Audi wird in den kommenden vier Jahren 7500 Stellen abbauen. Im Gegenzug wird die Beschäftigungssicherung, die betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, um vier Jahre bis 2033 verlängert. Das gab das Unternehmen auf der ersten Betriebsversammlung des Jahres in Ingolstadt bekannt.
Vor rund 8000 Beschäftigten in der Halle B und den Ingolstädter Außenstandorten stellte der Betriebsrat unter dem Vorsitzenden Jörg Schlagbauer am Montag heraus, Schlimmeres abgewendet zu haben: „Wir konnten viele Forderungen des Unternehmens gegenüber den Beschäftigten abwehren, mussten aber auch Kompromisse schließen, um finanzielle Spielräume für zusätzliche Investitionen zu ermöglichen.“
Der jetzt beschlossene Arbeitsplatzabbau betrifft nur den sogenannten indirekten Bereich, also alle Jobs außerhalb der Produktion. Der Stammsitz dürfte damit besonders hart betroffen sein. Hier sollen etliche Ingenieure in der technischen Entwicklung mithilfe eines Abfindungsprogramms gehen. Insgesamt arbeiten bei dem Autohersteller 87.000 Menschen, davon 55.000 an Standorten in Deutschland. Für sie galt bisher eine Jobgarantie bis 2029.
„Liste des Grauens“
Eine Überraschung war die schlechte Nachricht für die Audianer nicht mehr. Schon im Dezember war bekannt geworden, dass der Audi-Vorstand die „Schlechtwetterklausel“ des 2019 zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vereinbarten Pakts „Audi-Zukunft“ aktiviert hatte. Damit hatte Audi-Chef Gernot Döllner unmissverständlich klargemacht, dass der Konzern einen härteren Sparkurs als bisher steuern wollte. Mit dem Betriebsrat liefen erste Sondierungsgespräche schon seit November.
Ende Januar schlug dann die IG Metall Alarm und warf dem Management vor, eine „Liste des Grauens“ bei Audi umsetzen zu wollen. Zu diesen Maßnahmen gehörten unter anderem ein Absenken des Tarifentgelts und der Wegfall von Zuschlägen für Nachtschichten sowie die Auslagerung von Beschäftigten in Produktion, Logistik und Verwaltung, die allein 1600 Stellen betreffen. Der Audi-Betriebsrat kündigte daraufhin harten Widerstand an.
Deutsche Autokonzerne leiden unter sinkenden Absatzzahlen
Nun bleibt es bei den tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen für die übrigen Beschäftigten. Auch die Forderung des Betriebsrats, dass am Stammsitz Ingolstadt ein zusätzliches Automodell gefertigt wird, um das Werk auszulasten, wurde erfüllt. Ohne eine solche konkrete Zusage wollten die Arbeitnehmervertreter keine neue Grundsatz-Vereinbarung mit dem Unternehmen schließen. Künftig wird Ingolstadt aus dem Konzernverbund den Audi Q3 produzieren. Bisher lief die zweite Generation des kompakten Geländewagens im Audi-Werk in Ungarn vom Band. Da auch das Audi-Werk in Neckarsulm schlecht ausgelastet ist, haben dem Vernehmen nach Gespräche im VW-Konzern begonnen, welches Modell sich zur Fertigung an dem Standort eignet.
Audi will insgesamt bis zu acht Milliarden Euro an den deutschen Standorten investieren, einen Großteil davon in die hochautomatisierte Fertigung. Zudem soll für Ingolstadt und Neckarsulm ein sogenannter Zukunftsfonds für neue Technologien über 250 Millionen Euro eingerichtet werden.
Den Arbeitsplatzabbau will Audi ohne betriebsbedingte Kündigungen bewerkstelligen. Schon bis zum Jahr 2027 sollen 6000 Stellen wegfallen. Mit dem verschärften Kostensenkungsprogramm will Audi-Chef Döllner jährlich eine Milliarde Euro beim Personal sparen. Dem früheren Porsche-Manager geht es darum, Audi wieder profitabler zu machen. Die Marke mit den vier Ringen solle schlanker und effizienter werden.
Wenn Döllner am heutigen Dienstag die Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr vorlegt, zeigt sich die ganze Misere der Volkswagen -Tochtergesellschaft. Die Gewinnmarge lag in den letzten Quartalen deutlich unter 5 Prozent. Dabei war Döllner im Sommer 2023 von VW-Konzernchef Oliver Blume nach Ingolstadt geschickt worden, die Rendite wieder Schritt für Schritt auf das Niveau einer „Premiummarke“ zu hieven. Bis Ende des Jahrzehnts solle Audi wieder zweistellige Margen erreichen, hieß es damals.
Das mittelfristige Margenziel sollte bei 13 Prozent liegen. Audi ist nicht nur wegen der schwachen Nachfrage auf dem großen Automarkt in China in Bedrängnis geraten. In den vergangenen Jahren waren mehrere neue Modelle wegen hartnäckiger Software-Schwierigkeiten verspätet auf den Markt gekommen. Im vergangenen Geschäftsjahr verkaufte das Unternehmen nur noch 1,67 Millionen Fahrzeuge, ein Minus von zwölf Prozent, und fiel damit sogar hinter den amerikanischen Elektropionier Tesla zurück. Auch die Verkaufszahlen der elektrischen Audi-Modelle gingen zurück, obwohl der Markt für Elektroautos global wächst.
Alle deutschen Autokonzerne leiden derzeit unter sinkenden Absatzzahlen und Renditen, Audi hat es aber im Vergleich zu den Rivalen Mercedes und BMW besonders hart getroffen. Die Audi-Muttergesellschaft Volkswagen hatte schon vor einigen Monaten gegengesteuert. Dort hat der Vorstand die eigentlich geltende Beschäftigungsgarantie gekündigt und Gehaltskürzungen sowie den schrittweisen Abbau von 35.000 Stellen bis zum Jahr 2030 durchgesetzt. Die zunächst angedrohten Werkschließungen konnte die Arbeitnehmerseite verhindern. Nur bei Audi ist Ende Februar das Werk in Brüssel geschlossen worden. Dort wurde das zuletzt wenig nachgefragte Elektro-SUV Q8 e-tron gefertigt.