Bundesbank orientiert sich an der 60-Prozent-Schuldenquote aus den EU-Verträgen. Wenn Deutschland mit seinem Schuldenanteil am Bruttoinlandsprodukt über diesem Anteil liegt, hätte der Bund nach dem aus Frankfurt kommenden Konzept einen strukturellen Kreditspielraum von 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Heute liegt er bei 0,35 Prozent.

Die neuen Schulden wären für zusätzliche Investitionen reserviert in die Infrastruktur oder militärische Beschaffung. Ein Drittel der Kreditkomponente des Bundes könnte als Investitionszuschuss an die Länder fließen. Wenn die Schuldenquote unter 60 Prozent liegen sollte, bekäme der Bund nach dem Bundesbank-Modell einen Kreditbonus von 0,5 Prozentpunkten. Diese Mittel könnte er konsumtiv nutzen. Ergänzend regt die Notenbank an, dann auch auf die Tilgung der Notlagenkredite zu verzichten. Mit dieser Reform könnte der Bund insgesamt 220 Milliarden Euro zusätzlich bis zum Jahr 2030 kreditfinanziert ausgeben, wenn die Schuldenquote unter 60 Prozent liegt. Andernfalls wären es rund 100 Milliarden Euro.

Union und SPD wollen einen Sonderschuldentopf neben die Schuldenregel ins Grundgesetz schreiben, um 500 Milliarden Euro mithilfe von Krediten bis 2035 in die Infrastruktur investieren zu könne. Dass diese Investitionen zusätzlich sein müssen, ist nicht vermerkt. Außerdem wollen sie höhere Verteidigungsausgaben (mehr als ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts) von der Schuldenregel ausnehmen. Donnerstag soll die erste Lesung des Gesetzes sein.

Den Grünen, die dafür gebraucht werden, gehen die Änderungen zu weit. Wie Nagel hervorhob, werden allein größere Verschuldungsspielräume Deutschlands Wachstumsschwäche nicht beheben. Die Ursachen säßen tiefer. Er warb für mehr Arbeitsanreize, einen klima- und wirtschaftsfreundlichen Umbau des Energiesektors und Maßnahmen zur Entlastung der Unternehmen. Was er im Einzelnen nannte, deckt sich nur zum Teil mit den schwarz-roten Plänen.