Ob Tiger, Giraffe oder Orang-Utan, Zebra, Stinktier oder Eichhörnchen – die Felle heutiger Säugetiere zeigen ein breites Spektrum an Mustern und Farben, von Tiefschwarz über alle Braun- und Grautöne bis zu Gelb und Rotorange. Doch das war offenbar nicht immer so.
Jedenfalls noch nicht im Erdmittelalter, dem sogenannten Mesozoikum. In diesem Zeitalter vor dem Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren, als alle Dinosaurier – mit Ausnahme der Vorfahren der Vögel – plötzlich ausstarben. Das schreibt ein Team um die Paläobiologin Ruoshuang Li von der China University of Geosciences in Peking in Science. Li und ihre Koautoren analysierten dazu fossil erhaltene Reste sogenannter Melanosomen, pigmenthaltiger Bestandteile von Körperzellen.
Tatsächlich überdauern Spuren dieser Strukturen unter bestimmten Fossilisierungsbedingungen. Mit modernen Methoden kann man daher zum einen die geometrischen Formen der Melanosomen bestimmen. Zum anderen lassen sich zuweilen verschiedene Pigmenttypen auseinanderhalten: Eumelanin, das Schwarz- und Brauntöne hervorbringt sowie Pheomelanin, zuständig für Gelb und Rot.
Bunte Saurier – dunkelbraune Säuger
Das Forscherteam hat nun Fossilien von fünf Arten sogenannter Mammaliaformes, also von Säugetieren und ihren engsten ausgestorbenen Verwandten, aus dem Jura und der frühen Kreidezeit untersucht, sowie einem kreidezeitlichen Säuger im engeren Sinne. Die Tiere gehören zu verschiedenen Gruppen der sogenannten Yanliao und Jehol Biota aus Fossillagerstätten im Nordosten Chinas.
Eine dieser sechs Arten haben Li und Kollegen dabei überhaupt zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben: Es ist ein den Gleithörnchen ähnliches Wesen aus dem späten Jura, das vor 158,58 Millionen lebe. Die Forscher tauften es Arboroharamiya fuscus, der lateinische Artname „fuscus“ bedeutet „dunkelhaarig“.
Doch nicht nur A. fuscus hatte einen düsteren Pelz. Auch die anderen fünf ausgestorbenen Arten waren alle von einheitlichem Dunkelbraun, mit nur geringen Unterschieden. Das zeigten die Autoren der Science-Arbeit durch Abgleich mit Melanosomen aus 116 rezenten Säugetierarten. „Das Melanin-Farbsystem der mesozoischen Mammaliafomes war weitgehend ohne Variation“, schreiben sie. „Das steht im Gegensatz zu der hohen Diversität an Melanosomen in gefiederten Dinosauriern, frühen Vögeln und Flugsauriern“.
Fossile Fellzeichnungen? Fehlanzeige
Aber die untersuchten erdmittelalterlichen Säugerfelle waren nicht nur alle von ähnlicher Farbe, sondern auch ohne erkennbare Streifen oder Flecken. Erstaunlicherweise sind die Fossilien auch hier aussagekräftig. „In den meisten Fällen waren ausreichend große Flächen Fells erhalten, so dass wir nach Mustern Ausschau halten konnten, entweder mit bloßem Auge oder mit Techniken, die solche Muster besser sichtbar machen“, sagt Matthew Shawkey von der Universtität Gent in Belgien, einer von Ruoshuang Lis Koautoren. „In keinem Fall haben wir irgend ein makroskopisches Farbmuster beobachtet. Wir haben auch keine Variation in der Morphologie der Melanosomen gesehen. Auch dies legt das Fehlen von Musterungen nahe“.
Insgesamt passt der Befund gut zu der Vorstellung, wonach die Mammaliaformes unter der Herrschaft der Dinosaurier in der Regel nachtaktiv und in an die Dunkelheit angepasster Tarnung lebten. Dafür gebe es auch andere Hinweise, schreiben die Forscher, etwa aus Rekonstruktionen der Augenformen, aus denen sich die der heutigen Säugetiere entwickelt haben oder Argumente aus der Genetik der Farbwahrnehmung. Auch bewohnten die sechs untersuchten mesozoischen Arten ähnliche ökologische Nischen wie heutige nachtaktive Tiere, in deren Fellfarbpalette eine ähnliche düstere Eintönigkeit herrscht.
Damit liegt auch nahe, dass sich die farbliche und geometrische Vielfalt der Säugerfelle erst nach dem Abgang der Dinosaurier entwickelt hat. Denn da konnten sich die überlebenden Säugetierarten auch im Tageslicht zeigen. Damit wurde vieles anders: Nun galt es beispielsweise, vor dem Gelb einer Wüste nicht übermäßig aufzufallen oder im changierenden Schattenwurf von Büschen und Bäumen. Auch für die visuelle Kommunikation mit Artgenossen, nicht zuletzt solchen des jeweils anderen Geschlechts, war ein Abweichen vom einheitlichen Nachtdunkel immer öfter ein Vorteil. Die Evolution hatte einen neuen Freiheitsgrad, um damit zu spielen – und sie machte regen Gebrauch davon.