Nvidia-Konferenz GTC: „KI-Woodstock“ mit vielen Fragen

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Die jährliche Konferenz namens GTC, die Nvidia für Softwareentwickler ausrichtet, war einmal eine überschaubare Veranstaltung. Dank der dominierenden Position des Halbleiterkonzerns im Geschäft mit Chips für Anwendungen rund um Künstliche Intelligenz ist sie zu einem Megaereignis geworden. Vorstandschef Jensen Huang genießt die Aufmerksamkeit, in seiner Keynote-Rede am Dienstag wies er stolz auf Spitznamen der Konferenz wie „KI-Woodstock“ und „Super Bowl der KI“ hin.

Die Veranstaltung im kalifornischen San Jose dauert eine ganze Woche, und Nvidia erwartet 25.000 Besucher. Huang sprach im voll besetzten SAP Center, einer Arena, in der sonst vor allem Eishockey gespielt wird. „Die ganze Computerindustrie ist hier,“ sagte der Nvidia-Chef. Die Konferenz platze aus allen Nähten, und man müsse mittlerweile die ganze Stadt größer machen, um noch mehr Besucher unterzubringen.

In seiner mehr als zweistündigen Rede kündigte Huang mehrere neue Chipgenerationen an, und er versuchte, die Botschaft zu vermitteln, dass er die Goldgräberstimmung rund um KI für längst nicht beendet hält.

„Fast die gesamte Welt hat sich geirrt“

Die Konferenz findet diesmal unter etwas schwierigeren Vorzeichen als noch vor einem Jahr statt. Das Unternehmen sieht sich verstärkt Fragen gegenüber, ob es sein rasantes Wachstum fortsetzen kann und ob in der Technologiebranche weiterhin so aggressiv wie in den vergangenen Jahren in KI-Projekte investiert wird.

Ein Grund dafür ist der jüngste Rummel um ein vom chinesischen Start-up-Unternehmen Deepseek entwickeltes KI-Modell, das angeblich mit Programmen wie ChatGPT von Open AI mithalten kann, aber viel billiger zu entwickeln gewesen sein soll. Dies weckte Zweifel, ob Nvidias teure Chips für bestimmte KI-Aufgaben wirklich notwendig sind.

Der Aktienkurs von Nvidia stürzte damals an einem einzigen Tag um 17 Prozent ab, der Börsenwert fiel um fast 600 Milliarden Dollar. Bis heute hat sich die Aktie davon nicht erholt, was auch mit den allgemeinen Turbulenzen an den Finanzmärkten in den vergangenen Wochen zu tun hat. Der Nvidia-Kurs ist niedriger als zu Jahresbeginn, 2024 hat er sich noch fast verdreifacht. Am Dienstag verlor die Aktie in einem schwachen Marktumfeld mehr als 3 Prozent an Wert.

Auch wenn nun mehr hinterfragt wird, ob sich mit KI-Angeboten genug Geld verdienen lässt, um die gigantischen Investitionen zu rechtfertigen, verbreitet Huang unverdrossen Zuversicht: „Fast die gesamte Welt hat sich geirrt,“ sagte er in San Jose mit Blick auf Mutmaßungen, das Wachstum im Markt könnte sich abschwächen. Für KI-Anwendungen würde mindestens 100 mal so viel Computerleistung benötigt, als dies noch vor einem Jahr angenommen worden sei.

Huang hebt zunehmend die Einsatzmöglichkeiten seiner Chips in sogenannten „Reasoning“-Modellen hervor, die versuchen, Aufgaben durch schrittweises logisches Denken zu lösen, anstatt eine direkte Antwort zu geben. Jenseits des Entwickelns von KI-Modellen richtet Nvidia zudem verstärkt den Blick auf deren Anwendung, in der Branche wird dies „Inferenz“ genannt.

Die Errungenschaften von Deepseek versucht Huang, als Chance statt als Risiko darzustellen. Er hat das KI-Modell der Chinesen als „exzellente Innovation“ gelobt, die „globalen Enthusiasmus entfacht“ habe. Nvidias Markt würde sich durch solche Fortschritte weiter vergrößern.

„Der Appetit auf KI-Chips ist noch immer sehr groß“

Huangs Optimismus wird von einigen Analysten geteilt. Jacob Bourne von der Marktforschungsgesellschaft Emarketer sagt, er sehe Deepseek nicht als schlechte Nachricht für Nvidia, sondern als Zeichen dafür, dass KI eine „Erfolgsgeschichte“ sei und die Nachfrage nach KI-Diensten weiter steigen werde. „Der Appetit auf KI-Chips ist noch immer sehr groß, und er wird es auch auf absehbare Zeit bleiben.“

Nvidia dominiert bislang das Geschäft mit Chips für KI-Anwendungen und hat hier Schätzungen zufolge einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent. Es gibt allerdings einige Herausforderer. Dazu gehören traditionelle Halbleiteranbieter wie Advanced Micro Devices (AMD) ebenso wie eine ganze Reihe junger Start-up-Unternehmen. Auch einige der wichtigsten Kunden von Nvidia wie Amazon, Google, Meta und Microsoft entwickeln eigene KI-Chips.

Analyst Bourne sagt, auf längere Sicht könnte das eine ernsthafte Bedrohung für Nvidia sein, auch wenn die Tech-Giganten bisher noch nicht in der Lage seien, ihren Chipbedarf selbst zu decken. Trotzdem hält er Nvidia für gut positioniert. Insbesondere die Softwarearchitektur, die das Unternehmen rund um seine Chips entwickelt hat, sieht er als großen Wettbewerbsvorteil. Nvidia denke außerdem „sehr strategisch“ und sei mit seinen Investitionen auf Zukunftsgebieten wie Robotik oder Quantencomputern oft „drei Schritte voraus“.

Nvidias jüngste Chipgeneration Blackwell kam erst im vergangenen Jahr auf den Markt. Am Dienstag stellte Huang eine weiterentwickelte Variante Blackwell UItra vor, die im zweiten Halbjahr verfügbar sein soll. 2026 soll dann wieder eine ganz neue Chiparchitektur namens Vera Rubin herauskommen, sie ist nach einer bekannten amerikanischen Astronomin benannt ist. Huang versprach, auch in der Zukunft im Zwei-Jahres-Rhythmus neue Generationen von KI-Chips auf den Markt zu bringen.

Der beste Start eines Produkts in der Unternehmensgeschichte

Eine der größten Sorgen von Analysten ist, wie schnell und verlässlich das Unternehmen seine nächsten Chip-Generationen liefern kann, um die Konkurrenz auf Distanz zu halten. Bei der Einführung der Blackwell-Reihe im vergangenen Jahr kam es zu Verzögerungen, und es gab Berichte über technische Schwierigkeiten wie Überhitzung. Mittlerweile scheint Nvidia mit Blackwell aber auf gutem Weg. Im jüngsten Geschäftsquartal brachte die neue Chipreihe einen Umsatz von 11 Milliarden Dollar ein. Nvidia sagt, dies sei der beste Start eines Produkts in der Unternehmensgeschichte gewesen.

Huang führt Nvidia seit der Gründung 1993. Das Unternehmen war lange eher ein Nischenanbieter in der Halbleiterbranche, seine Grafikkarten wurden in erster Linie zur Darstellung aufwendiger Videospiele eingesetzt. Die Fähigkeit von Nvidias Chips, Rechenschritte parallel anstatt nacheinander auszuführen, machte sie aber auch für andere Felder wie komplexe KI-Anwendungen relevant. Huang spricht schon seit vielen Jahren über das Potenzial von KI, aber erst die Einführung von ChatGPT 2022 löste auf breiter Front ein Investitionsfieber in der Branche aus, von dem Nvidia als wichtigster Ausrüster wie kein anderes Unternehmen profitiert.

Im vergangenen Geschäftsjahr hat Nvidia seinen Umsatz auf rund 130 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt und dabei einen Nettogewinn von fast 73 Milliarden Dollar ausgewiesen. Mit zunehmender Größe wird es freilich für Nvidia schwieriger, seine Wachstumsraten zu halten. Für das laufende Quartal hat das Unternehmen ein Umsatzplus von 65 Prozent vorausgesagt.