Union will CO2-Einnahmen über Strompreissenkungen zurückgeben

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Noch haben Bundestag und Bundesrat nicht zugestimmt, aber zumindest die Partei- und Fraktionsspitzen von Union, SPD und Grünen sind sich einig: 100 Milliarden Euro aus dem geplanten neuen Schuldentopf für die Infrastruktur und den Klimaschutz sollen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen. Denkbar wäre, dass die nächste Regierung mit dieser Finanzspritze das so genannte Klimageld finanziert, eine pauschale Rückzahlung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, aus der sich der KTF vorwiegend speist, an jeden einzelnen Bürger. Sie ist als Kompensation für steigende Benzin-, Gas- oder Ölpreise gedacht und als Anreiz, auf fossile Energieträger zu verzichten.

Doch die Hoffnungen auf das Klimageld dürften sich wieder nicht erfüllen: Geplant hatte den finanziellen Ausgleich schon die Ampelkoalition, daraus geworden ist dann aber nichts. Jetzt hat auch der Chefverhandler der Union für den Klimaschutz dem Vorhaben faktisch eine Absage erteilt. „Unser Klimageld ist der Klimabonus: Die absehbar 15 Milliarden Euro CO2-Einnahmen aus Wärme und Verkehr in diesem Jahr fließen über die Senkung der Strompreise und der Netzentgelte an Bürger und Betriebe zurück“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Andreas Jung, gegenüber der F.A.Z.

Er leitet für die Union die Arbeitsgruppe „Klima und Energie“ in den Koalitions-Sondierungen mit den Sozialdemokraten. Wie zu hören ist, hat auch die SPD das Klimageld nicht in die Verhandlungen eingebracht. Auf die Frage, ob die ursprüngliche Idee einer Pro-Kopf-Zahlung damit Makulatur sei, antwortete Jung: „Falls die CO2-Preise weiter steigen, denken wir auch über andere Instrumente nach, aber das steht derzeit nicht auf der Tagesordnung.“

„Das Klimageld ist aus ökonomischer Sicht kein sinnvolles Instrument“

Nach dem Willen der Sondierer soll der Strompreis um fünf Cent je Kilowattstunde sinken. Jung, der klima- und energiepolitischer Sprecher der Unions-Fraktion ist, knüpft mit seiner Argumentation an den scheidenden Wirtschafts- und Klimaschutzministers Robert Habeck (Grüne) an. Dieser hatte die Forderungen nach einem Klimageld 2023 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Staat die Stromkunden schon von der EEG-Umlage auf dem Strompreis entlastet habe. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat sich in seinem jüngstem Jahresgutachten noch für das Klimageld ausgesprochen. Die Rückverteilung der CO2-Bepreisung erhöhe „signifikant die Akzeptanz“, hieß es.

So sieht es auch Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW in Berlin. „Die Auszahlung eines Klimagelds schafft soziale Gerechtigkeit und erhöht die Akzeptanz und sollte unbedingt umgesetzt werden“, sagte sie der F.A.Z. Hingegen wäre die von Jung vorgeschlagene Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte mit zehn Milliarden Euro im Jahr „enorm teuer und ineffizient“. Zudem konterkariere der Plan zum Bau neuer Gaskraftwerke die Kostendämpfung, denn die neuen Projekte erhöhten die Strompreise. „Eine Strompreissenkung per Gießkanne schafft Fehlanreize, besser wären zielgerichtete Tarife für Wärmepumpen oder Elektromobilität“, so die Wirtschaftsprofessorin.

Doch ist die Zunft der Ökonomen in dieser Frage gespalten. „Meines Erachtens ist es insgesamt zu begrüßen, dass das Klimageld nicht kommt“, sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, dieser Zeitung mit Bezug auf Jungs Vorstoß. „Das Klimageld ist aus ökonomischer Sicht kein sinnvolles Instrument zur Rückerstattung der Einnahmen aus dem CO2-Preis.“ Für den sozialen Ausgleich sei es zu ungenau, da jeder den gleichen Betrag erhalte. Demgegenüber sei die Belastung durch die CO2-Preise sehr unterschiedlich, etwa je nach Einkommen oder je nach Wohnort in der Stadt oder auf dem Land. „Verzerrende Steuern zu senken ist effizienter, als einen Pauschaltransfer an alle Bürger zu zahlen.“ Als neues Transferinstrument schaffe das Klimageld zusätzliche Bürokratie, urteilt Fuest.

Was der KTF ist und macht

Ähnlich argumentiert der Unions-Verhandler Jung. „Unser Klimabonus ist einfach umsetzbar und bringt sofort spürbar Entlastung“, sagt er. „Das ist auch für den sozialen Ausgleich ein guter Weg, weil Haushalte mit geringen Einkommen einen überproportionalen Anteil ihrer Ausgaben für Strom aufwenden.“ Im Kampf gegen die Erderwärmung zahle sich dieses Vorgehen ebenfalls aus: „Unser Ansatz stärkt den Klimaschutz, weil sinkende Strompreise Anreize geben für elektrifizierte Technologien, die schrittweise CO2-frei werden.“ Damit meint Jung zum Beispiel mit Ökostrom betriebene Elektrofahrzeuge oder Wärmepumpen.

DSGVO Platzhalter

Der KTF, um den es in der Debatte geht, ist eines von rund zwei Dutzend bestehenden sogenannten Sondervermögen, aus denen der Staat neben dem regulären Haushalt Geld verteilt. Geschaffen wurde er 2010, damals noch unter dem Namen Energie- und Klimafonds. In den KTF fließen die Einnahmen aus dem deutschen CO2-Preis, der an der Tankstelle und über die Heizkostenrechnung erhoben wird, sowie der deutsche Anteil der Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel ETS. Zudem wurden in den Merkel-Jahren auch Mittel aus dem regulären Haushalt in den Fonds verschoben.

Die 60 Milliarden Euro nicht genutzte Coronahilfen, welche die Ampelkoalition in den KTF umgebucht hatte, mussten nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November 2023 gestrichen werden. Ende 2024 warnte der Bundesrechnungshof, die Rücklagen des KTF seien nahezu aufgebraucht, die Finanzierung nicht mehr gesichert. Laut Finanzministerium betrug die Rücklage damals nur noch rund sechs Milliarden Euro.

Die größten Ausgabeposten des KTF waren zuletzt die Förderung der Erneuerbaren Energien, die früher die Verbraucher als EEG-Umlage über die Stromrechnung zahlen mussten, sowie die Zuschüsse zur energetischen Sanierung von Häusern. Nach Angaben des Finanzministeriums gab der KTF 2024 insgesamt 41,6 Milliarden Euro aus, gut 21 Milliarden Euro mehr als im Jahr zuvor. Grund für die Verdopplung der Ausgaben war der Anstieg der Erneuerbare-Energien-Förderung – wo die früher gewährten hohen Garantievergütungen Mehrausgaben von 18,5 Milliarden Euro verursachten – sowie die um 3,1 Milliarden Euro teurere Gebäudeförderung. Für 2025 wollte die Ampelkoalition die Erneuerbaren-Förderung wieder aus dem regulären Haushalt bezahlen, um im KTF Spielraum für andere Ausgaben zu schaffen.

Ebenso wie im regulären Haushalt klaffte auch im Entwurf für den Wirtschaftsplan des KTF für 2025 eine Milliardenlücke. Vom Bundestag beschlossen wurden wegen des Ampel-Endes aber weder das eine noch das andere. Der Entwurf für dieses Jahr sah Ausgaben von insgesamt 34,5 Milliarden Euro vor.

Größter Einzelposten war die Gebäudesanierung mit 14,3 Milliarden Euro. In den Bau von Chipfabriken sollten knapp fünf Milliarden Euro an Zuschüssen fließen. Ebenfalls aus dem KTF finanziert werden etwa die Zuschüsse zu den Stromkosten energieintensiver Unternehmen, Zuschüsse für die Dekarbonisierung der Industrie, für den Aufbau der Ladeinfrastruktur sowie für die Transformation der Wärmenetze. Die zu erwartenden Einnahmen aus dem nationalen CO2-Preis taxierte die Regierung für 2025 auf 15,4 Milliarden Euro, die aus dem europäischen Emissionshandel auf 6,7 Milliarden Euro.