Prävention in der Zahnmedizin wirkt – zu diesem Ergebnis kommt die Deutsche Mundgesundheitsstudie. In allen Altersgruppen seien die Fälle von Karies in den vergangenen Jahrzehnten zurückgegangen. Das spare auch Kosten.
Seit Jahrzehnten wird bei der Zahngesundheit auf Vorsorge gesetzt – das zahlt sich inzwischen aus. In der Bekämpfung von Karies sei Deutschland hervorragend aufgestellt, sagte der Wissenschaftliche Direktor des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ), Rainer Jordan, bei der Vorstellung der Sechsten Deutschen Mundgesundheitsstudie in Berlin.
So gebe es etwa bei jüngeren Erwachsenen zwischen 35 und 44 Jahren im Vergleich zum Jahr 1989 nur noch halb so viel Karies. Gleichzeitig könnten immer mehr Zähne erhalten werden. “Zahnlosigkeit kommt in dieser Altersgruppe praktisch nicht mehr vor”, sagte Jordan.
Weniger Karies bei Kindern, mehr Senioren mit Zähnen
Bei Kindern ist Karies demnach noch stärker zurückgegangen: Seit Einführung der Gruppen- und Individualprophylaxe Ende der 1990er-Jahre sank die Zahl um 90 Prozent. 78 Prozent der Zwölfjährigen hätten keine Karies, hieß es in der Studie. Risikofaktoren für eine erhöhte Karieslast könnten demnach ein niedriger familiärer Bildungsstand oder eine Migrationserfahrung sein. Besonders Kinder aus niedrigen Bildungsgruppen hätten aber von der Prävention der vergangenen Jahrzehnte profitiert.
Bei jüngeren Senioren verloren weniger Menschen die Zähne vollständig. Nur fünf Prozent in der Altersgruppe von 65 bis 74 Jahren seien zahnlos, so Jordan. Auch weltweit sei dies ein Spitzenwert. Die Studienautoren sehen darin einen Erfolg des Paradigmenwechsels hin zu zahnerhaltenden Therapien.
Die tendenziell gute Zahngesundheit liege maßgeblich daran, dass die breite Bevölkerung Präventionsangebote – darunter persönliche Prophylaxe und regelmäßige Kontrollen – früh in Anspruch nehme.
Ausgaben der Krankenversicherung gesenkt
Dadurch sind auch die Krankheitskosten gesunken: “Dies führt nicht nur zu einer verbesserten Mundgesundheit von Millionen von Menschen in Deutschland, sondern hat auch den Anteil an den Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für vertragszahnärztliche Leistungen in den letzten Jahren um mehr als 30 Prozent gesenkt”, sagte Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der Kassenärtlichen Bundesvereinigung (KZBV).
Parodontitis immer noch “Volkskrankheit”
Verbesserungsbedarf sieht die Studie jedoch bei Parodontitis – einer entzündlichen Erkrankung des Zahnhalteapparates, die unbehandelt zu Zahnverlust führen kann. Die Ergebnisse belegten, “dass Parodontitis immer noch eine Volkskrankheit und ein wesentlicher Einflussfaktor bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist”, heißt es.
Rund 14 Millionen Menschen in Deutschland haben demnach eine schwere Parodontalerkrankung. Eine unbehandelte oder nicht frühzeitig behandelte Parodontitis gefährde sowohl die Mund- als auch die allgemeine Gesundheit. Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankung haben demnach – im Vergleich zu anderen Personen – tendenziell häufiger eine fortgeschrittene Parodontitis, sind öfter zahnlos und haben durchschnittlich zwei Zähne weniger.
Viele Fälle von Kreidezähnen
Die Studie bestätigte zudem eine hohe Häufigkeit der sogenannten Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) – auch Kreidezähne genannt. Bei den Zwölfjährigen sei etwa jedes siebte Kind (15,3 Prozent) unterschiedlich schwer betroffen.
Dabei handelt es sich demnach um eine Erkrankung, die nicht durch individuelles Zahnputz- oder Mundhygieneverhalten beeinflusst werden kann, sondern eine entwicklungsbedingte Störung ist, die bereits vor der Geburt bis zum ersten halben Lebensjahr entsteht. Zu erkennen ist sie unter anderem durch weiß-gelbliche oder gelb-braune Verfärbungen an den Kauflächen oder Zahnhöckern.
Deutsche Mundgesundheitsstudie
Die Deutschen Mundgesundheitsstudien liefern seit mehr als 30 Jahren Erkenntnisse über die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland. Dabei werden Karies und Zahnbetterkrankungen in den Blick genommen, Zahnfehlstellungen und auch der Einfluss sozialer Faktoren. Für die aktuelle repräsentative Studie hat das Institut der Deutschen Zahnärzte im Auftrag der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) von 2021 bis 2023 rund 3.400 Menschen verschiedener Alters- und sozialer Gruppen befragt und zahnmedizinisch untersucht.