Worauf Volkswagen jetzt hofft

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Volkswagen ist im Umbruch, den Beschäftigten weht ein rauer Wind ins Gesicht. Kurz vor Weihnachten stimmten sie einem „Zukunft Volkswagen “ genannten Plan zu, der den Abbau von 35.000 Arbeitsplätzen hierzulande vorsieht. „Wir haben uns weiter in Wettkampf-Form gebracht“, sagt Konzern-Chef Oliver Blume mit Blick auf das vergangene Jahr: „Made in Germany zu wettbewerbsfähigen Preisen ist möglich.“ Blume spricht viel von Selbstbewusstsein und Beweglichkeit, vom Willen, sich zu verändern. Sein Kollege Arno Antlitz aus dem Finanzressort benennt die Voraussetzungen für den künftigen Erfolg: „Die eigentliche Arbeit beginnt jetzt. Wir müssen 4 Milliarden Euro Kosteneffekte erzielen.“ Es müsse gelingen, mehr Autos mit weniger Personal zu bauen.

In diesem Jahr erwartet Volkswagen einen Absatz etwa auf dem zuletzt um 3,5 Prozent geschrumpften Niveau von neun Millionen Fahrzeugen. Dabei wird mit einem leichten Anstieg in Europa und den USA kalkuliert und weiterhin mit einem Rückgang in China. Auch den Markt in Indien hält Antlitz für vielversprechend. Man sei in Gesprächen mit potentiellen Partnern, um dort besser voranzukommen.

Zur Volkswagen-Gruppe gehören neben der Marke VW unter anderem auch Porsche und Audi, Skoda und Seat. In den USA setzt Volkswagen große Erwartungen in die Marke Scout, die für einen elektrischen Pickup und ein SUV-Modell schon 80.000 Vorbestellungen erhalten hat. Insgesamt gebe es positive Signale beim Absatz im Januar und Februar, berichtete der Finanzvorstand.

„Die Verbrennerautos tragen uns bis weit in die 2030er Jahre“

An der Börse verfing die Aufbruchstimmung aus der Autostadt in Wolfsburg, wo die Volkswagen-Vorstände die Geschäftszahlen zum vorigen Jahr und ihre Erwartungen präsentierten. Nachdem der Kurs der Volkswagen-Vorzugsaktie seit Jahresbeginn schon von 87 auf 109 Euro gestiegen war, legte der Kurs am Dienstag in leicht positivem Börsenumfeld noch einmal um drei Prozent auf knapp 112 Euro zu. Das schlechte Ergebnis des vergangenen Jahres, in dem der Gewinn nach Steuern um fast 31 Prozent auf 12,4 Milliarden Euro abgesackt ist, hatten die Anleger offenbar schon erwartet. Bei gleichbleibender Ausschüttungsquote bedeutet das auch einen Rückgang der Dividende um fast ein Drittel von 9 Euro auf 6,30 Euro je Stammaktie (und jeweils 6 Cent mehr je Vorzugsaktie).

Größte Volkswagen-Aktionärin ist mit knapp 32 Prozent des Kapitals die Porsche SE. Das ebenfalls börsennotierte, aber von den Familien Porsche und Piëch dominierte Unternehmen hatte am Freitag mitgeteilt, den Buchwert des Volkswagen-Anteils in der Bilanz um 19,9 Milliarden Euro zu reduzieren.

Am Kapitalmarkt sei die Volkswagen-Führung teils kritisiert worden, als vor drei, vier Jahren die Strategie aufgelegt wurde, nicht nur in Elektromobilität zu investieren, sondern noch einmal in eine letzte Generation von Verbrenner-Fahrzeugen, brachte Konzernchef Blume in Erinnerung. Das sei eine hohe Doppelbelastung gewesen, die sich jetzt aber auszahle: „Die Verbrennerautos tragen uns bis weit in die 2030er Jahre.“

„Wir können mit diesem Ausblick nicht zufrieden sein“

Die entsprechende Vorleistung reduziere sich nun aber. Im Bereich Elektromobilität will Volkswagen von Partnerschaften – etwa mit Rivian in den USA oder mit X Peng in China – profitieren. Gleichzeitig soll der Ausbau der Batteriezellproduktion „an das Marktumfeld angepasst“ werden, also angesichts der schleppenden Entwicklung in Europa eher verlangsamt werden. Insgesamt will Volkswagen für Kapazitäten, Technologie und Software weniger ausgeben. Während im Fünfjahreszeitraum bis 2028 noch ein Investitionsvolumen von 180 Milliarden Euro geplant war, sind es nun von 2025 bis 2029 nur noch 165 Milliarden Euro.

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Schnelle Erfolge der Transformation stellt Volkswagen nicht in Aussicht. Der Umsatz von zuletzt knapp 325 Milliarden Euro könnte dieses Jahr um 5 Prozent steigen, lautet die Prognose. Die operative Rendite dürfte zwischen 5,5 und 6,5 Prozent erreichen – nach 5,9 Prozent Umsatzrendite im vergangenen Jahr. „Wir können mit diesem Ausblick nicht zufrieden sein“, mahnte Antlitz.

Nicht eingerechnet in diese Prognose sind äußere Umstände, deren Wirkung noch nicht ganz klar ist, obwohl sie erheblich sein könnte. So muss damit gerechnet werden, dass der amerikanische Präsident Donald Trump seine Pläne wahr macht, von April an bis zu 25 Prozent Zoll auf Waren aus Mexiko und Kanada zu verlangen. In Mexiko hat Volkswagen erhebliche Produktionskapazitäten, in Kanada wird gerade eine Batteriezellfabrik errichtet. Die Sache sei komplex, räumte Volkswagen-Chef Blume ein, man werde Argumente vorbringen, wie etwa die große Präsenz in den USA.

Positiv für Volkswagen dürfte die Lockerung seitens der EU im Zusammenhang mit absehbar nicht einzuhaltenden Abgasgrenzwerten wirken. Wenn die Autohersteller für das Erreichen der CO2-Ziele nun einen weicheren Übergang bis 2027 hätten, sei das positiv, erläuterte Blume den Diskussionsstand: Insgesamt bliebe das Einsparziel für die Abgase unverändert. Interessensvertreter der Autoindustrie hatten zuletzt den Druck auf Brüssel und Berlin erhöht, um die Regulierung anzupassen, die für viele Hersteller hohe Strafzahlungen bedeutet hätte. Die künftige Bundesregierung könnte ihrerseits einen Beitrag leisten, um die Elektromobilität zu fördern, machte Konzernchef Blume klar. Er schlägt vor, die Anschaffung eines Stromers müsse man von der Lohnsteuer so einfach abziehen können wie eine Handwerkerrechnung.

Auch die absehbare Aufrüstung in Deutschland könnte sich auf Volkswagen auswirken. Gefragt nach den Möglichkeiten, wie sich der Konzern einbringen könnte, sagte Blume, es gebe dazu noch keine konkreten Gespräche, aber in der Vergangenheit habe es ja auch Fahrzeugbau in diesem Bereich gegeben. „Das muss man sich anschauen. Auf jeden Fall stehen wir beratend zur Verfügung.“ Da Volkswagen die bisherigen Werksstrukturen strafft, sind Überkapazitäten in Deutschland absehbar. Daher gibt es seit Wochen Spekulationen, wonach das Werk in Osnabrück an einen Rüstungshersteller verkauft werden könnte. Dazu sagte Blume nichts. Explizit verneinte er, dass es Gespräche mit chinesischen Unternehmen gebe, die an Standorten in Europa interessiert seien.

4800 Euro Prämie

Für die Beschäftigten der Marke VW macht sich die Umbruchsituation des Konzerns finanziell noch nicht unmittelbar bemerkbar. Die Tarifbeschäftigten müssen sich zwar vorübergehend auf niedrigere Bonuszahlungen einstellen, erhalten aber aktuell eine Prämie von knapp 4800 Euro, nach 4735 Euro im Vorjahr. Rund 120.000 Beschäftigte bekommen den Bonus. Insgesamt zählte die Volkswagen-Gruppe im Jahresdurchschnitt 683.000 Mitarbeiter.

Konzernchef Oliver Blume, der in Personalunion auch noch Vorstandschef der Tochtergesellschaft Porsche ist, hat im vergangenen Jahr 10,35 Millionen Euro verdient, nach 9,7 Millionen Euro im Jahr zuvor. Die Vergütung des gesamten Konzernvorstands beläuft sich auf 40 Millionen Euro. Alle Vorstände sollen in diesem und im nächsten Jahr auf 11 Prozent ihrer Bezüge verzichten und damit ihren Beitrag zum Sparkurs bei VW leisten.