Die von den Verhandlern aus Union und SPD geplante restriktivere Migrationspolitik stößt in mehreren Nachbarstaaten Deutschlands auf Wohlwollen. „Es ist erfreulich, dass sich auch Deutschland dazu bekennt, konsequent gegen illegale Migration vorzugehen“, sagte Österreichs neuer Bundeskanzler Christian Stocker der „Bild“-Zeitung. Der Christdemokrat betonte außerdem, dass sich Österreich für einen robusten Schutz der EU-Außengrenzen einsetze. „Denn je besser die Außengrenzen geschützt sind, desto weniger Probleme gibt es an innereuropäischen Grenzen.“
Dagegen kollidieren die Interessen in Berlin und Wien bei den geplanten Zurückweisungen von Asylbewerbern an der deutsch-österreichischen Grenze. „Das Innenministerium hat deshalb die betroffenen Landespolizeidirektionen angewiesen, unionsrechtswidrige Einreiseverweigerungen seitens der deutschen Behörden nicht zu akzeptieren und über Wahrnehmungen unverzüglich Bericht zu erstatten“, teilte das österreichische Innenministerium am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur mit.
Proteste an polnisch-deutscher Grenze
Kanzler Stocker deutete an, dass Österreich bei Zurückweisungen an der deutschen Grenze seinerseits Menschen zurückweisen könnte, die ein Asylgesuch stellen. „Sollten die Maßnahmen Deutschlands Auswirkungen auf Österreich haben und den Migrationsdruck erhöhen, werden wir entsprechende Maßnahmen setzen, um dem wirkungsvoll zu begegnen“, sagte Stocker der „Bild“-Zeitung. Konkret kündigte der Regierungschef an, dass Österreich im Fall von steigenden Asylzahlen die Asylnotfallklausel aktivieren werde, um das Asylrecht auszusetzen.
Auch der polnische Ministerpräsident Donald Tusk will in seinem Land das Asylrecht aussetzen. Polen begründet seine Haltung mit einer hybriden Bedrohung durch Migranten, die von Russland und Belarus an die Grenze zu Polen gebracht werden. Wie Wien verwehrt sich aber auch Warschau gegen die Rücknahme von an der Grenze zu Deutschland zurückgewiesenen Asylbewerbern. Bereits vorige Woche berichtete das Portal „Wirtualna Polska“, die polnische Regierung wolle bei deutschen Zurückweisungen keine Asylbewerber zurücknehmen und denke über Kontrollen an der Grenze zu Deutschland nach. In einem Gespräch mit Tusk hat Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz demnach aber deutlich gemacht, eine kooperative Lösung anzustreben.
Die Anzeichen für eine veränderte deutsche Migrationspolitik haben auch polnische Nationalisten auf den Plan gerufen. Sie haben am Wochenende den Grenzverkehr zwischen Frankfurt (Oder) und Słubice zeitweise blockiert. In Videos auf der Plattform X waren polnische Fahnen, aber auch Holzbretter mit Stacheldraht zu sehen. „Heute haben wir an der Grenze zu den Deutschen Barrieren errichtet. Wenn die Regierung uns nicht verteidigt, verteidigen wir uns selbst!“, schrieb einer ihrer Anführer, Robert Bąkiewicz, auf X. Skepsis ruft in Polen auch ein Zentrum für sogenannte Dublin-Fälle im brandenburgischen Eisenhüttenstadt hervor. Dort sollen ab dieser Woche Rückführungen von Migranten vor allem nach Polen organisiert werden.