Imelda Marcos war mit ihrem Mann, dem langjährigen Diktator, in den Achtzigerjahren mithilfe der Amerikaner von den Philippinen nach New York geflohen. Dank eines mutmaßlich gestohlenen Milliardenvermögens wurde sie schnell zum Fixstern der Partyszene und zur guten Freundin Trumps, der der Familie sogar einen neugotischen Wolkenkratzer in der Wall Street abkaufte und ihn in „Trump Building“ umbenannte.
Die USA seien der älteste Verbündete der Philippinen, sagte Marcos Jr., der heutige Präsident der Philippinen, im Interview. Er müsse abwarten, ob sich daran nun grundlegend etwas ändern werde, glaube es aber nicht. Als er Trump zur Wahl gratuliert habe, habe der am Telefon sofort gefragt: „Wie geht es Imelda?“ Das sei ein gutes Zeichen gewesen, jubelte später der philippinische Botschafter in Washington – schließlich lege Amerikas neuer Präsident Wert auf „persönliche Beziehungen“.
Doch ob die Erinnerungen an alte Zeiten reichen, einen militärischen Abzug der Amerikaner aus Asien zu verhindern, darüber sind sich in der Region längst nicht mehr alle Länder sicher, auch nicht die Philippinen. Man sei nicht die Ukraine, heißt es offiziell aus Manila, das Land habe mit Trump einen gemeinsamen Feind und der heiße China. Hinter den Kulissen aber hätten ihm gegenüber philippinische Amtsträger die Überzeugung geäußert, dass das Land selbst sehr viel schneller wehrhaft werden müsse, sagt Militärexperte Abdul Rahman Yaacob von der australischen Denkfabrik Lowy Institute im Gespräch mit der F.A.Z.
Manila will „Weltklasse-Militär“ schaffen
Tatsächlich hat Manila beschlossen, die Verteidigungsausgaben im laufenden Jahr um 14 Prozent auf 4,7 Milliarden Dollar zu erhöhen, um ein „Weltklasse-Militär“ zu schaffen. Das Argument für die Aufrüstung ist laut Yaacob dasselbe, auf dessen Grundlage der Bundestag am Dienstag das aufgestockte Sondervermögen für die Bundeswehr beschließen soll: „Es wird zunehmend infrage gestellt, wie verlässlich die Amerikaner als Partner wirklich sind.“
„Die Ukraine heute kann morgen Ostasien sein“, hat 2022 der damalige japanische Ministerpräsident Fumio Kishida nach Beginn des russischen Angriffskriegs gewarnt und damit die Drohung Chinas gemeint, die Insel Taiwan einzunehmen. Zwar ist ein Abzug der Amerikaner aus der wachstumsstärksten Region der Welt noch nicht so nah wie in Europa, weil Trump bereits in seiner ersten Amtszeit Peking als Rivalen betrachtet hat, der eingehegt werden müsse. Doch die Sicht in Asien auf die Amerikaner habe sich verändert, hat der singapurische Verteidigungsminister jüngst auf der Münchener Sicherheitskonferenz gesagt. Dort sehe man die USA zunehmend nicht mehr als moralische Macht, sondern als „Grundbesitzer, der Miete will“.
Wie die Philippinen hat auch Singapur gerade verkündet, kräftig aufrüsten zu wollen. Der Verteidigungshaushalt des sechs Millionen Einwohner zählenden Inselstaats ist bereits heute der höchste in Südostasien. Nun soll er noch mal um 12,4 Prozent steigen, auf 23,4 Milliarden Singapur-Dollar (8,6 Milliarden Euro). Am meisten Geld verschlingen zwei neue U-Boote der „Invincible“-Klasse aus der Kieler Werft von Thysssenkrupp. Vier Stück haben die Singapurer dort geordert. Für den Kaufpreis von insgesamt geschätzt 2,5 Milliarden Euro passen die Deutschen ihren Kunden die Innenausstattung auf asiatische Größenverhältnisse an.
„Der Kern von Abschreckung und Respekt“
Die schöne Zeit der Globalisierung, in der Singapur zu einem der reichsten Länder der Welt aufstieg, sei vorbei, hat Außenminister Vivian Balakrishnan Anfang März im Parlament gesagt. Am Horizont warte eine unvorhersehbare neue Weltordnung. Desto wichtiger sei die Aufrüstung: „Dass alle wissen, dass wir unser Geld wert sind und unser Blut vergießen, ist der Kern von Abschreckung und Respekt.“
Neue Partnerschaften ebenfalls. Kaum ein Monat, in dem in Singapur nicht eine neue Fregatte aus Europa anlegt. Zum Tag der Deutschen Einheit lud die deutsche Botschaft im vergangenen Oktober auf die Fregatte „Baden-Württemberg“, die während der großen Indopazifik-Tour der deutschen Marine im Stadtstaat festgemacht hatte. Davor hatten Frankreich und Großbritannien Kampfjets nach Singapur entsandt.
Indonesien modernisiert seine Marine mit Technik und Krediten aus Italien. Und Ende Februar hat der französische Flugzeugträger Charles de Gaulle auf der philippinischen Insel Luzon festgemacht. Man beobachte die Attacken chinesischer Marineschiffe auf philippinische Fischerboote im Südchinesischen Meer genau, sagte die französische Botschafterin an Deck und drohte in Richtung Peking: „Wenn etwas passiert, müssen wir reagieren.“
Europa beliebter Lieferant
40 französische Patrouillenboote plus logistische Hilfe erhält die philippinische Küstenwache von Frankreich. Das Land lasse sich seine Unterstützung für Manila laut U.S. Naval Institute über 400 Millionen Dollar kosten. Aus Japan, das bereits zwölf Schiffe geschickt hat, kommen noch fünf weitere. Auch mit Neuseeland und Kanada haben die Philippinen einen Verteidigungspakt geschlossen.
Die Zuwendung zu den Europäern zeigt sich auch beim Einkauf der Waffensysteme. Für 42 Milliarden Dollar haben die zehn südostasiatischen Staaten laut Lowy-Institute zwischen 2004 und 2023 aufgerüstet. Größter Lieferant waren mit einem Anteil von einem Viertel die Russen, die jedoch nicht nur wegen des Ukrainekriegs kaum noch gefragt sind. Von 28 russischen Kampfflugzeugen in ihrer Flotte seien nur vier in der Lage abzuheben, hat sich Malaysias Verteidigungsministerium einst beschwert.
Mittlerweile würden viele Länder lieber in Europa einkaufen, sagt Forscher Yaacob vom Lowy Institute. Indonesien hat sich für den Kampfjet des Pariser Herstellers Dassault entschieden. Ende Januar hat die indonesische Marine zwei Fregatten aus Italien in Dienst gestellt. Auch den ausgemusterten italienischen Flugzeugträger Giuseppe Garibaldi würde Jakarta gerne kaufen und vor Indonesiens 17.508 Inseln kreuzen lassen, doch dafür fehlt wohl das Geld.
Nur die wenigsten Staaten in Südostasien können bei der Aufrüstung aus dem Vollen schöpfen wie das Sultanat Brunei oder Singapur, das seit 2023 die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte erhöht hat und auch bei den Einkommen der vielen wohlhabenden Expats auf der Insel sehr viel kräftiger zulangt als in früheren Zeiten. Indonesien etwa kauft seine Schiffe in Italien auf Pump.