Warnstreiks legen Flugverkehr großteils lahm

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Aus elf wurden kurzerhand dreizehn: An dreizehn Flughäfen haben am Montag Flugausfälle, Verzögerungen und Planänderungen nach Streikaufrufen der Gewerkschaft Verdi mehr Reisende getroffen, der Flughafenverband ADV sprach von 560.000 betroffenen Passagieren. Noch am Freitag hatte Verdi im Tarifkonflikt für Beschäftigte im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen Warnstreiks an elf Flughäfen angekündigt. Die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende Christine Behle hatte erklärt, die Ankündigung komme mit Vorlauf, „damit sich Reisende rechtzeitig auf die Einschränkungen einstellen können“.

Dann zog Verdi über das Wochenende den Streikbeginn am Flughafen Hamburg von Montag auf Sonntag vor und rief für Montag an zahlreichen Airports Beschäftigte privater Dienstleister an Sicherheitskontrollen, die nicht vom Konflikt im öffentlichen Dienst erfasst sind, zum separaten Warnstreik auf. Dadurch stieg die Zahl der betroffenen Flughäfen. Für Frankfurt meldete der Fraport -Konzern, mehr als 1000 Ausfälle. In Berlin ruhte der reguläre Betrieb.

In Hamburg, wo am Wochenende die Frühjahrsferien begannen, hatte Verdi den vorgezogenen Ausstand für notwendig erklärt, „damit die Streikwirkung auch wirklich gespürt wird“. Die Folgen eines vorherigen Warnstreik hatte der Flughafen durch Ersatzkräfte stark begrenzt. Den Ausstand an Sicherheitskontrollen begründete Verdi mit den „zuletzt stockenden Manteltarifverhandlungen“ mit dem Verband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS).

Verdi: „Wir sind durchsetzungsfähig“

Verdi-Chef Frank Werneke kündigte weitere Ausstände im öffentlichen Dienst, unter anderem in der Abfallentsorgung, an. Von Dienstag bis Donnerstag wird kein Schiff den Nord-Ostsee-Kanal passieren können, in Frankfurt und Wiesbaden wird der städtische Nahverkehr betroffen sein. „Unter den Beschäftigten herrscht maximale Verärgerung über die Haltung der Arbeitgeber, die noch immer kein Angebot vorgelegt haben und weiter mauern“, sagte Werneke. „

Die öffentlichen Arbeitgeber sollten wissen, dass wir durchsetzungsfähig sind. Das wird in den kommenden Tagen noch einmal deutlich gemacht.“ Verdi fordert acht Prozent mehr Lohn, höhere Zuschläge für belastende Schichtarbeit und weitere freie Tage. Die Verhandlungen sollen am Freitag fortgesetzt werden.

Die Luftfahrt sieht sich in den Konflikt hineingezogen. Jens Bischof, Präsident des Branchenverbands BDL und Chef der Lufthansa -Tochtergesellschaft Eurowings , kritisierte in dem Netzwerk Linkedin eine „für Deutschland selbstzerstörerische Strategie“, die Verdi eingeschlagen habe. An die künftige Bundesregierung appellierte er, diesem Vorgehen durch ein Streikgesetz „ein Ende zu setzen“. Das Streikrecht dürfe nicht „derart offensichtlich dazu missbraucht werden, die Gesellschaft als Ganzes in Geiselhaft zu nehmen“. In der kritischen In­frastruktur solle ein Schlichtungsversuch vor Ausständen vorgeschrieben werden.

Arbeitgeber: „Große mediale Wirkung, ist aber klar sachfremd“

Dieter Streuli, Chef des Verbands der Abfertigungsdienstleister im Luftverkehr ABL, warf Verdi vor, Forderungen für den öffentlichen Dienst „beim falschen Adressaten durchzusetzen“. Das habe „eine große mediale Wirkung, ist aber klar sachfremd“. Der ABL sei nicht Verhandlungspartner für den öffentlichen Dienst. Man habe einen eigenen Tarifvertrag, und der sehe „als einzigen Verbindungspunkt“ die Koppelung an die Tarifvertragserhöhungen des öffentlichen Dienstes vor. Im Ausstand waren am Montag Kräfte sowohl von Tochterunternehmen der Flughäfen mit Staatsbeteiligung als auch von privaten Wettbewerbern in der Abfertigung.

Der BDLS widersprach indes der Darstellung, dass es in den – vom öffentlichen Dienst unabhängigen – Verhandlungen über einen neuen Manteltarifvertrag mit Verdi keine Bewegung gebe. Man habe höhere Mehrarbeitszuschläge und neue Regelungen zur Lohnfortzahlung bei Krankheit angeboten, die aber abgelehnt worden seien. Der Ausstand unterstreiche „lediglich die Maßlosigkeit seitens der Gewerkschaften“, sagte BDLS-Verhandlungsführer Christian Huber. Die Stundenlöhne für Passagierkontrolleure – einst unter dem heutigen Mindestlohn von 12,82 Euro – waren über Jahre deutlich gestiegen, zuletzt im Januar um 1,5 Prozent auf 23,30 Euro plus Zuschläge.

Der Deutsche Reiseverband beklagte, der Reisebranche sei durch den Warnstreiktag ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe entstanden, für Pauschalurlauber seien wegen Ausfällen Zusatzübernachtungen zu finanzieren gewesen. TUI leitete eigene TUI-Fly-Flüge zu nicht bestreikten Airports wie Münster, Paderborn oder Braunschweig um, Reisende wurden mit Bussen dorthin gebracht.